Viel Nikotin in China-Pilzen
Viele getrocknete Steinpilze enthalten Nikotin. Einige sind zudem verschimmelt und von Maden zerfressen. Spar und Manor haben ihre Produkte aus dem Regal genommen.
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saldo 05/2013
20.03.2013
Jeannette Büchel
Wer ausserhalb der Saison Lust auf Risotto oder Pasta mit Steinpilzen hat, findet in den Läden eine grosse Auswahl an getrockneten Produkten. Eine Delikatesse sind die meisten Trockenpilze jedoch nicht – das zeigt der saldo-Test. Nur vier Produkte erreichten ein gutes oder sehr gutes Gesamtergebnis. Fünf Pilzproben waren ungenügend, eine erhielt sogar das Urteil «schlecht».
Die Experten untersuchten, ob die Pilze verschimmelt oder von Maden zerfres...
Wer ausserhalb der Saison Lust auf Risotto oder Pasta mit Steinpilzen hat, findet in den Läden eine grosse Auswahl an getrockneten Produkten. Eine Delikatesse sind die meisten Trockenpilze jedoch nicht – das zeigt der saldo-Test. Nur vier Produkte erreichten ein gutes oder sehr gutes Gesamtergebnis. Fünf Pilzproben waren ungenügend, eine erhielt sogar das Urteil «schlecht».
Die Experten untersuchten, ob die Pilze verschimmelt oder von Maden zerfressen waren. Zudem wurden die Produkte auf den Gehalt an Nikotin geprüft. Grund: In Steinpilzen aus China ist immer wieder viel Nikotin gefunden worden. Über die Ursache wird noch immer gerätselt. Wahrscheinlich wird Nikotin dort als Pestizid eingesetzt. Denkbar wäre auch, dass die Steinpilze in China auf den gleichen Anlagen getrocknet werden wie Tabakpflanzen und so mit Nikotin belastet werden.
Nikotin ist in hoher Dosierung ein starkes Nervengift. Es kommt natürlicherweise nur in Tabakpflanzen vor. Wer nikotinbelastete Steinpilze isst, muss nicht mit akuten gesundheitlichen Problemen rechnen – sofern die Dosis nicht zu hoch ist.
Laut dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung ist der Konsum von getrockneten Steinpilzen, die weniger als 6,1 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) Nikotin enthalten, unbedenklich. Vorausgesetzt, es handelt sich um eine einmalige Mahlzeit und eine Portion, die nicht grösser ist als 25 Gramm. Kleine Dosen von Nikotin erhöhen die Herzfrequenz und den Blutdruck. Zum Vergleich: Mit dem Rauchen einer Zigarette nimmt man 1 mg Nikotin auf.
Nikotingehalt: Bei acht Produkten deutlich über dem Toleranzwert
Im Test zeigte sich, dass die Pilze aus Europa nur geringe Spuren von Nikotin enthalten, diejenigen aus China aber sehr stark belastet sind. Bei acht Produkten lagen die gemessenen Werte deutlich über dem gesetzlichen Toleranzwert von 2,3 mg/kg. Am meisten Nikotin steckte in den Pilzen von Picosa, eingekauft bei Manor. Hier mass das Labor einen Wert von 5,8 mg/kg.
saldo konfrontierte die Importeure und Verkaufsstellen mit den Testresultaten. Manor und Spar reagierten sofort und nahmen die nikotinbelasteten Steinpilze aus dem Verkauf. Alle anderen Läden belassen die Ware in den Regalen. Lidl, Denner, Aldi, Globus und Migros berufen sich auf eigene Analysen, bei denen tiefere Werte ermittelt worden seien.
Aber nicht nur Nikotin ist ein Problem, auch Schimmel oder Maden schmälern die Qualität der Steinpilze. Drei Produkte fielen hier durch: Die Gourmet-Steinpilze von Aldi, die Deluxe-Steinpilze von Lidl und die Steinpilze von Denner aus China/Bosnien. Sie haben mit «Gourmet» oder «Deluxe» nichts gemeinsam: Ein grosser Anteil davon enthielt Maden. Vereinzelt fanden die Kontrolleure auch Schimmel.
Wer nicht auf getrocknete Steinpilze verzichten möchte, greift am besten zu den Bio-Naturaplan-Steinpilzen von Coop: Diese enthalten kaum Nikotin und nur sehr wenige von Maden angefressene Stücke.
Auch die Steinpilze extra von Globus erhielten das Gesamturteil «sehr gut». Im Unterschied zu den anderen Produkten im Test handelt es sich nicht um Bruchstücke, sondern um Scheiben von ganzen Steinpilzen. Das Produkt hat denn auch einen stolzen Preis: 100 Gramm kosten Fr. 59.80. Die Bio-Steinpilze von Coop sind mit Fr. 17.50 pro 100 Gramm deutlich günstiger.
Testkriterien
Nikotingehalt: Ein renommiertes Lebensmittellabor hat die Steinpilze auf ihren Nikotingehalt analysiert. Für getrocknete Steinpilze gilt in Europa und in der Schweiz ein Höchstgehalt von 2,3 Milligramm pro Kilogramm.
Verschimmelte und madige Pilze: Das Lebensmittelinspektorat der Stadt Zürich hat überprüft, ob die Steinpilze die Bestimmungen der Speisepilzverordnung einhalten. Diese regelt, wie gross der Anteil an verunreinigten, verschimmelten und vermadeten Pilzen sein darf, damit diese noch verkauft werden dürften. Insgesamt dürften nicht mehr als 15 Prozent der Pilze fehlerhaft sein.