Mit der Lupe auf der Suche nach Fruchtstücken
Auf den Bechern sind pralle Früchte abgebildet, doch in den Erdbeerjoghurts sind sie rar. Dafür steckt umso mehr Zucker drin.
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saldo 8/2004
28.04.2004
Sigrid Cariola
Schweizer Konsumenten essen gern Joghurt: rund 17 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Und sie lieben Früchte - das bestätigen etwa Geschmackstests, die der Discounter Denner regelmässig durchführt. «Beim Aroma gehen die Meinungen auseinander», sagt Urs Dreier, Leiter Qualitätssicherung, doch in einem Punkt seien sich die Testpersonen einig: «Ein Joghurt soll möglichst viele Fruchtstücke enthalten.»
saldo liess unter diesem Aspekt ein knappes Dutzend Erdbeerjoghurts untersuchen...
Schweizer Konsumenten essen gern Joghurt: rund 17 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Und sie lieben Früchte - das bestätigen etwa Geschmackstests, die der Discounter Denner regelmässig durchführt. «Beim Aroma gehen die Meinungen auseinander», sagt Urs Dreier, Leiter Qualitätssicherung, doch in einem Punkt seien sich die Testpersonen einig: «Ein Joghurt soll möglichst viele Fruchtstücke enthalten.»
saldo liess unter diesem Aspekt ein knappes Dutzend Erdbeerjoghurts untersuchen. Mageres Ergebnis im Labor: Bei den meisten Joghurts muss man mit der Lupe auf die Suche gehen. Fruchtstückchen, die grösser sind als zwei Millimeter, machen in der Regel nur gerade einen Viertel des deklarierten Fruchtanteils aus.
Coop-Joghurts enthielten am wenigsten Früchte
Das Erdbeerjoghurt, das mit Abstand am meisten Fruchtstücke enthält, ist LC 1 von Nestlé: Umgerechnet auf 100 Gramm Joghurt sind es 5,8 Gramm - das entspricht knapp einer halben Erdbeere. Bei allen anderen Anbietern bleibt von der Frucht noch weniger übrig: Bei Denner sind es 2,9 und bei Toni 2,8 Gramm.
Am wenigsten Freude dürften Früchteliebhaber an den beiden Coop-Joghurts haben: Mit 0,6 (Naturaplan) und 1,2 Gramm (normal) lassen sich hier kaum noch Erdbeerteile finden. Laut Deklaration haben die Joghurts einen Fruchtanteil zwischen 6,5 und 11 Prozent. Wie kommt es zu dieser Diskrepanz zwischen Fruchtstücken und Fruchtanteil?
Hans Rudolf Hunziker vom Kantonslabor St. Gallen: «Ob als Stückchen oder Gelee - in welcher Form die Hersteller ihren Joghurts den Fruchtanteil zusetzen, ist nicht vorgeschrieben.» Die Unternehmen verweisen zudem auf den Herstellungsprozess, bei dem die Erdbeeren «vermusen». Nestlé-Sprecher Philipp Oertle: «Beim Kochen und Schneiden tritt viel Saft aus den Erdbeeren aus, und das beeinflusst Gehalt und Grösse der Fruchtfragmente.»
Coop stellt sich auf den Standpunkt, relevant sei allein die eingesetzte Menge von Erdbeeren. Jörg Birnstiel: «Möglichst kleine Fruchtsstücke bewirken eine homogene Verteilung und ein schmackhafteres Produkt.»
Bis zu sechs Stück Würfelzucker in einem Becher
Die Fruchtmasse gibt dem Joghurt Geschmack, der Zucker verstärkt ihn. saldo wollte deshalb wissen, wie viel Zucker in den Erdbeerjoghurts enthalten ist. Das Labor untersuchte den Gehalt an Fruchtzucker (Fructose), Kristallzucker (Saccharose) und Traubenzucker (Glucose). Resultat: In allen Joghurts ist der Anteil an Saccharose mit Abstand am grössten. Er variiert zwischen 6,5 und 10 Gramm pro 100 Gramm Joghurt.
Insgesamt am meisten Zucker enthalten die Erdbeerjoghurts der Marken Amselspitz, Nestlé Hirz und Excellence. Umgerechnet auf einen 180-Gramm-Becher sind es zwischen 20 und 24 Gramm. Das entspricht fünf bis sechs Stück Würfelzucker.
Fredy Niederberger von der Molkerei Buttikon SZ zum hohen Zuckeranteil im Amselspitz-Joghurt: «Unsere Erdbeeren werden nicht gekocht, wir brauchen den Zucker als Konservierungsmittel. Zudem verzichten wir auf Aromastoffe.»
Vergleichsweise wenig Zucker enthalten das Denner- und das normale Migros-Produkt. Doch auch hier entspricht die Zuckermenge 4 bis 4,5 Kaffeelöffeln. «Kaum jemand würde so viel Zucker in ein Naturjoghurt rühren», sagt Esther Infanger von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung.
Milde Joghurts enthalten eher weniger Zucker
Ein Vergleich mit Untersuchungen von 1998 zeigt, dass die Joghurts nicht mehr Zucker enthalten als in früheren Jahren - zum Teil sogar weniger. «Der Grund liegt vor allem darin, dass heute Joghurtkulturen verwendet werden, die ein milderes Joghurt ergeben», erklärt Pius Eberhard von der Forschungsanstalt für Milchwirtschaft Agroscope Liebefeld-Posieux. Den hohen Zuckeranteil im Toni-Joghurt erklärt Emmi-Sprecher Stephan Wehrle denn auch damit, dass dieses durch die klassischen Joghurtstämme hergestellt wird, die ein eher säuerliches Joghurt produzieren.
Für Ernährungsberater gibt es ein einfaches Mittel, den Zuckeranteil im Joghurt zu reduzieren: einen Becher Naturjoghurt mit einem Becher Fruchtjoghurt mischen. Esther Infanger: «Was jemand als süss empfindet, hängt von seinen Süssgewohnheiten ab. Diese lassen sich ändern.» Wer in die eigene Mischung noch zwei Erdbeeren schneidet, erhält ein Joghurt, das punkto Fruchtanteil und Stückchengrösse alle getesteten Joghurts weit hinter sich lässt.
Mokka als Spitzenreiter
Die Rangliste der beliebtesten Joghurtaromen ist in der Schweiz seit Jahren unverändert: An erster Stelle steht Mokka, gefolgt von Erdbeer, Nature, Chocolat und Haselnuss. Auch in den Mokkajoghurts ist der Zuckeranteil relativ hoch: zwischen 9,2 (Engagement, Migros) und 9,9 Gramm (Toni) pro 100 Gramm Joghurt. Das sind umgerechnet auf das 180-Gramm-Glas 4 bis 4,5 Würfelzucker.