Nur eine von acht Sonnencremes enttäuschte
Fast alle getesteten Sonnenschutzmittel haben einen höheren Lichtschutzfaktor als angegeben. Nur die Sonnenmilch mit natürlichem Filter schützt zu wenig vor UVA-Licht.
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saldo 09/2010
09.05.2010
Letzte Aktualisierung:
11.05.2010
Rolf Muntwyler
Wer sich länger der Sonne aussetzt, sollte seine Haut unbedingt mit einem Sonnenschutzmittel einreiben. Denn jeder Sonnenbrand erhöht die Gefahr, irgendwann an Hautkrebs zu erkranken. Vor zwei Jahren gab es noch verschiedene Sonnenschutzmittel, die keine chemischen Schutzfilter enthielten.
Sie erfreuten sich zunehmender Beliebtheit, obwohl sich diese mineralischen Produkte meist schlechter auftragen lassen und einen weissen Film auf der Haut zurücklassen. Grund: Che...
Wer sich länger der Sonne aussetzt, sollte seine Haut unbedingt mit einem Sonnenschutzmittel einreiben. Denn jeder Sonnenbrand erhöht die Gefahr, irgendwann an Hautkrebs zu erkranken. Vor zwei Jahren gab es noch verschiedene Sonnenschutzmittel, die keine chemischen Schutzfilter enthielten.
Sie erfreuten sich zunehmender Beliebtheit, obwohl sich diese mineralischen Produkte meist schlechter auftragen lassen und einen weissen Film auf der Haut zurücklassen. Grund: Chemische Schutzfilter stehen im Verdacht, ähnlich wie Hormone zu wirken.
Cremes müssen vor UVA- und UVB-Licht schützen
Mittlerweile sind die rein mineralischen Sonnenschutzmittel aus den Läden verschwunden. Eine neue EU-Richtlinie verlangt nämlich, dass der UVA-Filter ein Drittel des deklarierten Lichtschutzfaktors erreichen muss.
Das schaffen nur chemische Filter: Die Naturkosmetikherstellerin Weleda, die mit mineralischen Sonnenschutzmitteln erfolgreich war, erklärte Mitte des letzten Jahres: «Es ist nicht möglich, mittels natürlichem mineralischem Sonnenschutzfilter den Anforderungen der EU gerecht zu werden.» Den Konsumenten stehen somit praktisch nur noch Produkte mit chemischen Wirkstoffen zur Wahl.
UVA-Strahlen sind ähnlich gefährlich wie UVB-Strahlen: Sie dringen tiefer in die Haut ein, beschleunigen die Hautalterung und sind ebenfalls für die Entstehung von Hautkrebs mitverantwortlich.
UVA-Schutz: Natürlicher Filter mit Schwächen
saldo wollte wissen, wie es um den versprochenen UV-Schutz der aktuellen Sonnenschutzmittel steht. Die Redaktion kaufte acht Sonnenmilch-Produkte der meistverkauften Marken mit Lichtschutzfaktor 25 und 30 ein und liess sie in einem deutschen Labor testen (siehe unten). Darunter die einzige zurzeit erhältliche Sonnenmilch ohne chemischen Schutzfilter mit einem hohen Lichtschutzfaktor: Eco Cosmetics Sonnencreme LSF 30.
Ergebnis des Tests: Alle Sonnenschutzmittel wirken ausgesprochen gut – bis auf eines: Eco Cosmetics Sonnencreme LSF 30 fiel im Test durch. Zwar erreichte die Milch die UVB-Werte, die dem deklarierten Lichtschutzfaktor entsprechen müssen. Doch ihr UVA-Schutz ist viel zu tief. Bei einem deklarierten Lichtschutzfaktor von 30 hätte der im Labor gemessene UVA-Wert mindestens bei 10 liegen müssen. Eco Cosmetics erreicht bloss den Wert 5 (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Dieter Sorge, Geschäftsführer von Eco Cosmetics, erklärt die Abweichung gegenüber saldo mit den grossen Schwankungen bei Testmessungen. Mathias Rohr, Leiter der Abteilung Hauptphysiologie beim Testinstitut Schrader, weist diese Interpretation zurück: «Das Resultat ist weit vom Bereich weg, der mit Messunsicherheiten erklärt werden könnte.»
Mehr Sonnenschutz als versprochen
Positiv: Alle Mittel inklusive Eco Cosmetics hielten im Test den deklarierten Sonnenschutz – also den UVB-Wert – mühelos ein. Der sehr hohe Schutz ist im Prinzip ein Vorteil, weil der Käufer mehr fürs Geld erhält als versprochen.
Doch weshalb diese hohen Dosierungen? Um den deklarierten Wert in jedem Fall einzuhalten, werden die Mittel zur Sicherheit so zusammengesetzt, dass sie trotz Schwankungen in der Herstellung und bei den Messungen den deklarierten Lichtschutzfaktor einhalten. Auch müsse «gewährleistet sein, dass der Schutzfaktor über die gesamte Haltbarkeitsdauer erreicht wird», ergänzt Denner.
Problematische Stoffe in chemischen Filtern
Zurück zu den chemischen Schutzfiltern. Bei den getesteten Produkten sind folgende problematische Stoffe deklariert: Ethylhexylmethoxycinnamate (EHMC) bei Nivea, Benzopheneone-3 (Bp-3, Oxybenzon) bei Piz Buin sowie Octocrylene, das in den Produkten von Nivea, Jovial, Ambre Solaire, Sherpa Tensing, Piz Buin, Sun Look und Daylong verwendet wird.
Octrocrylene ist 2008 unter Verdacht geraten: In einer japanischen Studie wurde an Zellkulturen nachgewiesen, dass es eine hormonelle Wirkung entfaltet. Diese Studie ist bis heute weder bestätigt noch widerlegt worden.
Kriterien
Das auf Hautuntersuchungen spezialisierte Labor Institut Schrader in Holzminden (D) hat für saldo acht Sonnenschutzmittel auf ihre Schutzwirkung untersucht. Das waren die Testpunkte:
- UVB-Strahlung: Der auf den Sonnenschutzmitteln angegebene Lichtschutzfaktor entspricht dem Schutz vor UVB-Strahlung. UVB-Strahlen sind verantwortlich für den Sonnenbrand und können Hautkrebs begünstigen.
Das Labor testete mit zwölf Testpersonen mit unterschiedlichem Alter, Hauttyp und Geschlecht, ob der angegebene Schutzfaktor eingehalten wird. Auf dem Rücken der Personen wurden die Mittel und ein Referenzprodukt aufgetragen, nach 15 Minuten bestrahlte man die Rücken mit UVB-Licht. 24 Stunden danach wird die Haut auf Rötungen untersucht.
- UVA-Strahlen: Sie dringen tiefer in die Haut ein als UVB-Strahlen und führen zur Haut- alterung. Auch sie können Hautkrebs fördern. Die Messung des Schutzes vor UVA-Strahlung fand im Labor statt. Die Mittel wurden auf eine durchsichtige Plexiglasplatte aufgetragen. Dann wurde gemessen, wie viel Strahlung noch durchdringt. So lässt sich die Filterwirkung berechnen.
Tipps: Sich vor der Sonne schützen – nicht nur mit Creme
Schatten
- Zwischen 11 und 15 Uhr ist Sonnenbaden tabu: In dieser Zeit treffen zwei Drittel der täglichen UV-Strahlen auf die Erde.
- Auch im Schatten wird man braun. Geben Sie Ihrer Haut die Chance, sich langsam an die Strahlung zu gewöhnen.
- Die Stiftung Warentest prüfte kürzlich 15 Sonnenschirme auf ihren UV-Schutz – die guten Produkte sind in dieser Ausgabe auf Seite 17 aufgeführt. Der «Gesundheitstipp» hat letztes Jahr ebenfalls zwölf Sonnenschirme im Labor getestet. Ein «sehr gut» beim UV-Schutz erzielten damals: Ikea Flisö rot, Interio Uni Sun vanna Junior orange, Landi Doppler Haschirm, Migros Sonnenschirm, Toptip Baumwollschirm.
Kleider
- Kleider halten die UV-Strahlung ab. An der Sonne trägt man am besten ein langarmiges Leibchen oder ein Hemd und lange Hosen, dazu einen breitrandigen Hut. Dunkle, weite und dicht gewobene Kleider bieten einen besseren Schutz als helle, eng anliegende und dünne. Künstliche Fasern schützen besser als Naturfasern.
- Kleider mit UV-Filter halten nicht immer, was sie versprechen. In einem «K-Tipp»-Test (12/04) hielten nur 4 von 13 Hemden den versprochenen UV-Schutz ein.
Sonnencremes
- Sonnencreme sollte mindestens Lichtschutzfaktor 20 haben, damit werden 95 Prozent der Strahlen gefiltert. Tragen Sie die Creme grosszügig auf. Auch Lippen, Nase und Ohren ausreichend schützen.
- Durch Wasser, Schweiss und Abtrocknen geht die Schutzwirkung schnell verloren. Deshalb sollten Sie die Creme nach dem Bad erneut auftragen.
Kinder
- Schützen Sie Kinder besonders gut vor der Sonne.
- Babys sollten im ersten Lebensjahr ganz vor der Sonne geschützt werden.
- Sonnenbrände in den ersten Lebensjahren erhöhen das Hautkrebsrisiko besonders stark.
- Badekleider mit Sonnenschutzfaktor sind für Kinder sinnvoll: Neben besserer UV-Filterung decken sie meist auch mehr Haut ab als normale Badekleider.
Sonnenbrille
- Tragen Sie eine Sonnenbrille mit vollständigem UV-Filter (100% UV-Schutz bis 400 Nanometer).
- Auch helle oder durchsichtige Gläser können guten UV-Schutz bieten. Dunklere Gläser halten nicht mehr UV-Strahlen ab, sie verhindern nur, dass die Augen geblendet werden.
- Sonnenbrillen sind für Kinder besonders wichtig, weil Kinderaugen die Schutzmechanismen noch nicht voll ausgebildet haben.
Medikamente
- Viele Medikamente verstärken die Sonnenempfindlichkeit der Haut. Dazu gehören Wirkstoffe in Schmerzmitteln (Diclofenac, Ibufprofen), Antibiotika, Herzmedikamenten, Blutdrucksenkern und anderen. Eine Liste solcher Wirkstoffe finden Sie unter www.gesundheitstipp.ch.
Vorsorge
- Eine «UV-Wetterkarte» auf www.uv-index.ch zeigt, wie hoch die Sonneneinstrahlung in verschiedenen Gebieten der Schweiz wird. Mit dem internationalen UV-Index wird auf einer Skala von 1 bis 10 die Strahlungsstärke am aktuellen Tag vorausgesagt.
- Auffällige Hautveränderungen sollten Sie einem Arzt zeigen. Bei der Krebsliga ist dazu eine informative Broschüre erhältlich (Tel. 031 389 91 00 oder im Internet unter www.swisscancer.ch).
- Je heller die Haut, desto nötiger der Schutz. Im Internet können Sie bestimmen, welcher der sechs Hauttypen Sie sind: www.hauttyp.ch.