Der Sommer 2014 war feucht und recht warm. Idealbedingungen für Schimmel, sagt Jimmy Mariethoz, Leiter der Fachstelle Gemüse- und Beerenbau Thurgau. Konventionelle Betriebe gehen gegen Schimmel mit einer Vielzahl von Pestiziden vor, während Bio-Bauern ihre Beeren hauptsächlich mit Abdeckungen vor Feuchtigkeit und Schimmel schützen.
saldo wollte wissen, wie es um die Qualität der Beeren steht. Dazu wurden je fünf frische und tiefgefrorene Packungen mit Himbeeren und Heidelbeeren von verschiedenen Anbietern im Labor analysiert. Kriterien waren der Vitamingehalt, ob die Früchte Pestizide enthielten und ob sie mikrobiologisch einwandfrei waren.
Am besten schnitten zwei tiefgefrorene Produkte ab. Sie enthielten viele Vitamine und waren kaum mit Schimmel belastet. Vor allem aber enthielten sie keine Pestizide. Dies war lediglich bei vier weiteren Produkten der Fall. Unter den insgesamt sechs pestizidfreien waren alle vier Packungen mit Bio-Beeren.
Himbeeren werden schneller schimmlig als Heidelbeeren
Bei den Heidelbeeren waren nur die frischen Beeren von Aldi ungenügend. Bei den Himbeeren hingegen waren es deren fünf. Grund: Himbeeren sind aufgrund ihrer Struktur und der weichen Haut viel anfälliger auf Schimmel als Heidelbeeren. Die Menge an Schimmel und Pestiziden war bei ihnen deshalb oft zu hoch. Am meisten Pestizide fand das Labor in den Tiefkühlhimbeeren «Qualité & Prix». Das Produkt wies Rückstände von sechs verschiedenen Pestiziden auf. Auch die frischen Himbeeren «Obst aus Mittelbaden» von Migros und die tiefgefrorenen «Green Grocer’s Raspberries» von Lidl enthielten fünf verschiedene Pestizide.
Die Anwendung solcher Pestizidcocktails ist umstritten. Produzenten setzen sie gegen Schädlinge ein. Doch über die Wechselwirkung verschiedener Pestizide und deren Auswirkungen auf die Gesundheit ist noch wenig bekannt. Gesetzliche Grenzwerte existieren nur für einzelne Pestizide, nicht aber für die Gesamtmenge aller Pestizide.
Ein Produkt wies nicht nur ein Vielzahl verschiedener Pestizide auf, sondern überschritt auch einen gesetzlich festgelegten Höchstgehalt: Die tiefgefrorenen «Raspberries» von Lidl enthielten 0,11 Milligramm Procymidon pro Kilogramm. Erlaubt sind nur 0,01 Milligramm pro Kilogramm. Procymidon steht im Verdacht, die menschliche Fortpflanzung zu beeinträchtigen.
Lidl bedauert das Ergebnis. Procymidon sei seit 2012 in internen Untersuchungen nicht mehr nachgewiesen worden. Der Grossverteiler verspricht, die Kontrollen zu intensivieren und die betroffenen Produkte aus dem Verkauf zu nehmen.
Schimmel: Tiefgekühlte Produkte besser als frische Ware
Zur Bewertung der Schimmelbelastung wurden die Richt- und Warnwerte der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie für geschnittenes und abgepacktes Obst herangezogen. Diese geben als Richtwert 1000 Keime pro Gramm (KbE/g) an. Diesen Wert überschritten «Dittmeyer’s» Heidelbeeren von Aldi bei weitem. Das Labor fand 170 000 KbE/g. Aldi will deshalb die internen Prozesse überprüfen.
Zu viel Schimmel fand das Labor auch bei den «Thurgauer Himbeeren» von Spar und den «Driscoll’s»-Beeren der Walter Huber AG. Diese schreibt, dass die Beeren täglich frisch eingekauft würden. Befallene Himbeeren würden zurückgenommen und ersetzt.
Die gemessenen Schimmelbelastungen stellen für die Gesundheit keine Gefahr dar. Dennoch: Je höher die Anfangskeimzahl, desto schneller verderben die Beeren und beginnen zu schimmeln. Für Pilzforscher Rolf Geisen vom Max Rubner Institut sind Beeren mit einer Schimmelbelastung von unter 1000 KbE/g qualititativ akzeptabel. Solche Früchte seien gekühlt einige Tage haltbar.
Mehr als die akzeptablen 1000 KbE/g fand das Labor bei 4 von 10 Heidelbeeren, bei den Himbeeren sogar bei 8 von 10 Produkten. Tiefgekühlte Produkte schnitten durchschnittlich besser ab als die frischen Produkte, weil die Beeren direkt nach der Ernte eingefroren werden. So bleibt den Schimmelsporen wenig Zeit zum Wachsen.
Anders bei frischen Beeren. Bis sie im Laden sind, dauert es ungefähr zwei Tage. Zwar werden sie gekühlt transportiert, trotzdem können sich einige Schimmelarten bereits in dieser Zeit vermehren. Besonders kritisch ist es, wenn die Beeren im Laden ungekühlt zum Verkauf angeboten werden. Kühlung ist die beste Möglichkeit, die Haltbarkeit zu verlängern.
Bei frischen oder aufgetauten Beeren gehen Vitamine während der Lagerung rasch verloren. Deshalb gilt: Je frischer man die Beeren konsumiert, desto mehr Vitamine enthalten sie. Ebenfalls einen grossen Einfluss auf den Vitamingehalt haben Sorte, Bodenqualität und klimatische Verhältnisse vor der Ernte.
Bei den Heidelbeeren im Test lag der Gehalt von Vitamin C zwischen 1,69 und 10,2 Milligramm, der von Folsäure zwischen 15 und 30 Mikrogramm pro 100 Gramm. Etwas mehr Vitamine steckten in den Himbeeren: Der höchste Gehalt an Vitamin C lag bei 33 Milligramm, der tiefste bei 16 Milligramm pro 100 Gramm. Bei Folsäure wurden Werte zwischen 22 und 30 Mikrogramm pro 100 Gramm gemessen.
So wurde getestet
saldo verglich frische und tiefgefrorene Beeren. Im Test dabei waren je fünf frische und fünf tiefgefrorene Packungen von Heidelbeeren und Himbeeren. Alle Produkte wurden Ende Juni 2014 eingekauft und am gleichen Tag gekühlt oder tiefgefroren zur Analyse ins Labor SGS Germany GmbH in Hamburg (D) geschickt. Dieses untersuchte den Vitamingehalt (Vitamin C und Folsäure) und ob die Produkte mikrobiologisch in Ordnung waren. Ermittelt wurde die Gesamtkeimzahl, Schimmel, Hefen und Darmbakterien (Enterobakterien, E. Coli). Zudem prüften die Tester, ob die Produkte Krankheitserreger wie Salmonellen, Listerien und koagulase-positive Staphylokokken enthielten. Kritische Werte fand das Labor einzig bei den Schimmeln, alle übrigen Werte waren in Ordnung.
Ebenfalls untersuchte das Labor, ob die Heidel- und Himbeeren Pestizide enthielten. Dazu suchten die Experten nach 400 verschiedenen Pestiziden und bestimmten deren Konzentration.
Tipps, Tricks und Rezepte
Beeren enthalten grosse Mengen an Vitaminen sowie viele Mineralien und Nahrungsfasern. Zurzeit interessiert sich die Forschung für Anthocyane (siehe «Gesundheitstipp» 7/8 2014). Anthocyane färben Beeren blau, schwarz oder rot. Die natürlichen Farbstoffe sollen sich positiv auf die Herzgesundheit auswirken, die Cholesterinwerte verbessern und gegen Entzündungen wirken. Je dunkler die Beeren, desto mehr Anthocyane enthalten sie.
Beeren sind empfindliche Früchte, deshalb gilt es zu beachten:
- Beeren innert 24 Stunden konsumieren. Um die Haltbarkeit zu verlängern, Beeren gekühlt aufbewahren.
- Sind Beeren von Schimmel befallen, sollte man sie wegwerfen. Unversehrte Früchte aus derselben Schale kann man noch essen.
- Die meisten Beeren lassen sich tiefkühlen. Tiefgefrorene Beeren nach dem Auftauen so schnell wie möglich weiterverarbeiten, um den Verlust an gesunden Stoffen zu reduzieren.
- Einweichen, schrubben, abspülen: Die gängigen Methoden, um Pestizide von Gemüse und Früchten zu entfernen, nützen kaum etwas. Dies zeigten Untersuchungen der Hochschule Albstadt-Sigmaringen in Deutschland: Das Waschen mit kaltem Wasser, das Abreiben mit einem Mikrofasertuch oder das Reinigen mit einem speziellen Obstwaschmittel entfernt nur einen Teil der Pestizide. Grund: Immer mehr Pflanzenschutzmittel wirken nicht nur oberflächlich, sondern dringen in die Früchte ein. Wer die Aufnahme von Pestiziden reduzieren will, kauft am besten Bio-Beeren.
- Rezepte: Beeren als leichte Zwischenmahlzeit, als feines Dessert oder als Ergänzung zu knackigen Sommersalaten oder pikanten Gerichten? Gratis-Merkblatt «Beeren-Rezepte» zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch.