Nur 2 von 10 Modellen mit überzeugender Klangqualität
Kopfhörer sind in diversen Formen und Grössen zu haben. Gefragt sind vor allem kleine Modelle für portable Musikgeräte. Ein saldo-Test zeigt: Von 10 Mini-Hörern überzeugen nur 2 auf der ganzen Linie.
Inhalt
saldo 13/2004
01.09.2004
Sigrid Cariola
Walkman, Minidisc-, CD- und MP3-Player: Tragbare Audiogeräte boomen. Über 30 Millionen Franken lassen sich die Konsumenten den mobilen Musikgenuss in diesem Jahr kosten, schätzt das Marktforschungsinstitut IHA-GFK in Hergiswil LU. In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden in der Schweiz knapp 40 000 MP3-Player verkauft, das sind fast viermal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Von den tragbaren CD-Playern gingen zwischen Januar und April sogar 90 000 über den Ladentisch.
Walkman, Minidisc-, CD- und MP3-Player: Tragbare Audiogeräte boomen. Über 30 Millionen Franken lassen sich die Konsumenten den mobilen Musikgenuss in diesem Jahr kosten, schätzt das Marktforschungsinstitut IHA-GFK in Hergiswil LU. In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden in der Schweiz knapp 40 000 MP3-Player verkauft, das sind fast viermal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Von den tragbaren CD-Playern gingen zwischen Januar und April sogar 90 000 über den Ladentisch.
Die Freude am Musikspass vergeht jedoch rasch, wenn die Kopfhörer nichts taugen. Bei der Anschaffung des Geräts lohnt es sich meist, auch gleich neue Kopfhörer zu kaufen, so der einhellige Ratschlag in Internet-Foren und von der Stiftung Warentest.
Das Angebot ist riesig: Es gibt grosse, ohrumschliessende Kopfhörer, leichte Modelle mit Bügel sowie Mini-Hörer, die sich in die Ohrmuschel hängen oder als Stöpsel in den Gehörgang schieben lassen.
Sennheiser MX 500: Klarer und unverfärbter Klang
saldo wollte wissen, wie es um die Qualität dieser Winzlinge bestellt ist, und liess zehn Ohrhörer in der Preisspanne zwischen 19 und 79 Franken prüfen. Testlabor war das Institut für Technische Akustik an der Universität Aachen (D). Die Wissenschafter untersuchten den Klang, die Schallabstrahlung der Ohrhörer nach aussen sowie ihre Abschirmung vom Umgebungslärm. Ausserdem bewerteten sie Tragkomfort und Handhabung.
Der Klang war das mit Abstand wichtigste Beurteilungskriterium. Um ein aussagekräftiges und sicheres Ergebnis zu erhalten, stützten sich die Akustiker aus Aachen sowohl auf die menschliche Wahrnehmung als auch auf technische Messungen mit einem «künstlichen Ohr».
Am besten schnitt der Ohrhörer MX 500 von Sennheiser ab. Pluspunkte sammelte er vor allem bei der Klangqualität. «Der Sennheiser zeichnet sich durch eine sehr ausgewogene Wiedergabe aus», erklärt der für den Test verantwortliche Akustiker Gottfried Behler. «Sowohl die Höhen wie die Tiefen klingen klar und unverfärbt.»
Leichte Schwächen zeigt das Modell lediglich bei der Schallabstrahlung: Bei sehr lauter Musik bleibt die Umgebung davon nicht ganz verschont.
Ebenfalls gut schnitt das Sony-Modell MDR-E 828 LP ab. Es punktete vor allem durch «volle Bässe» und «unverfärbten» Klang. Etwas schwächer wurden hingegen Höhen und Brillanz eingestuft. Sowohl das Modell von Sennheiser wie jenes von Sony weisen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf: Sie kosten weniger als 30 Franken.
12 Personen testeten die Ohrhörer anhand von verschiedenen Tonstücken (Rock, Pop, Klassik und drei Sprachaufnahmen). Sie beurteilten Höhen und Tiefen, Ausgewogenheit und Brillanz der Wiedergabe. Als Vergleichsgrössen dienten ihnen ein hochwertiger Kopfhörer aus der Preisklasse um 2000 Franken und ein Billigmodell für 50 Rappen, wie es Touristen in Reisebussen oder in Flugzeugen abgegeben wird.
Mit dem «künstlichen Ohr» massen die Wissenschafter den Frequenzgang, also die Bandbreite der wiedergegebenen Töne, und die Verzerrung (siehe Kasten «Stichwörter»).
Koss: Schwache Höhen, mangelnde Brillanz
«Die technische Messung zeigte eine hohe Übereinstimmung mit den Beobachtungen und Bewertungen der Testpersonen», sagt Gottfried Behler. Beispielsweise bemängelten die Probanden bei beiden Modellen des amerikanischen Herstellers Koss die schwachen Höhen, die mangelnde Brillanz sowie einen gesamthaft matten und verschwommenen Klang. Diese Schwächen bestätigten sich bei der Messung des Frequenzganges.
Zusätzlich weist das Koss-Modell P 4 starke Verzerrungen auf. Der auf der Verpackung angegebene Klirrfaktor von 0,5 Prozent wird bei sehr tiefen Tönen ums Zwanzigfache überschritten. «Selbst ein ungeschultes Ohr hört, dass da etwas nicht stimmt», meint Gottfried Behler.
Der Schweizer Importeur Telion erklärt, dass Koss in der Qualitätskontrolle andere Messgeräte verwende. Verkaufsleiter Stephan Hartmann betont: «Bei Verkaufszahlen von mehreren 100 000 Stück in Europa gab es bislang keine normabweichenden Beanstandungen von Konsumenten.»
Ebenfalls unbefriedigend ist die Klangqualität des Philips Eargear HS 311: «Schwache Bässe, verfärbter Klang», lautete das Urteil der Testpersonen. Philips-Pressesprecher Claudio Magnabosco bestätigt, dass der Klirrfaktor bei diesem Modell «nicht ideal» sei, und verspricht: «Das Nachfolgemodell, der HS 320, bietet eine bessere Leistung.»
Schallabstrahlung: Gute Noten für Panasonic RP-HJE 50
Neben dem Klang untersuchte das Institut für Akustik auch die Schallabstrahlung nach aussen. Vor allem die Stöpsel-Modelle, die sich direkt in den Ohrkanal stecken lassen, schnitten hier gut ab. Mit Abstand am besten: der Panasonic RP-HJE 50. Von 100 Dezibel ist 40 Zentimeter entfernt mit 25 Dezibel so gut wie nichts zu hören.
Ganz anders das Modell von Hama: Hier handeln sich Musikfreaks vermutlich Ärger mit ihrem Sitznachbarn in der S-Bahn ein. Die Abstrahlung erfolgt mit 56 Dezibel auf dem Niveau von Unterhaltungslautstärke.
Ebenfalls Vorteile bieten die Stöpselmodelle, wenn es dem Träger oder der Trägerin wichtig ist, sich von Aussengeräuschen abzuschirmen. Sowohl der Sony MDR-EX 71 SL wie der Koss The Plug und wiederum der Panasonic RP-HJE 50 besitzen eine gute Dämmung. Entsprechend führen alle Modelle einen Warnhinweis in der Verpackung: «Ohrhörer nie im Strassenverkehr tragen.»
Grosse Unterschiede stellten die zwölf Testpersonen beim Tragkomfort und der Handhabung fest. Kritik gab es vor allem für jene Modelle, die sich über die Ohrmuschel stülpen lassen: den Philips Eargear HS 311 und den Panasonic RP-HX 20. «Unbequem» und «kompliziert», lautete das Fazit. «Diese beiden Modelle mögen Joggern gewisse Vorteile bieten, bei ruhiger Körperhaltung wären sie für die Tester nicht die Modelle erster Wahl», fasst Gottfried Behler zusammen. Bei Koss The Plug monierten die Prüfer: «Es gab Druckstellen» und ein «unangenehmes Gefühl» im Ohr.
Empfindlichkeit hat nichts mit Klangqualität zu tun
In der gesamten Testanlage nur am Rande bewertet wurde die Empfindlichkeit der Ohrhörer, das heisst, mit welcher Lautstärke der Ohrhörer das empfangene Signal weitergibt. Vereinfacht formuliert, holen Koss The Plug, Philips HE 580 und Sony MDR-EX 828 LP die grösste Schallmenge, also den grössten Lärm, aus den Geräten heraus. «Mit der Qualität des Klanges», so Gottfried Behler, «hat diese Grösse aber rein gar nichts zu tun.»
Stichwörter
Frequenzgang: Bezeichnung für die Ausgeglichenheit, mit welcher der Ohrhörer alle Tonlagen von ganz tief bis ganz hoch wiedergibt. Ein optimaler Frequenzgang verläuft gleichmässig horizontal. Ausreisser nach oben oder unten deuten darauf hin, dass bestimmte Tonlagen entweder überbetont oder viel zu schwach wiedergegeben werden.
Klirrfaktor: Dieser Faktor bezeichnet das Mass der Verzerrung und wird in Prozenten angegeben - je niedriger, desto besser. Bei einem guten Ohrhörer, etwa beim Sennheiser und beim Sony MDR-E 828 LP, liegt er in weiten Frequenzbereichen unter 0,1 Prozent. Erst bei sehr tiefen Tönen von 200 Hertz erreicht er 2 Prozent.
Empfindlichkeit: Dieses Mass wird in Dezibel angegeben. Ein Ohrhörer für 119 Dezibel kann im Gegensatz zu einem Modell mit 90 Dezibel einen höheren Wirkungsgrad aus einer Schallquelle (Gerät) herausholen.
Geringe Gefahr
Nicht die Bauweise des Kopfhörers ist entscheidend für ein intaktes Gehör, sondern der Schallpegel, mit dem die Musik aufs Trommelfell trifft», sagt Beat Hohmann, Bereichsleiter Physik bei der Suva. Viele Menschen können jedoch nur schwer einschätzen, wie laut sie Musik hören, wenn sie Kopfhörer tragen. Hohmann empfiehlt «auf die Ohren zu hören»: Ein komisches Gefühl, etwa wie Watte in den Ohren oder gar ein Rauschen, zeigen, dass die Lautstärke auf die Dauer schädlich sein kann. Die grösste Gefahr geht laut Hohmann von Musikveranstaltungen aus. «Hier sind Besucher meist einer Lautstärke ausgesetzt, die sie sich mit Kopfhörern gar nicht zumuten würden.»