Konsumenten denken bei grünen Smoothies an frischen Saft aus gesundem grünem Gemüse. Doch in den meisten Drinks stecken hauptsächlich süsse Säfte aus Äpfeln, Trauben und Ananas. Und für die grüne Farbe sorgen nicht Spinat, Broccoli oder Salat, sondern die färbenden Extrakte von Spirulina-Bakterien und der Färberdistel Saflor. In einigen Produkten wird auch Pulver von Grünteeblättern als Färbemittel eingesetzt.
Solche gefärbten Smoothies enthalten nur wenige gesunde Ballaststoffe aus Gemüse, dafür ähnlich viel Zucker wie Coca-Cola. Das zeigt der saldo-Test von zwölf grünen Smoothies aus Grossverteilern und Saftbars.
Gemäss der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte ein guter Smoothie mindestens zur Hälfte aus Gemüse in Stücken oder Püree bestehen und nicht aus Fruchtsaft. Doch je höher der Anteil an grünem Gemüse in einem Smoothie ist, desto herber oder bitterer ist der Geschmack.
Am meisten Zucker enthielten im Test die pasteurisierten, also erhitzten grünen Smoothies von Innocent, Aldi Good Choice und True Fruits. Wer einen dieser Säfte trinkt, nimmt pro Deziliter etwa 10 Gramm Zucker auf. Das entspricht zweieinhalb Würfelzuckern. Zum Vergleich: Im Testsieger-Smoothie «Grüne Kraft» aus dem Saftlade Zürich steckte weniger als ein Würfelzucker pro Deziliter.
Kaum gesunde Nahrungsfasern in industriell gefertigten Smoothies
Der Zucker in Smoothies stammt zwar aus Früchten, das macht ihn aber nicht gesünder. In flüssiger Form nimmt man sehr schnell zu viel Zucker auf. Grosse Mengen an Fruchtzucker begünstigen die Einlagerung von Fett in der Leber. Fruchtzucker ist wie anderer Zucker eine der Ursachen von starkem Übergewicht (Adipositas) und Diabetes Typ 2.
Eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse würde diesen negativen Wirkungen entgegenwirken. Denn Ballaststoffe verlängern das Sättigungsgefühl und beeinflussen die Aufnahme von Kohlehydraten positiv. Gemäss der Europäischen Lebensmittelbehörde Efsa hat der Konsum vieler Ballaststoffe für Erwachsene gesundheitliche Vorteile wie etwa ein geringeres Risiko für Herzkrankheiten. Der empfohlene Richtwert für die Aufnahme von Nahrungsfasern liegt bei 30 Gramm pro Tag. Viele Leute erreichen diesen Wert aber im Alltag nicht. Denn wegen der industriellen Verarbeitung von Lebensmitteln gehen Ballaststoffe verloren.
Das zeigte sich auch bei den grünen Smoothies. Beispiel: 100 Gramm frischer Kopfsalat enthalten gemäss der Schweizerischen Nährwertdatenbank 1,6 Gramm Ballaststoffe. Nur der Testsieger enthielt ähnlich viele wertvolle Nahrungsfasern pro Deziliter.
In allen anderen Säften steckten deutlich weniger. Die Produkte von Natur Puur, Joe & the Juice und Hiltl enthielten nicht einmal ein halbes Gramm Ballaststoffe. Das Hiltl-Team sagt dazu: «Wir haben die Zusammensetzung unseres Green Smoothies bewusst so gewählt, weil er dann einfach lecker ist.» Der Saft sei nicht auf einen hohen Ballaststoffgehalt oder anderweitig gesundheitsfördernde Effekte ausgelegt gewesen. Inzwischen hat Hiltl das Saftangebot korrigiert: Der «Green Smoothie» wird nicht mehr verkauft.
True Fruits und Innocent verteidigen ihre zuckerreichen Rezepturen mit ähnlichen Argumenten wie Hiltl. Laut True Fruits soll der grüne Smoothie ein geniessbares Produkt für «Nicht-Gemüse-Esser» sein.
Teuerste Säfte enthielten Rückstände von Pestiziden
saldo prüfte die grünen Smoothies auch auf Pestizide: Vier von zwölf Produkten enthielten Chemikalienrückstände. Darunter waren drei der teuersten Säfte im Test. Das deutsche Labor fand in den Produkten von Aldi, Hitzberger, Hiltl und der Saftbar-Kette Joe & the Juice problematische Rückstände von Fungiziden und Insektiziden.
Speziell negativ fiel der Smoothie von Joe & the Juice auf. Das Produkt enthielt Rückstände der umstrittenen Pestizide Acetamiprid, Captan, Propamocarb und Spiroteramat.
Gefährlich für Wasserlebewesen und Menschen
Laut der Datenbank der Europäischen Chemikalienagentur Echa sind diese Stoffe nicht nur giftig für Wasserlebewesen, sie könnten auch den Menschen schaden. Captan gilt als möglicherweise krebserregend. Acetamiprid und Spirotetramat stehen im Verdacht, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen und das ungeborene Kind zu schädigen. Und bei Propamocarb gibt es gemäss der englischen Universität Hertfordshire Hinweise, dass der Stoff das Hormonsystem stört.
Aldi und die Migros, Inhaberin der Marke Hitzberger, weisen darauf hin, dass die gefundenen Mengen keine gesetzlichen Höchstwerte überschreiten. Hiltl will die Messresultate zum Anlass nehmen, um mit dem Gemüse- und Früchtelieferanten «Verbesserungen zu prüfen». Joe & the Juice schreibt, dass bei eigenen Pestizidanalysen keine Rückstände gefunden worden seien. Der Hersteller gibt aber zu, dass die Tests nur jährlich stattfinden.
So wurde getestet
Im Auftrag von saldo untersuchte ein deutsches Labor zwölf grüne Smoothies auf ihren Zucker- und Ballaststoffgehalt. Darunter waren hoch erhitzte (pasteurisierte) Produkte der Detailhändler sowie frisch gepresste Smoothies aus Saftbars. Die Experten suchten in den Säften zudem nach mehreren Hundert Pestizidrückständen und massen den Gehalt an Vitamin C.