Hahnenwasser ist in der Schweiz so gut wie Mineralwasser. Es enthält in der Regel viele Mineralien und wenig Nitrat. Das ergab ein saldo-Test im vergangenen Sommer (saldo 11/2017).
Doch wie steht es mit Pestizidrückständen? Ein Labor untersuchte für saldo das Wasser von 21 Trinkwasserbrunnen aus verschiedenen Deutschschweizer Gemeinden auf Rückstände von 500 verschiedenen Pestiziden. Die meisten Brunnen sind direkt an die Trinkwasserleitungen angeschlossen. Aus den Hahnen fliesst das gleiche Wasser wie zu Hause. Die Experten suchten in den Proben auch nach Nitrat (siehe Unten «So wurde getestet»).
Das Ergebnis: Zwölf der Proben waren frei von Pestizidrückständen. Neun enthielten Kleinstmengen bis 0,025 Mikrogramm pro Liter. Im Wasser der Brunnen beim Bundesplatz in Bern und beim Bellevue in Zürich fand das Labor Spuren von Atrazin, in zwei Brunnen der Thurgauer Gemeinden Märstetten und Weinfelden zusätzlich Spuren des Spritzmittels Simazin. Gemäss Einschätzung des deutschen Bundesamts für Risikobewertung (BfR) besteht bei diesen Konzentrationen keine Gefahr für die Gesundheit.
Spuren von Pestiziden noch Jahrzehnte nach ihrem Verbot
Erstaunlich: Beide Pflanzenschutzmittel sind in der Schweiz verboten, Atrazin seit 2009, Simazin seit 2012. Diese Stoffe sind für Wasserlebewesen schädlich. Simazin kann ihre Zellen schädigen und die Fortpflanzung beeinträchtigen. Paul Sicher vom Schweizer Trinkwasserverband: «Atrazin und Simazin sind sehr langlebige Pestizid-Wirkstoffe. Sie lagern sich im Boden ein und geben immer wieder Partikel ins Grundwasser ab.»
Das zeigt auch ein Beispiel aus Deutschland. Dort ist Atrazin bereits seit 1991 verboten. Dennoch konnten die Stadtwerke von München noch letztes Jahr Rückstände im Trinkwasser nachweisen. Das heisst: Was heute auf die Felder gespritzt wird, findet sich unter Umständen noch Jahrzehnte später im Trinkwasser.
Im vergangenen Jahr ergab eine Studie des Bundesamts für Umwelt, dass mehr als drei Viertel der untersuchten landwirtschaftlichen Böden in der Schweiz mit Pestiziden verunreinigt waren.
Initiative will Subventionen für Pestizid-Bauern streichen
Erfreulich: Die Wasserproben enthielten wenig Nitrat. Dieser Stoff gelangt vor allem durch landwirtschaftliche Dünger ins Wasser. Der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser liegt bei 40 Milligramm pro Liter. Dieser Wert wurde bei allen Proben deutlich unterschritten. Das Wasser aus dem Brunnen an der Tellsgasse in Altdorf enthielt mit 1,6 mg/l am wenigsten Nitrat – und keine Pestizide. Am schlechtesten schnitt das Bettelbrünneli in Märstetten TG ab. Hier fand das Labor die grösste Menge Pestizide (0,025 µg/l) und den höchsten Gehalt an Nitrat (19 mg/l).
Die eidgenössische Volksinitiative «Sauberes Wasser für alle» verlangt, dass Bauern nur noch Subventionen erhalten, wenn sie keine Spritzmittel einsetzen und auf vorbeugenden Einsatz von Antibiotika verzichten. Für die Initiantin Franziska Herren sind die guten Resultate der saldo-Stichprobe kein Grund zur Beruhigung: «In kaum einem anderen Land werden so viele Pestizide eingesetzt wie in der Schweiz. Wenn wir die Trinkwasserqualität erhalten wollen, muss der Einsatz von Pestiziden reduziert werden.» Die Initiative kam am 1. März mit 113 978 gültigen Unterschriften zustande.
So wurde getestet
Pestizide: Die Experten eines spezialisierten Labors in Deutschland untersuchten die Trinkwasserproben auf Rückstände von 500 verschiedenen Pestiziden. Gesucht wurde nach Unkrautvernichtern, Pilzmitteln und Mitteln zur Schädlingsbekämpfung. Die Wasserproben nahm saldo in der Zeit vom 23. April bis 2. Mai.
Nitrat: Nitrat gelangt vor allem durch Dünger ins Wasser. Daraus können sich N-Nitrosaminverbindungen bilden. Die meisten dieser Verbindungen erwiesen sich in Tierversuchen als krebserregend. Der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser liegt bei 40 Milligramm pro Liter. Dieser Wert wurde bei allen Proben deutlich unterschritten.