Mit Problemstoffen dick aufgetragen
Gesichtscremes sollten die Haut schützen und keine heiklen Stoffe enthalten. Ein saldo-Test liefert bedenkliche Ergebnisse: 9 von 15 Produkten sind nicht empfehlenswert.
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saldo 1/2005
19.01.2005
Sigrid Cariola
Die Haut wird im Winter besonders strapaziert. Die kalte Luft ist trocken und entzieht der Haut Feuchtigkeit. Überheizte Räume mit niedriger Luftfeuchtigkeit tun ein Übriges: Die Haut spannt, schuppt und rötet sich.
Besonders exponiert ist die Gesichtshaut. Um sie zu schützen, eignen sich Cremes, die feuchtigkeitsbindende Stoffe und Fette enthalten, die sich wie ein Schutzfilm über die Haut legen.
saldo wählte aus dem grossen Angebot an Gesichtscremes bei Gro...
Die Haut wird im Winter besonders strapaziert. Die kalte Luft ist trocken und entzieht der Haut Feuchtigkeit. Überheizte Räume mit niedriger Luftfeuchtigkeit tun ein Übriges: Die Haut spannt, schuppt und rötet sich.
Besonders exponiert ist die Gesichtshaut. Um sie zu schützen, eignen sich Cremes, die feuchtigkeitsbindende Stoffe und Fette enthalten, die sich wie ein Schutzfilm über die Haut legen.
saldo wählte aus dem grossen Angebot an Gesichtscremes bei Grossverteilern und Parfümerien 15 Produkte aus, die von den Herstellern als besonders reichhaltig und schützend bezeichnet werden. Die Preisspanne liegt zwischen knapp 10 und rund 65 Franken pro 50 Milliliter. Zwei Labors untersuchten die Cremes auf schädliche oder problematische Inhaltsstoffe.
Lediglich zwei Produkte schneiden sehr gut ab:
Amande Mandel-Gesichtscrème von Weleda und die Jana face 24 h Multiaktiv Creme von Migros. Sie enthalten weder Konservierungs- noch Duftstoffe, die gesundheitlich bedenklich sind.
Immerhin die Note «gut» erreichten Jojoba Feuchtigkeitsspendende Tagescreme von The Bodyshop, Coop Naturaline Cream Multi-Acitve Vitality und Sans Soucis special active Tagespflege extra rich.
Im Gegensatz zu den beiden Testsiegern enthielten diese Produkte eine höhere Anzahl allergene Duftstoffe (siehe Kasten, Seite 12); diese sind zwar nicht generell schädlich, müssen in der EU aber ab März 2005 deklariert werden, wenn sie eine gewisse Konzentration übersteigen, damit sich Allergiker schützen können.
Extra Riche und Sans Soucis: 13 allergene Duftstoffe
Je höher die Zahl der verwendeten Duftstoffe, desto unübersichtlicher und unverständlicher werden für die Konsumentinnen und Konsumenten künftig die Angaben auf der Verpackung. Während das Weleda-Produkt lediglich Spuren eines allergenen Duftstoffes enthielt, waren es bei Jana fünf. Die Cremes von Sans Soucis und Gerda Spillmann enthielten sogar 13 allergene Duftstoffe - dafür gab es eine Note Abzug.
Neun getestete Produkte erhielten die Noten «mangelhaft» oder «schlecht» - die Spezialisten fanden gesundheitlich bedenkliche Konservierungs- oder Duftstoffe. In sechs Gesichtscremes wiesen die Labors polyzyklische Moschusverbindungen nach; diese Duftstoffe sind umstritten, weil sie sich im Fettgewebe ablagern und auch schon in Muttermilch nachgewiesen wurden. Ob die Substanzen wie ihre Vorläufer, die Nitro-Moschusverbindungen, Fruchtbarkeit und Immunsystem schädigen, werden laufende Studien in frühestens drei Jahren zeigen.
Im Vergleich mit den anderen Produkten wies Clarins mit 830 Milligramm pro Kilogramm einen sehr hohen Gehalt dieser Verbindungen auf. Pressesprecherin Carine Delorme: «Die in Kosmetika eingesetzten Konzentrationen zeigen keine Beeinträchtigungen.» Delorme weist allerdings darauf hin, dass ein EU-Komitee in Brüssel die gesundheitsrelevanten Daten nochmals prüft.
Nivea Visage: Zu viele Formaldehydabspalter
Sieben der untersuchten Cremes kommen nicht ohne bedenkliche Konservierungsmittel aus: Sie enthalten halogenorganische Verbindungen oder Formaldehydabspalter - bei Garnier Re-Density und Olay Provital fanden die Tester sogar beide Substanzen. Formaldehyd und Formaldehydabspalter können die Schleimhäute reizen und allergische Reaktionen auslösen; zudem gilt der Stoff als krebsverdächtig.
Formaldehydabspalter stecken auch in L'Oréal Dermo-Expertise und Nivea Visage. Den höchsten Anteil enthielt Nivea Visage. «Die Tagescreme enthält DMDM Hydantoin», erklärt Produzent Beiersdorf, «dieser Konservierungsstoff spaltet in sehr kleinen Mengen Formaldehyd ab.» Der Abspalter sei in dieser Konzentration aber besonders hautvertäglich.
Olay Provital: Schlechte Noten auf der ganzen Ebene
Von den 15 untersuchten Gesichtsremes fanden sich in Olay Provital besonders viele Problemstoffe; das Produkt enthält sowohl Formaldehyd als auch halogenorganische Verbindungen und polyzyklische Moschusverbindungen. Hersteller Procter & Gamble vertritt den Standpunkt, dass «weder die Gesundheit noch die Umwelt durch die in Kosmetika eingesetzten üblichen Konzentrationen beeinträchtigt werden».
Unbedenkliche Tagescremes müssen nicht teuer sein
Fazit des saldo-Tests: Der Preis eines Produktes lässt keine Rückschlüsse auf problematische Inhaltsstoffe zu. Günstige Produkte wie Jana face oder Coop Naturaline kommen ebenso ohne diese aus wie etwa die teure Creme von Sans Soucis.
Umgekehrt heisst es nicht, dass teure Produkte frei sind von problematischen Stoffen - das zeigt das Beispiel Clarins. Interessant: Vor allem Produkte aus französischem Haus - egal in welcher Preislage - enthalten polyzyklische Moschusverbindungen.
Allergene Duftstoffe
Die EU verschärft die Deklarationsvorschriften für allergene Duftstoffe.
Nach Nickel sind Duftstoffe die häufigste Ursache für Hautallergien. Ab März 2005 müssen laut EU-Vorschrift 26 Duftstoffe deklariert werden, die häufiger als andere mit allergischen Reaktionen in Zusammenhang stehen. Bislang durften Duftstoffe unter dem Oberbegriff Parfüm zusammengefasst werden; die neue Richtlinie soll es Allergikern erleichtern, sich vor unerwünschten Reaktionen zu schützen.
Zu den 26 Duftstoffen gehören 8 Substanzen, die sich ausschliesslich synthetisch herstellen lassen. Die übrigen Stoffe können natürlicherweise in ätherischen Ölen vorkommen oder chemisch hergestellt werden - darunter etwa Limonen, Farnesol, Citronellol oder Eichenmoosextrakt.
7 der 26 Riechsubstanzen werden in einem Duftstoffmix von dermatologischen Kliniken oft eingesetzt, um Duftstoffallergien auf die Spur zu kommen; rund 60 Prozent der Duftstoffallergiker können so erfasst werden.
Neben dem Duftstoffmix ruft vor allem Lyral Reaktionen hervor, gefolgt von Citral und Farnesol.
Bei Kosmetikartikeln wie Cremes, die auf der Haut verbleiben, müssen die Hersteller die Duftstoffe einzeln deklarieren, wenn sie eine Konzentration von 10 Milligramm pro Kilogramm überschreiten. Bei abwaschbaren Produkten wie Duschgel oder Shampoo ist eine höhere Konzentration erlaubt.
Die neue Regelung gilt vorerst nur für den EU-Raum, doch das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit hat angekündigt, die Richtlinien zu übernehmen.