Musikbox für die Hosentasche
Digitale Musik ist gefragt: MP3-Player sind die Walkmen der Zukunft. In einem Test schneiden die Geräte gut ab, zeigen aber grosse Unterschiede bei Speicherkapazität und Batterielaufzeit.
Inhalt
saldo 2/2005
02.02.2005
Marc Meschenmoser
Digitale Musikspieler lösen den altbekannten CD-Walkman ab: In der Schweiz wurden 2004 über 180 000 MP3-Player verkauft. «Die Zahlen überraschen selbst uns, der Boom ist riesig», so Rolf Lehmann, Produktemanager von Apple Schweiz. Apple verkauft mit 60 Prozent Marktanteil weltweit am meisten MP3-Player - allein 4,5 Millionen in den letzten drei Monaten 2004.
Die neuste Gerätegeneration passt in jede Hosentasche und kann bis zu 10 000 Lieder speichern. Die Technologie ist ein...
Digitale Musikspieler lösen den altbekannten CD-Walkman ab: In der Schweiz wurden 2004 über 180 000 MP3-Player verkauft. «Die Zahlen überraschen selbst uns, der Boom ist riesig», so Rolf Lehmann, Produktemanager von Apple Schweiz. Apple verkauft mit 60 Prozent Marktanteil weltweit am meisten MP3-Player - allein 4,5 Millionen in den letzten drei Monaten 2004.
Die neuste Gerätegeneration passt in jede Hosentasche und kann bis zu 10 000 Lieder speichern. Die Technologie ist einfach: Anwender füttern ihren Computer mit Musik-CDs - die Daten werden ohne hörbaren Qualitätsverlust verkleinert und im MP3-Format abgespeichert; oder man lädt MP3-Songs direkt aus Internetshops oder gratis über Tauschbörsen auf den PC oder Mac. CD-Türme verschwinden - die Musiksammlung findet auf der Grösse einer Zigarettenschachtel Platz.
Die Branche rechnet, dass der Umsatz pro Jahr weiterhin um 30 Prozent steigt. Um diesen Mechanismus am Laufen zu halten, rotiert die Produktepalette entsprechend schnell: Hersteller lancieren alle neun Monate ein neues Modell. Die Geräte werden immer leichter und sind häufig mit Radio und Spielen ausgestattet.
Die Player werden in drei Kategorien unterteilt: Spieler mit Festplatte, die viel Musik abspeichern, aber eher schwer sind; kleine MP3-Player mit elektronischem Chip für rund 50 Lieder sowie Geräte, die mit einer zusätzlichen Speicherkarte erweitert werden können (siehe Kasten Seite 14).
Wichtigste Kaufkriterien sind Tonqualität, Batterielaufzeit und Handhabung. Die Westschweizer Konsumentenorganisation Fédération Romande des Consommateurs (FRC) testete 15 Geräte. Fazit: 13 Modelle schnitten gut ab. Dennoch zeigen sich Unterschiede, etwa bei der Bedienung. Die Spieler mit elektronischem Chip kommen dabei schlechter weg. Grund: Einige Modelle sind nicht grösser als ein Päckchen Kaugummi - entsprechend klein sind Tasten und Bildschirm. Fingerfertigkeit verlangt insbesondere der Aiptek-Player: Das im Test günstigste Gerät für knapp 82 Franken ist schwer zu bedienen und erhielt bei diesem Kriterium die Note «schlecht».
iPod-Modelle: Abzüge bei der Batterielaufzeit
Übersichtlicher sind die grösseren Festplattenspieler. Gar ganz ohne herkömmliche Tasten kommen Apples iPod-Modelle aus - sie werden mühelos über ein sensitives Klickrad gesteuert. Abzüge gab es für die zwei wohl bekanntesten MP3-Spieler jedoch bei der Batterielaufzeit: Der Akku des iPod ist nach 14 Stunden Musik leer, und der iPod mini hält nur 9,5 Stunden durch.
Zen Touch von Creative hingegen überzeugt mit 23 Stunden ununterbrochenem Genuss, ist mit 215 Gramm jedoch das schwerste Gerät. Die längere Laufzeit geht einher mit höherem Gewicht. Felix Moser vom MP3-Fachgeschäft K 55 in Zürich: «Player mit längerer Abspielzeit sind meist schwerer, weil sie grössere Akkus haben. Käufer müssen sich entscheiden, was ihnen wichtiger ist: Gewicht oder Laufzeit.»
Die Player mit elektronischer Chipkarte funktionieren mit normalen, austauschbaren Batterien. Sie halten maximal 36,5 Stunden durch, doch die Speicherkapazität fasst maximal 14 Stunden Musik. Experte Moser rät, sich bei der Batterielaufzeit nicht auf die Herstellerangaben zu verlassen: «Die Industrie gibt generell zu hohe Batterielaufzeiten an. Um realistische Werte zu erhalten, müssen 10 bis 20 Prozent abgezogen werden.»
Testsieger: Musik von Gerät zu Gerät austauschbar
Gute Werte ergab der Test bei der Tonqualität - einzig der DMP 100 von Hama schnitt nur genügend ab. Unter Laborbedingungen erweisen sich die mitgelieferten Stöpsel oft als mangelhaft; im täglichen Gebrauch mit Hintergrundgeräuschen sind die Unterschiede zu hochwertigen Kopfhörern jedoch klein.
Bei vielen Geräten kann Musik nur vom PC oder Mac auf den MP3-Spieler geladen werden. Bei den drei Testsiegern iRiver H 320, Creative Muvo Slim und Thomson Lyra können Songs auch zurück auf den Computer geladen werden. So haben Musikliebhaber die Möglichkeit, Lieder untereinander auszutauschen - und die CD-Stücke sind bei einem Computerabsturz nicht verloren, sondern können bequem vom MP3-Spieler zurücktransferiert werden.
MP3-Player: So wählen Sie das richtige Gerät
Den ersten MP3-Player brachte Rio 1998 auf den Markt. Heute bieten gut ein Dutzend Hersteller unzählige Modelle an. Die Gerätekategorien:
- MP3-Geräte mit elektronischem Speicher, sogenannte Flash-Player, sind kompakt und selten schwerer als 50 Gramm. iPod Shuffle von Apple ist mit 22 Gramm eines der leichtesten Geräte auf dem Markt und kaum grösser als eine Packung Kaugummi. Ideal sind die Leichtgewichte für Sportler: Selbst beim Joggen wird die Musik nicht unterbrochen, da sie auf einem Chip gespeichert ist, der unempfindlich ist gegen Erschütterungen. Die Speicherchips stossen jedoch rasch an ihre Grenzen: Die meisten der getesteten Geräte bieten nur 256 Megabyte - das reicht für zwei bis vier Stunden Musik. Einige können bis zu einem Gigabyte erweitert werden, was etwa 240 Liedern entspricht. Für Einsteiger sind die Kleingeräte eher ungeeignet, da sie schwierig zu bedienen sind (Ausnahme: Apples iPod Shuffle).
- Bei der zweiten Gerätekategorie ist die Musik auf der eingebauten Festplatte gespeichert. Dadurch sind diese MP3-Spieler grösser und schwerer: 100 bis 200 Gramm. Sie passen aber dennoch bequem in die Hosentasche. Dank eines Speichers von bis zu 40 Gigabyte können gegen 10 000 Lieder problemlos überallhin mitgenommen werden. Zudem werden die Musikdaten schneller vom Computer heruntergeladen als bei den kleinen Geräten. Allerdings sind diese Modelle teuer und wegen der rotierenden Festplatte anfällig auf Erschütterungen. Zudem lassen sich die Akkus meist nicht selber wechseln.
- Der neuste Trend bei den MP3-Geräten: Die Industrie packt zahlreiche Zusatzfunktionen in die Musikspieler. Mit den mobilen Tausendsassas lässt sich zwar ebenso gut Jazz, Pop oder Klassik hören, doch die Zusatzfunktionen wie etwa der Videoplayer für unterwegs überzeugen nicht - die Bildschirme sind dafür zu klein und qualitativ ungenügend. Weiterer Nachteil: Die zahllosen Zusatzfunktionen reduzieren die Batterieleistung, sodass der Spieler zum Teil schon nach zwei, drei Stunden verstummt. Vorteil: Einige Player funktionieren wie ein Videorekorder und lassen sich an ein TV-Gerät anschliessen. So können Filme oder Fotos im Grossformat angeschaut werden.