Die einen kauen Kaugummi, um einen frischen Atem zu bekommen. Andere, weil sie nach dem Essen keine Zahnbürste zur Hand haben. Hier kommen zuckerfreie Kaugummis ins Spiel. Sie bestehen aus einem gesüssten und aromatisierten, gummiartigen Material. Die Zutatenliste verrät indes nicht, worauf man herumkaut. Denn die meisten Hersteller schreiben nur «Kaumasse» auf die Verpackung.
Die Geheimniskrämerei ist gesetzlich erlaubt. Laut der Verordnung des Bundes betreffend die Information über Lebensmittel ist der Begriff Kaumasse die zulässige Beschreibung für eine Mischung aus «Grundstoffen jeder Art, welche für die Herstellung von Kaugummi verwendet werden».
Nur ein Kaugummi von Coop enthielt kein Plastik
saldo schickte zwölf zahnschonende Kaugummis, die bei Grossverteilern gekauft wurden, ins Labor. Resultat: Elf Produkte enthielten Plastik. Nachgewiesen wurde das Material Polyvinylacetat. Nur «Karma» von Coop kam ohne den Stoff aus.
Wer Kaugummi kaut, hat also in der Regel Plastik im Mund. Das ist doppelt problematisch: Auf den Boden gespuckte Kaugummis verschmutzen die Umwelt langfristig. Zudem geben neue Studien Hinweise darauf, dass sich aus dem Kaugummi Mikroplastik löst. Die Teilchen wandern in den Darm oder in die Gebärmutterschleimhaut.
Forscher aus Schanghai (CN) untersuchten in einer Studie von 2023 insgesamt 20 Gebärmutterschleimhaut-Proben: In 19 fanden sie bis zu 13 Plastiksorten. Am stärksten belastet waren Frauen, die häufig Kaugummis konsumierten. Der Zusammenhang zwischen den Konsumgewohnheiten und der Höhe der Mikroplastikbelastung sei deutlich, schreiben die Forscher.
Dank einer Studie der Universität Ulm (D) an Wildvögeln aus dem Jahr 2022 ist bekannt: Mikroplastik verändert die Darmflora negativ. Gemäss den Wissenschaftern führt Mikroplastik im Darm dazu, dass die Menge an vorteilhaften Bakterien ab- und jene an Krankheitserregern und antibiotikaresistenten Keimen zunimmt.
Die meisten Kaugummihersteller sehen Plastik offenbar nicht als grosses Problem. Aldi und Trisa erklären, dass nur Kunststoff verwendet werde, der den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Laut Trisa enthalten alle marktüblichen Kaugummis synthetische Stoffe. Natürliches Material sei klebriger und habe weniger Geschmack.
Zuckerfreie Kaugummis sind kein Ersatz fürs Zähneputzen. Sie helfen aber, nach dem Essen und Trinken schädliche Säuren zu neutralisieren. Der Grund: Das Kauen verursacht Speichelfluss. Das spült die Mundhöhle und senkt das Kariesrisiko.
Ebenfalls nützlich ist der Birkenzucker Xylit: Kariesbakterien können diesen Stoff nicht wie normalen Zucker in Säure umwandeln. Einige neue Untersuchungen weisen darauf hin, dass Xylit schädliche Bakterien sogar hemmen kann.
Alle Kaugummis im Test enthalten Xylit, allerdings in sehr unterschiedlichen Mengen. Am geringsten war der Gehalt im M-Budget-Kaugummi mit 1,5 Gramm pro 100 Gramm.
Auch der «V6 Dental Peppermint» enthielt nur 4,5 Gramm des Zuckeraustauschstoffs. Zum Vergleich: Im Testsieger von Karma waren 57 Gramm Xylit pro 100 Gramm Kaugummi. Durchschnittlich enthielten die geprüften Kaugummis 25 Gramm Xylit.
Der Süssstoff Sucralose kann Menschen und Tieren schaden
Statt des teuren Xylits, der ähnlich süss ist wie Zucker, setzen einige Hersteller den kalorienfreien Süssstoff Sucralose ein. Dieser ist rund 600-mal süsser als Zucker. Heikel: Sucralose wird nicht wie Xylit im Körper verdaut, sondern praktisch unverändert ausgeschieden.
Der Süssstoff passiert auch die Kläranlagen und gelangt in Flüsse und Seen. Dort wird er kaum abgebaut und kann im Trinkwasser landen. Vier Kaugummis im Test enthielten Sucralose.
Gemäss einer Studie aus den USA kann der Abbaustoff Sucralose-6-Acetat das Erbgut schädigen. Dieser Stoff entsteht, wenn Sucralose den Darm passiert. Die Sucralose selbst führte zu Entzündungen im Darm.
Kaugummis mit dem Zusatzstoff E171 meiden
Den heiklen Konservierungsstoff Butylhydroxytoluol (BHT) fand das Labor nur im Kaugummi von Mentos. BHT steht im Verdacht, das Hormonsystem zu stören.
Alle Hersteller haben heute den Weissmacher Titandioxid (E171) aus ihren Rezepturen verbannt. Der Farbstoff wurde Ende 2022 in Lebensmitteln verboten. Produkte, die vor diesem Datum hergestellt wurden, dürfen aber noch bis zum Ende ihrer Haltbarkeit verkauft werden. Da Süsswaren oft lange in den Regalen liegen, lohnt sich ein Blick auf die Zutatenliste: Produkte mit dem Zusatzstoff E171 sollte man meiden.
Die holländische Firma Perfetti van Melle erklärt, dass ihre Kaugummis V6, Stimorol und Mentos aus sicheren Zutaten bestehen, die den geltenden Gesetzen entsprechen.
Die Migros schreibt, Polyvinylacetat sei ein Harz, das in allen marktüblichen Kaugummis vorkomme. Coop sagt, dass auf jeder Verpackung darauf hingewiesen werde, dass Kaugummis im Abfall entsorgt werden müssen. Der Testsieger-Kaugummi von Karma ohne Plastik wird gemäss Coop nicht mehr produziert. In den Läden seien aber noch Restmengen vorhanden.
So hat saldo getestet
Ein deutsches Labor untersuchte im Auftrag von saldo zwölf zuckerfreie Kaugummis auf ihre Inhaltsstoffe.
- Die Experten untersuchten die Kaugummis mithilfe der ATR-Infrarot-Spektroskopie, um herauszufinden, ob die Kaumasse Plastik enthält. Dabei wird das Material mit Infrarotlicht bestrahlt, ein Analysegerät misst anschliessend die Intensität des reflektierten Lichts. Das Lichtspektrum zeigt an, um welches Material es sich handelt.
- Für die Analysen der Konservierungsmittel und Süssstoffe setzte das Labor sensible Messgeräte ein. Die verflüssigten Kaugummi-proben wurden im Chromatografen aufgetrennt und im angeschlossenen Diodenarray-Detektor ausgewertet.