Privathaftpflicht: Unterschiede bei den Prämien sind gross
Eine Privathaftpflicht-Versicherung kann vor dem finanziellen Ruin schützen - für wenig Geld. saldo sagt, welche Gesellschaften günstige Prämien bieten.
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saldo 6/2006
29.03.2006
Eric Breitinger
Ein Missgeschick ist schnell passiert. Ein Moment der Unachtsamkeit und man rempelt auf der Piste einen Skifahrer an, der unglücklich stürzt. Wenn es ganz schlimm kommt, trägt der Verunfallte bleibende Schäden davon und kann seinen Beruf nicht mehr ausüben. Und der Verursacher muss sein Leben lang für die Kosten aufkommen - inklusive Schmerzensgeld und Lohnausfall. Das kann in die Millionen gehen.
Wer keine Privathaftpflicht- Versicherung hat, ist dann ruiniert. Deshalb ist ...
Ein Missgeschick ist schnell passiert. Ein Moment der Unachtsamkeit und man rempelt auf der Piste einen Skifahrer an, der unglücklich stürzt. Wenn es ganz schlimm kommt, trägt der Verunfallte bleibende Schäden davon und kann seinen Beruf nicht mehr ausüben. Und der Verursacher muss sein Leben lang für die Kosten aufkommen - inklusive Schmerzensgeld und Lohnausfall. Das kann in die Millionen gehen.
Wer keine Privathaftpflicht- Versicherung hat, ist dann ruiniert. Deshalb ist diese Police ein Muss, obwohl sie freiwillig ist. Die Haftpflichtversicherung übernimmt Ansprüche von Dritten, denen die versicherte Person einen Körper- oder Sachschaden zugefügt hat und für die sie eigentlich mit ihrem ganzen Einkommen und Vermögen haftet. Demgegenüber sind die Prämien einer Privathaftpflicht-Versicherung sehr günstig (siehe Tabellen).
Privathaftpflicht: An erster Stelle stehen Mieterschäden
Millionenschäden wegen Körperverletzungen sind bei der Privathaftpflicht aber nicht an der Tagesordnung. Am häufigsten geht es um alltägliche Sachschäden. «Die grösste Gruppe der gemeldeten Fälle in der Privathaftpflicht- Versicherung sind Mieterschäden», sagt Olivier Michel, Sprecher der Zürich Versicherung. An zweiter Stelle folgen Unfälle mit ausgeliehenen Autos. Vermehrt würden auch Skiunfälle und Hundebisse gemeldet, ergänzt Tatjana Kursawe vom VZ Vermögenszentrum in Zürich. Daneben ist die Privathaftpflicht in vielen weiteren Alltagssituationen nützlich:
- Ihre Kinder schlagen beim Fussballspielen eine Scheibe im Nachbarhaus ein.
- Sie rennen zum Tram und stossen dabei eine Fussgängerin um. Sie fällt und zieht sich dabei Verletzungen zu.
- Bei der Morgentoilette entgleitet Ihnen eine Parfümflasche so unglücklich, dass im Lavabo ein Riss entsteht. Als Mieter müssen Sie den Schaden ersetzen.
- Aus Unachtsamkeit rasen Sie mit dem Velo in einen Fussgänger, der sich dadurch schwer verletzt. In der Regel zahlt die Velohaftpflicht die Kosten, aber nur bis zu einem Limit. Was darüber hinausgeht, deckt die Privathaftpflicht-Versicherung, sofern Sie eine abgeschlossen haben.
- Sie beschädigen einen Fotoapparat, den Sie vorübergehend ausgeliehen haben. In der Regel sind solche «Obhutsschäden» bis zu einer bestimmten Höhe versichert.
- Beim Einkaufen stossen Sie ein Regal mit teuren Glaswaren um.
- Vom Dach Ihres Hauses fällt ein Ziegelstein herunter und verletzt einen Passanten. Als Hauseigentümer haften Sie dafür - Verschulden hin oder her.
Grobe Fahrlässigkeit: Versicherungen kürzen Leistungen
In all diesen Fällen übernimmt die Privathaftpflicht-Versicherung den Schaden, den der Versicherte ersetzen müsste. Falls ein Gerichtsverfahren nicht zu vermeiden ist, zahlt die Versicherung auch allfällige Gerichts- und Anwaltskosten. Nicht gedeckt sind absichtlich verursachte Schäden - etwa wenn der Sohn nachts die Fassade des Nachbarhauses mit Graffiti verziert.
Bei grober Fahrlässigkeit kürzen die meisten Gesellschaften die Leistungen. Das ist etwa dann der Fall, wenn jemand in seiner Mietwohnung einen Wasserschaden verursacht, indem er Wasser in die Badewanne einlaufen lässt, um dann emsig im Garten ein Beet zu jäten.
Einen guten Schutz bieten die Haftpflichtpolicen aber, wenn leichtere Nachlässigkeit oder Unaufmerksamkeit im Spiel war. Im Bereich der Mieterhaftpflicht haben in den letzten Jahren aber praktisch alle Gesellschaften ihre Leistungen reduziert. Sie zahlen nicht mehr für übermässige Abnützung und verlangen zum Teil happige Selbstbehalte.
Wenn eine versicherte Person mit Haftpflichtansprüchen konfrontiert wird, aber nichts falsch gemacht hat und ihr somit kein Vorwurf zu machen ist, wehrt die Versicherung unberechtigte Ansprüche ab, fungiert also quasi als Rechtsschutzversicherung. Das kommt etwa Mietern entgegen, falls Vermieter beim Auszug aus der Wohnung unberechtigte Forderungen stellen.
Konkubinatspaare gelten als Mehrpersonenhaushalt
Wie viel man für seine Privathaftpflicht-Versicherung pro Jahr bezahlen muss, hängt vor allem von zwei Faktoren ab: Familie oder Single, Eigentümer oder Mieter. Die Familienpolice ist teurer als die für eine Einzelperson. Das leuchtet ein, eine Familienpolice gilt schliesslich für beide Elternteile und alle unmündigen Kinder, sofern sie im gleichen Haushalt wohnen. Die meisten Policen schliessen auch volljährige Kinder mit ein, falls sie ledig und noch nicht erwerbstätig sind.
Konkubinatspaare können sich als Mehrpersonenhaushalt versichern. Die Privathaftpflicht-Versicherung deckt keine Ansprüche einer Person, die im gleichen Haushalt wohnt. Die Versicherung ersetzt also keinen Schaden, den ein Konkubinatspartner seiner Mitbewohnerin zufügt.
Mieter: Mehr Schadenfälle - höhere Prämie
Mieter müssen in der Regel eine höhere Prämie entrichten als Haus- oder Wohnungs-eigentümer. Das liegt an den zahlreichen Mieterschäden wie zerkratzten Parkettböden, zerrissenen Tapeten oder beschädigten Badewannen, die die Versicherungen zu übernehmen haben.
Genaue Zahlen über ihre Schadensaufwendungen geben die Versicherer allerdings nicht bekannt. Winterthur-Sprecherin Renata Tschudi räumt aber ein, dass «Mieterschäden einen markanten Anteil der Gesamtschäden ausmachen». Und Mobiliar-Sprecher Werner Eichenberger sagt, dass «Mieterschäden rund die Hälfte aller Privathaftpflicht-Schäden ausmachen, zusammengerechnet einen tiefen zweistelligen Millionenbetrag».
Stossend sind die Prämien für Stockwerkeigentümer. Sie bezahlen die gleiche Summe wie Hauseigentümer, geniessen aber praktisch keine zuätzliche Haftpflichtdeckung.
Hauseigentümern rät Tatjana Kursawe vom VZ Vermögenszentrum generell, bei den Prämien genau hinzuschauen. Sie empfiehlt, einen Bogen um Gesellschaften zu machen, die Hausbesitzern keine günstigeren Prämien als Mietern anbieten: «Die Versicherung soll mir durch eine tiefere Prämie honorieren, dass keine Mieterschäden entstehen können.»
Zusatzleistungen: Für Kunden in der Regel wenig nützlich
Zu den Gesellschaften, die keinen Unterschied zwischen Mietern und Hausbesitzern macht, gehört die Winterthur. Sprecherin Renata Tschudi erklärt dies damit, dass Hauseigentümer bei der Winterthur- Privathaftpflicht zum Ausgleich in den Genuss zusätzlicher Leistungen kämen: der Bauherrenhaftpflicht-Versicherung bis zur Bausumme von 100000 Franken sowie der Gebäudehaftpflicht-Versicherung des selbst bewohnten Hauses. Mittlerweile bieten allerdings fast alle Versicherungen die Bauherrenhaftpflicht in der Grunddeckung an. Zu beachten ist auch die Deckung für Schäden an ausgeliehenen Autos. Gelegenheitsautofahrer können so allfällige Schäden versichern, ohne eine separate Kaskoversicherung abschliessen zu müssen. Achtung: Was «gelegentliches Ausleihen» heisst, wird im Kleingedruckten unterschiedlich definiert.
Tipps zum Umgang mit der Privathaftpflicht-Versicherung
- Holen Sie mehrere Offerten ein. Die Prämientabellen (Seite 15) zeigen, dass
Sie pro Jahr bis zu 45 Prozent sparen können.
- Schliessen Sie nur Einjahresverträge ab. Ohne Kündigung verlängern sie sich anschliessend jedes Jahr stillschweigend um ein weiteres Jahr. So sind sie flexibler.
- Sie sind nicht verpflichtet, die Privathaftpflicht-Versicherung bei der gleichen Gesellschaft abzuschliessen wie die Hausratversicherung. Wählen Sie lieber das jeweils beste Angebot.
- Wählen Sie die Deckungssumme von 5 Millionen. Der Aufpreis gegenüber der 2- oder 3-Millionen-Variante ist gering.
- Aufgepasst, falls Sie ein eher ungewöhnliches Hobby haben wie Jagen, Reiten, Fallschirmspringen oder Deltasegeln. Wer unfallträchtige Freizeitvergnügen pflegt, sollte sich erkundigen, ob seine Haftpflichtversicherung Schäden abdeckt, die bei diesem Hobby entstehen können. Andernfalls sollte man eine Zusatzversicherung abschliessen.
- Mieter kommen bei Schäden an der Wohnung nicht mehr um einen Selbstbehalt herum. Er beträgt in der Regel 200 Franken pro Schadenereignis. Einzelne Gesellschaften verlangen aber bis zu 10 Prozent des Schadens (Vaudoise, Zürich und Züritel). Das ist im Verhältnis zur Prämie viel Geld. Mietern sind deshalb diese drei Gesellschaften nicht zu empfehlen. Das gilt besonders für Familien mit kleinen Kindern.
- Falls die Police einen Selbstbehalt vorsieht, gilt dieser pro Ereignis. Trotzdem schreiben einige Gesellschaften ins Kleingedruckte, der Selbstbehalt gelte pro Raum. Die Anwendbarkeit dieser Regel ist rechtlich umstritten.
- Die Haftpflicht von Hausbesitzern ist bei allen Gesellschaften gedeckt. Das gilt aber nicht für Stockwerkeigentümer: Bei der Winterthur und der Züritel sind sie nicht versichert, bei den andern nur, falls der Schaden höher ist als die Garantiesumme der Police der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Mit anderen Worten: Diese Deckung kommt praktisch nie zur Anwendung.
- Erkundigen Sie sich bei Ihrer Versicherung nach Rabatten. Viele Gesellschaften bieten etwa Schadenfreiheitsrabatte oder Kombirabatte an, falls man Privathaftpflicht- und Hausratversicherung bei ihnen abschliesst.
- Einzelne Gesellschaften verbinden mit der Privathaftpflicht-Versicherung einen beschränkten Rechtsschutz sowie eine beschränkte Bauherrenhaftpflicht. Solche Deckungen dienen oft nur als Verkaufsargument, taugen aber in der Praxis nicht viel: Sie ersetzen nämlich weder eine umfassende Rechtsschutz-Versicherung noch eine Bauherrenhaftpflicht - ausser bei geringfügigen Umbauten.