Nur ein Eiskratzer ist wirklich vielseitig
saldo hat zehn Eisschaber einem Praxis- und Materialtest unterzogen. Resultat: Das günstigste Produkt erfüllt seinen Dienst am besten.
Inhalt
saldo 20/2004
08.12.2004
Jeannette Büchel
Mit den winterlichen Temperaturen sinkt die Stimmung vieler Autofahrerinnen und Autofahrer, zumindest bei denjenigen, die ihr Fahrzeug nicht in einer Garage unterbringen können. Statt frühmorgens gemütlich ins warme Auto zu steigen und loszufahren, müssen erst mal mit klammen Fingern die Scheiben vom Eis befreit werden. saldo sagt, mit welchen Eiskratzern dies am besten gelingt.
Simulation von drei verschiedenen Eisarten
Der deutsche Automobilclub ADAC p...
Mit den winterlichen Temperaturen sinkt die Stimmung vieler Autofahrerinnen und Autofahrer, zumindest bei denjenigen, die ihr Fahrzeug nicht in einer Garage unterbringen können. Statt frühmorgens gemütlich ins warme Auto zu steigen und loszufahren, müssen erst mal mit klammen Fingern die Scheiben vom Eis befreit werden. saldo sagt, mit welchen Eiskratzern dies am besten gelingt.
Simulation von drei verschiedenen Eisarten
Der deutsche Automobilclub ADAC prüfte zehn Eiskratzer mit Preisen zwischen Fr. 1.20 und Fr. 7.90, eingekauft bei Grossverteilern und an Tankstellen. Um die Tauglichkeit der Produkte in möglichst realitätsnahen Situationen zu testen, stellten die Techniker ein Fahrzeug in eine sogenannte Kältebox. Dort besprühten sie die Scheiben gleichmässig mit Wasser und liessen sie anschliessend gefrieren. So simulierten die ADAC-Experten drei verschiedene Arten von Eisschichten, wie sie im Winter häufig anzutreffen sind: eine Tauschicht sowie eine dünne Schicht, wie sie etwa bei festgefrorenem Reif vorkommt, und eine dicke Schicht, die bei Blitz- oder Eisregen auftreten kann. Neben der Funktion in den drei verschiedenen Situationen wurden Verschleiss, Qualität und Ergonomie der Eiskratzer beurteilt.
Erstaunlicherweise schaffte es das günstigste Produkt auf das Siegerpodest. Der klassische Eiskratzer (eingekauft bei Carrefour für Fr. 1.20) überzeugte die Experten am meisten. Der Grund: Dieser Schaber hat drei verschiedene Kanten - eine um das Eis abzuschieben, eine um dicke Schichten aufzukratzen und eine Wischlippe aus Gummi, um angetaute Schichten abzustreifen - er kommt also mit allen Situationen klar. Zudem ist er sehr flach und lässt sich problemlos verstauen.
Ebenfalls gut abgeschnitten hat der Eisschaber Nigrin (Fr. 4.50 bei Jumbo). Weil diesem Schaber eine Gummilippe fehlt, liess sich der Taubelag nicht optimal wegwischen. Beim Entfernen der Eisbeläge überzeugte dieses Produkt jedoch mit guten Eigenschaften.
Im Test zeigte sich, dass sich eine leichte Eisschicht, etwa festgefrorener Reifbelag, mit den meisten Eiskratzern problemlos entfernen lässt. Liegt gelöster Reifbelag auf der Scheibe, taut er gar schon an oder ist die Scheibe taunass, versagen manche Kratzer ihren Dienst: Der Eisschaber Pinguin, der Eiskratzer Mallory und der Eisschaber der BP-Tankstelle erhielten bei diesem Kriterium schlechte Noten. Ihr Manko: Sie besitzen keine Gummiwischlippe und ihre Kante passt sich nur schlecht der Scheibe an.
Am meisten gefordert waren die Eiskratzer beim Entfernen eines dicken Eisbelags. Mangelhafte Noten verteilten die Tester bei diesem Kriterium dem Eisschaber für Fr. 2.50 von Carrefour und den beiden letztplatzierten Produkten: dem Eiskratzer -30° C Style und dem Eisschaber der BP-Tankstelle.
Materialschwäche: BP-Eisschaber und Eisschaber Du-o
Der ADAC-Experte Bernhard Felsch kommentiert das schlechte Abschneiden des Style-Schabers: «Dieser Eiskratzer eignet sich vielleicht als kleine Schneeschaufel, für das Reinigen von nassen oder stark vereisten Scheiben ist er aber nicht zu gebrauchen.» Anna Oakley von der Herstellerfirma Veropa rechtfertigt sich: «Bei diesem Produkt stehen das Design, die auffallende Transparenz und die Leuchtfarbe im Vordergrund. Eisbrechzacken hätten dieses wenn nicht zerstört, so zumindest empfindlich gestört.»
saldo konfrontierte auch alle andern Anbieter mit den Ergebnissen. Claudia Hedrys von Shell schreibt, dass Shell ab nächstem Jahr den Lieferanten wechsle und andere Eiskratzer anbiete. Coop nimmt den Pinguin-Schaber per Ende Saison aus dem Sortiment, verkauft bis dahin aber noch Restbestände. Einzig BP kommentierte das Abschneiden ihres Produktes nicht.
Nach den Kratzversuchen beurteilten die Tester den Verschleiss, beziehungsweise die Haltbarkeit der Produkte. Negativ aufgefallen sind hier der Eisschaber der BP-Tankstelle und der Eisschaber Du-o. Bei Letzerem lässt die konstruktive Stabiliät zu wünschen übrig; wird zu stark gedrückt, verformt sich der Kratzer. Beim Schaber aus der BP-Tankstelle waren die Ecken und die Spitzen der Aufbrechkante stark abgenutzt. Positiv aufgefallen in Sachen Haltbarkeit ist der Mallory-Eiskratzer. Ihm konnten die Testdurchgänge praktisch nichts anhaben. Anders der Pinguin-Schaber: Bei ihm lockerte sich die Verbindung des Kratzteils zum Handgriff.
Mallory: Griff saugt wie ein Schwamm die Nässe auf
Beim Prüfpunkt Ergonomie gab vorwiegend der schlechte Griffkomfort Anlass zur Kritik. Gar nicht gefallen haben hier der Eisschaber für Fr. 2.50 von Carrefour sowie die Produkte X-treme und Du-o. André Bertschinger von der X-treme-Vertriebsfirma Tegro AG: «Die Querrillen werden möglicherweise als nicht sehr angenehm empfunden, sie verhindern jedoch ein Abgleiten der Hand, auch mit Handschuhen und bei grossem Krafteinsatz.» Der Mallory-Kratzer verfügt über einen Soft-Griff. Dieser fühlt sich zwar weich an, hat aber den Nachteil, dass er sich wie ein Schwamm mit Wasser vollsaugt und dann unangenehm zu halten ist.
Für das Kriterium «Qualität/Ausführung» begutachteten die Experten Grösse, Stabilität und Formgenauigkeit der Eisschaber. Überprüft wurde zudem, ob der Kontakt zur Scheibe auch unter Druck gleichmässig ist. Da Autoscheiben nicht ganz eben, sondern leicht gekrümmt sind, müssen sich die Eisschaber anpassen können, ansonsten sich die Eisschicht nicht gleichmässig wegkratzen lässt. Hier hatten gleich mehrere Produkte Mühe: die BP-, Mallory-, Pinguin- und Style-Produkte sowie der Carrefour-Eisschaber für Fr. 2.50.
Schliesslich prüften die Techniker, ob beim Gebrauch der Eisschaber die Autoscheiben verkratzt werden. Dazu führten sie auf einer sauberen und trockenen Scheibe intensive Kratz- und Schabbewegungen aus. Erstaunlicherweise beschädigten weder die Kratzer mit Messingkante noch diejenigen mit einer Kunststoffkante die Autoscheibe.
Anders präsentiert sich die Situation jedoch im Alltag, denn Autoscheiben sind nie ganz sauber, sondern häufig mit angetrockneten, feinen Schmutzpartikeln verdreckt. Wird auf einer schmutzigen Scheibe nun kräftig geschabt, können feine Kratzer entstehen. Da Messingkanten härter sind als Kunststoffkanten, pressen sie die mineralischen Schmutzpartikel fester auf die Scheibe, wobei leichte Kratzer entstehen können. Doch auch mit Kunststoffschabern ist man vor dieser Gefahr nicht gefeit. Beim Schaben können die Schmutzpartikel in den weicheren Kunststoff eindringen und so zu einer eigentlichen Schmirgelkante werden.
Tipp: Autoscheiben häufig mit viel Wasser reinigen
Ob Autoscheiben beim Eis entfernen verkratzen, hängt also nicht von der Wahl des Schabers ab, sondern davon, wie schmutzig sie sind. Deshalb rät Experte Felsch: «Es empfiehlt sich, die Scheibe möglichst häufig mit viel Wasser vollständig abzuspülen. Zudem sollte man das Eis nur in eine Richtung abkratzen, damit der Schmutz nicht auf der Scheibe hin- und hergerieben wird.»
Guckloch nicht erlaubt
Wer an den Scheiben seines Autos mit dem Eisschaber nur kleine Sichtfenster kratzt und losfährt, macht sich strafbar: Das Gesetz schreibt vor, dass die Sicht nach vorne frei sein muss. Konkret bedeutet dies, dass die Frontscheibe und die vorderen Seitenscheiben sowie die Aussenspiegel vollständig von Schnee und Eis befreit sein müssen. Wer sich nicht daran hält und von der Polizei erwischt wird, muss mit einer Anzeige rechnen. Ein solches Verfahren kann schnell einmal mehrere hundert Franken kosten.
Noch teurer wird es, wenn ein Lenker in einen Unfall verwickelt wird und seine Sicht dabei behindert ist. In einem solchen Fall kann die Versicherung Regress nehmen - der Unfallverursacher muss die Kosten zum Teil selber tragen.
Die Verkehrspolizei empfiehlt, auch die hinteren Scheiben von Schnee und Eis zu befreien. Schnee auf dem Autodach sollte ebenfalls weggewischt werden, denn bei einem Bremsmanöver kann die Masse abrutschen und die Sicht behindern. Auch wer auf diese Art einen Unfall verursacht, muss damit rechnen, dass die Versicherung die Kosten nicht übernimmt.
Heisswasser-Trick kann teuer werden
Automobilisten sind erfinderisch, wenn es darum geht, die Scheiben von lästigem Eis zu befreien. Der Touring Club Schweiz (TCS) hat verschiedene Möglichkeiten der Eisentfernung getestet und bewertet:
- Eiskratzer: Günstiges, effizientes und umweltschonendes Mittel - kostet aber Zeit und Kraft.
- Standheizung: Komfortable Variante - mit rund 2500 Franken allerdings auch teuer. Der Motor wird vorgewärmt und verbraucht so weniger Treibstoff; einfache Handhabung.
- Abdeckfolie: Sorgt für freie Sicht durch die Frontscheibe, ist aber mühsam zu befestigen. An den Seiten- und Heckscheiben muss zusätzlich geschabt und die nasse Folie muss im Fahrzeug verstaut werden.
- Enteiser-Spray: Macht nur Sinn zusammen mit einem Eiskratzer und eignet sich lediglich bei einer dünnen Eisschicht. Die Scheiben verschmutzen und müssen nachgereinigt werden.
- Eisblocker-Spray: Keine Langzeitwirkung, die Flüssigkeit friert bei langer Einwirkzeit ein und macht die Eisschicht dicker. Die Scheiben werden verschmutzt.
- Heisses Wasser: Die Frontscheibe kann sich durch den grossen Temperaturunterschied spalten, und das geht ins Geld. Die Wirkung ist zudem von kurzer Dauer, denn das heisse Wasser gefriert schnell wieder ein.
- Elektroofen: Benötigt einen Stromanschluss, und die Hitze wirkt im Fahrzeug nicht überall. Plastikteile der Innenverkleidung können sich durch die Hitzeeinwirkung verformen - im schlimmsten Fall kann ein Brand entstehen.
- Zeitungen: Sie eignen sich nicht zum Abdecken - sie werden feucht und kleben an der Scheibe fest.
Generell empfehlen die Verkehrsexperten:
- Scheiben häufig reinigen. Saubere Scheiben nehmen weniger Feuchtigkeit auf und vereisen nicht so schnell.
- Über Nacht die Scheibenwischer aufstellen, damit die Wischerlippe nicht festfriert.
- Am besten ausgerüstet ist, wer verschiedene Hilfsmittel im Auto mitführt: einen Besen, um den Schnee zu entfernen, einen Eiskratzer für dicke Eisschichten und einen Abstreifer für angetaute Scheiben.