Mit der Bezeichnung «Protein» auf der Verpackung lässt sich viel Geld verdienen. Denn mit Eiweiss angereicherte Lebensmittel kosten deutlich mehr als Produkte, die natürliches Eiweiss enthalten. Das gilt auch für Proteinriegel, wie ein saldo-Test zeigt. So kostet etwa der Testsieger von Lidl Fr. 1.49 und liefert 22 Gramm Proteine. Dieselbe Menge Eiweiss bekommt man in 250 Gramm Nature-Magerquark für 60 Rappen.
Ein spezialisiertes deutsches Labor analysierte im Auftrag von saldo zwölf häufig verkaufte Proteinriegel von Grossverteilern. Geprüft wurde der Protein-, Zucker- und Fettgehalt. Zudem untersuchte das Labor, ob die Riegel problematische Stoffe wie Mineralölrückstände aus der Herstellung enthielten. Erfreulich: Alle Riegel waren frei von solchen Rückständen – oder enthielten sie höchstens in Spuren.
Veganger Riegel «Roo’Bar»: Je 16 Gramm Fett und Zucker
Viele der bunt verpackten Produkte enthalten aber nebst Protein auch viel Fett und Zucker. In diesen zwei Punkten schneidet der vegane «Roo’Bar», gekauft bei Alnatura, am schlechtesten ab: Er enthält 16 Gramm Fett pro Riegel. Das ist so viel, wie in zwei Buttergipfeln steckt. Dazu kommen noch 16 Gramm Zucker. Das entspricht der Menge von vier Würfelzuckern. Zum Vergleich: Im «Protein Bar» von Lidl stecken nur 4,3 Gramm Fett und weniger als 1 Gramm Zucker.
Beim Zucker im «Roo’Bar»-Riegel handelt es sich vor allem um Fruktose und Glukose. Fruktose fördert gemäss dem deutschen Bundesamt für Risikobewertung die Einlagerung von Fett in der Leber. Der Zucker stört zudem die Fettverbrennung und blockiert das Sättigungsgefühl. Glukose in verarbeiteten Lebensmitteln wirkt gleich wie Haushaltszucker. Wer viel davon isst, erhöht gemäss der Weltgesundheitsorganisation das Risiko für Karies, Übergewicht und Herzerkrankungen.
Drei getestete Riegel enthielten doppelt so viel Zucker und Fett wie Proteine. Produkte mit einem derart ungünstigen Nährstoffverhältnis wurden im saldo-Test zusätzlich abgewertet. Wer einen Riegel kauft, erwartet vor allem wertvolle Proteine, die bei einem aktiven Lebensstil nützlich sein können.
Der rumänische Hersteller des «Roo’Bar» erklärt die hohen Fett- und Zuckergehalte mit den verwendeten pflanzlichen Rohmaterialien. Diese würden natürlicherweise viel Fett und Zucker enthalten. Ähnlich argumentieren die Hersteller der Riegel «Isostar» und «Raw Bite». Diese Riegel gibts in Sportgeschäften und Bio-Läden. Aldi schreibt zum Thema Zucker: «Der Zuckeranteil im ‹Crane-Riegel› soll helfen, dem Körper die beim Training verbrauchte Energie wieder zuzuführen.» Für eine hohe Proteinzufuhr bei niedrigem Zuckergehalt habe Aldi kohlenhydratreduzierte Riegel im Sortiment.
Auch die Firma Mars, die den Riegel «Be Kind» herstellt, verteidigt ihr Produkt: Es sei wichtig, nicht nur auf das Gesamtfett zu achten. Der Riegel sei aufgrund der Nüsse reich an wertvollen ungesättigten Fettsäuren. Diese hätten einen positiven Einfluss auf die Blutfettwerte, wenn man gleichzeitig die gesättigten Fettsäuren in der Ernährung reduziere.
Zusatzstoffe können zu Verdauungsbeschwerden führen
Für sportlich aktive Konsumenten ist es wichtig, dass die Riegel keine Zusatzstoffe enthalten, die zu Verdauungsbeschwerden führen. Deshalb liess saldo nicht nur die klassischen Nährstoffe, sondern auch den Gehalt an Zuckeralkoholen messen. Dazu gehören Stoffe wie Maltit oder Xylit. Diese Stoffe mischen die Hersteller in die Proteinriegel, weil sie damit den Kaloriengehalt tief halten können. Der Nachteil: Zuckeralkohole können zu Blähungen und Durchfall führen.
Besonders viel dieser Zusatzstoffe enthielten die Riegel «Soft Layer Vanilla Toffee» (Coop) sowie «Grenade Carb Killa High Protein Salted Peanut». Wer zwei solche Riegel isst, nimmt deutlich über 20 Gramm Zuckeralkohole zu sich. Gemäss dem Lebensmittelausschuss der EU sind bei Tagesmengen von über 20 Gramm abführende Wirkungen möglich. Bei Personen mit empfindlichem Darm können bereits geringere Mengen zu Bauchschmerzen und Blähungen führen.
Tipp: Lesen Sie die Angaben auf der Verpackung. Enthalten Riegel solche Zuckeraustauschstoffe müssen diese mit der Aufschrift «Kann bei übermässigem Verzehr abführend wirken» gekennzeichnet sein.
Ältere Leute sollten auf Eiweisszufuhr achten
Die meisten Leute nehmen mehr Protein zu sich als nötig. Das zeigt eine Studie des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit von 2021. Die Empfehlungen liegen bei täglich 0,8 bis 1 Gramm Eiweiss pro Kilo Körpergewicht. Laut dem Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg (D) decken eine Portion Kartoffeln mit Erbsen, eine Pouletbrust plus eine Scheibe Vollkornbrot mit Käse diesen Tagesbedarf bereits ab.
Laut der Studie essen allerdings 27 Prozent der Befragten zu wenig Proteine. Besonders bedenklich ist, dass fast die Hälfte der Befragten in der Alterskategorie von 65–75 Jahren zu wenig Proteine zu sich nehmen. Gerade für Ältere ist Eiweiss als Prävention gegen den Muskelabbau wichtig.
Wer genügend Proteine essen will, benötigt keine teuren Produkte. Viele natürliche Lebensmittel sind eiweissreich. Experten empfehlen, regelmässig Fisch, ungezuckerte Milchprodukte, Eier, Fleisch, Vollkornbrot, Soja, Linsen oder Erbsen zu essen.