Viele Konsumenten sind auf der Suche nach einer pflanzlichen Alternative zu Kuhmilch. Neue Studien weisen zudem darauf hin, dass Kuhmilch bei Erwachsenen weniger gesundheitsfördernd ist als lange Zeit behauptet. Doch welche pflanzliche Milch auf Soja-, Hafer-, Reis- oder Mandelbasis enthält am meisten wertvolle Eiweisse und am wenigsten Zucker und Schadstoffe?
In den Reisdrinks hatte es gar keine Eiweisse
saldo schickte 16 Pflanzendrinks in ein deutsches Lebensmittellabor. Ergebnis: Nur vier Produkte schnitten gut ab, drei davon aus Soja. Wer Wert auf Eiweisse legt, sollte zu Milch aus dieser Pflanze greifen. Ein Glas Kuhmilch zu zweieinhalb Dezilitern enthält rund 8 Gramm Eiweiss. Die besten Soja-Produkte im Test von Lidl und Migros kommen auf ähnlich hohe Werte. Eiweisse sind wichtig für den Körper, weil sie Bausteine für Zellen sind und Funktionen im Immunsystem sowie im Stoffwechsel übernehmen. Eiweisse bestehen zudem aus Aminosäuren. Einige davon sind lebenswichtig und können nicht vom Körper hergestellt werden.
Die Reisgetränke im Test enthielten gar keine Eiweisse. Bei den getesteten Drinks auf Mandel- und Haferbasis schwankte der Eiweissgehalt zwischen 1 und 3 Gramm pro Glas. Die Mandelgetränke enthielten relativ wenig Zucker – die Hafer- und vor allem die Reisdrinks fielen beim Zucker ein weiteres Mal negativ auf.
Das Problem: Bei der industriellen Herstellung werden Reis und Hafer fermentiert. Dabei entstehen aus der Stärke verdauliche freie Zucker (Glukose oder Malzzucker). Freier Zucker in flüssiger Form lässt den Blutzuckerspiegel rasch ansteigen. Der in Hafer- und Reismilch enthaltene Zucker ist zwar natürlichen Ursprungs, aber ähnlich schädlich für den Körper wie Kristallzucker. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO besteht ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von freiem Zucker und dem erhöhten Risiko für Zahnkaries, Übergewicht und Herzerkrankungen.
Labor mass bis zu 16 Gramm Zucker pro Portion
In einem Glas Alnatura-Reis-Drink ist bereits die Menge von rund vier Würfelzuckern (rund 16 Gramm) enthalten. Das entspricht der Menge Zucker in einem Becher Fertigmilchkaffee (saldo 17/2020). Zum Vergleich: Ein Glas Kuhmilch enthält rund 12 Gramm Zucker. Ein grosser Teil davon ist allerdings Laktose. Dieser Milchzucker zählt nicht zu den schnell verfügbaren Zuckern. Er erhöht zwar den Kaloriengehalt eines Produkts, wird aber nur langsam verdaut und gilt deshalb als weniger gesundheitsschädlich.
Wer auf Sojamilch-Drinks setzt, nimmt gemäss den Testresultaten mehr Nickel auf als mit Mandel- oder Hafermilchdrinks. Das Schwermetall kommt natürlicherweise in Soja und Getreide vor. Je nachdem, wie stark belastet das Rohmaterial war, ist auch der Nickelgehalt im fertigen Produkt höher oder tiefer. Der Testsieger von Milbona zum Beispiel enthielt pro Portion (2,5 Deziliter) nur 45 Mikrogramm Nickel. Doppelt so viel Nickel enthielt der «Soja Nature Drink Bio» von Migros V-Love.
Nickel kann bei sensiblen Menschen Hautreaktionen auslösen. Gemäss der Europäischen Behörde für Lebenssicherheit liegt die tägliche Nickeldosis ohne langfristig schädliche Wirkung für einen 60 Kilo schweren Erwachsenen bei 780 Mikrogramm, für ein 20 Kilo schweres Kind bei 260 Mikrogramm. saldo war bei der Beurteilung aber streng, da der Körper Nickel auch aus anderen Lebensmitteln aufnimmt. Wenn mit einem Glas bereits ein Viertel der Tagesdosis für ein Kind ausgeschöpft war, gab es eine halbe Note Abzug.
Chlorate: Drink von Hersteller Emmi fällt negativ auf
Schädlich wirken auch Chlorate. Laut der Europäischen Lebensmittelbehörde hemmen die Salze der Chlorsäure die Aufnahme von Jod in der Schilddrüse. Folge davon kann eine Veränderung des Schilddrüsenhormonspiegels sein. Mögliche Ursachen von Chloratrückständen in den Drinks sind Desinfektionsmittel oder der Einsatz von gechlortem Wasser. Der «Gesundheitstipp» wies in einem Test bereits 2019 Chlorate in Kokosmilch nach (Gesundheitstipp 11/2019).
Die meisten von saldo getesteten Drinks enthielten keine oder nur sehr wenig Chlorate. Negativ fiel in diesem Punkt der Drink «Beleaf Almond» von Emmi auf. Wer ein Glas davon trinkt, nimmt mehr als 60 Mikrogramm Chlorate auf. Diese Menge liegt über der langfristig unschädlichen Tagesdosis für ein Kind. Das Produkt erhielt deshalb die Note «ungenügend».
Emmi schreibt dazu, dass sich der saldo-Befund mit eigenen Analysen von «Beleaf» decke, die man vom Lieferanten aus Spanien erhalten habe. Die Firma verspricht, das Problem zu beheben und weitere Analysen folgen zu lassen. Das Chlorat stamme wahrscheinlich aus dem verwendeten Wasser. «Sollten die Massnahmen nicht zu unserer vollen Zufriedenheit ausfallen, werden wir eine Verlagerung des Verarbeitungsschritts in die Schweiz prüfen.»
Der Hersteller des Haferdrinks «Oatly» schreibt, eigene Analysen hätten tiefere Chloratgehalte ergeben. Und die Migros hält zum Alnatura-Reis-Drink fest, der Chloratgehalt sei auf die Verwendung von städtischem Trinkwasser zurückzuführen.
Die Firma Danone-Alpro teilt mit, sie habe mit der Überwachung von Nickel begonnen, um künftig über genügend Daten zur Risikobewertung zu verfügen. Laut den behördlichen Richtlinien in Europa seien alle Produkte sicher. Ähnlich argumentieren Denner, Coop, Migros und Soyana. Coop plant allerdings, den Zuckergehalt des «Karma Bio Reis-Drink Nature» zu senken.
Zu den tiefen Proteingehalten teilt Emmi mit: «Vegane Milchersatzprodukte sind zwar von der Verwendung her mit Milchprodukten vergleichbar, verfügen aber nicht über einen vergleichbaren Nährstoffgehalt.» Die Firma Oatly verteidigt ihre Hafermilch und will bei 1 Gramm Protein pro Deziliter nicht von einem tiefen Gehalt sprechen.
Pflanzendrinks sind ökologischer als Kuhmilch
Die Herstellung von Pflanzenmilch hinterlässt einen kleineren ökologischen Fussabdruck als tierische Milch. Zu diesem Schluss kamen 2019 der Umweltforscher Joseph Poore aus Oxford und der Zürcher Agronom Thomas Nemecek in einer im Fachmagazin «Science» veröffentlichten Übersichtsstudie mit Daten aus 119 Ländern.
Wer ein Jahr lang täglich ein Glas Kuhmilch trinkt, verbraucht so viel Wasser wie bei 700-mal duschen. Beim Konsum von Mandelmilch sind es 416 Duschen, bei Hafermilch nur 54 Duschen. Am wenigsten Wasser verbraucht die Herstellung von Sojamilch – 32 Duschen.
Zu einem ähnlichen Resultat kommt Melanie Speck im Magazin der Stiftung Warentest («Test» 5/2020): Pflanzliche Milchalternativen würden in der Herstellung nur einen Drittel so viel Treibhausgas verursachen wie Kuhmilch, sagt die deutsche Umweltforscherin. Grund: Kühe setzen viel klimaschädliches Methan und Kohlendioxid frei. Zudem ist der Landverbrauch für das benötigte Tierfutter gross.