Hersteller L’Oréal behauptet von seinem Lippenstift, er sei «cremig, luxuriös und pflegend». Und The Body Shop verspricht: «Die butterweiche Textur schenkt Pflege über Stunden.» Fakt ist: Die beiden Marken sind die Schlusslichter im saldo-Test.
Lippenstifte enthalten Fette und Wachse. Diese sollten für Glanz und Pflege sorgen und ohne Schadstoffe auskommen. Denn: Die aufgetragenen Materialien bleiben meist nicht nur auf der Lippe. Sie werden teilweise verschluckt.
Täglich bis zu 57 Milligramm Fett, Wachs und Farbe
Der Ausschuss für Verbrauchersicherheit der Europäischen Union schätzt, dass eine Frau täglich bis zu 57 Milligramm Fette, Wachse und Farben von Lippenstiften zu sich nimmt. Trägt sie jeden Tag Lippenstift auf, sind das 20 Gramm oder rund fünf Lippenstifte pro Jahr.
saldo und die TV-Sendung «Kassensturz» wollten wissen, welche Stoffe in den Make-up-Produkten stecken. Ein Labor untersuchte 14 rote Lippenstifte auf den Anteil künstlicher Fette wie Paraffine und Silikone. Die Experten suchten auch nach allergenen Duftstoffen, Konservierungsstoffen und Phthalaten (Weichmachern).
Resultat: Zwei Produkte schnitten mit einer sehr guten Gesamtnote ab. Im Lippenstift «Beautiful Lips In-tense» von Lavera fand das Labor nur Kleinstmengen eines allergenen Stoffes. Der Lippenstift der Naturkosmetiklinie hat aber seinen Preis: Pro 10 Gramm sind es Fr. 30.90. Dieselbe Menge des Stifts «Velvet Ruby 13» der Lidl-Eigenmarke Cien kostet nur Fr. 10.50. Er enthielt nur sehr geringe Mengen der künstlichen Fette auf Mineralöl- und Silikonbasis und keine anderen heiklen Stoffe. Dafür gab es ebenfalls eine sehr gute Gesamtnote.
Abzug wegen heiklen Mineral- und Silikonölen
Die meisten Hersteller verwenden Mineral- und Silikonöle: Sie bilden eine dünne, wasserabweisende Schicht auf den Lippen. Das schützt die Haut und sorgt für den Glanz im Lippenstift. Mineral- und Silikonöle sind günstiger als natürliche Wachse und verursachen keine Allergien. Sie können jedoch die Lippen austrocknen. Studien gehen zudem davon aus, dass sie bei der Aufnahme via den Mund Ablagerungen in der Milz und in der Leber bilden können.
Lebensmittelhersteller versuchen daher, die Mineralölgehalte zu reduzieren. Besonders heikel ist Mineralöl, wenn es aromatische Kohlenwasserstoffe (MOAH) enthält. Dieser Schadstoff gilt als potenziell erbgutverändernd und krebserregend. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bezeichnet die Aufnahme von MOAH über die Nahrung als «potenziell besorgniserregend». Da Lippenstiftbestandteile ebenfalls gegessen werden, bewertete saldo MOAH streng: Falls vorhanden, gab es eine halbe Note Abzug.
Nur gerade sechs Produkte kamen ohne diesen Schadstoff aus, darunter der «Long Lasting Lipstick» von Essence. Dieser Stift ist das billigste Produkt im Test. Er enthielt zudem wenig künstliche Fette. Das ergab eine gute Gesamtnote.
Zwei Stifte bestehen fast zu einem Fünftel aus Mineralöl
Am meisten Mineralöl enthielten die Stifte «Mega Last Lip Color» von Wet n Wild und «Colour Crush» von Body Shop. Sie bestanden fast zu einem Fünftel aus Mineralöl. In beiden fand das Labor auch MOAH. Der Body-Shop-Stift ist mit Fr. 71.15 pro 10 Gramm der zweitteurste im Test. Er enthielt ausserdem den stark allergenen Duftstoff Hydroxycitronellal. Er kann zu Hautausschlägen und -reizungen führen. Auch der L’Oréal-Lippenstift enthielt diesen Stoff.
saldo bemängelte den Einsatz dieses Stoffes im L’Oréal-Lippenstift bereits im letzten Test (Ausgabe 8/2011). Das Labor fand im L’Oréal-Stift nebst aromatischen Kohlenwasserstoffen auch heikle dünnflüssige gesättigte Kohlenwasserstoffe (MOSH). Der Fachverband Cosmetics Europe empfiehlt Lippenstiftherstellern, auf diese Stoffe zu verzichten. Der L’Oréal-Stift belegt den letzten Platz im Test.
L’Oréal schreibt, dass der Lippenstift kein Gesundheitsrisiko darstelle: «Der Mineralölgehalt ist für Verbraucher unbedenklich.» Auch Wet n Wild und Body Shop bezeichnen ihre Produkte als sicher: «Der Lippenstift unterschreitet die vom Gesetz vorgebenen Grenzwerte für Inhaltsstoffe deutlich», schreibt Body Shop. «Max Factor»-Hersteller Coty schreibt zudem, dass die verschluckte Menge an Mineralöl selbst im schlimmsten Fall sehr niedrig sei.
Immerhin: Das Labor fand in keinem Lippenstift heikle Konservierungsstoffe wie Parabene oder Phthalate (Weichmacher). Diese Stoffe stehen im Verdacht, wie Hormone zu wirken und Tumore zu fördern.
So wurde getestet
Das Labor SGS Institut Fresenius in Taunusstein (D) untersuchte im Auftrag von saldo und «Kassensturz» 14 Lippenstifte auf ihre Inhaltsstoffe:
Paraffine und Silikonöle: Paraffine sind künstliche Fette, die aus Mineralöl hergestellt werden. Auch Fette aus Silikon werden in Kosmetika häufig verwendet. Diese künstlichen Fette gelten als heikel. Sie stehen im Verdacht, sich im Körper abzulagern. Ein spezialisiertes Labor analysierte alle Produkte auf ihren Gehalt an Paraffin und Silikon.
MOAH und MOSH: Das Labor untersuchte, ob das verwendete Mineralöl aromatische (MOAH) oder gesättigte Kohlenwasserstoffe (MOSH) enthält. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung rät Herstellern, MOAH möglichst zu vermeiden. Diese gelten als potenziell krebserregend. MOSH gelten als heikel, wenn sie dünnflüssig sind.
Allergene Duftstoffe: Die Duftstoffe sind in drei Kategorien unterteilt: In den Kategorien A und B sind die Stoffe mit dem höchsten Allergiepotenzial. Dazu gehören zum Beispiel Eichenmoos, Zimtalkohol und Hydroxycitronellal.
Konservierungsstoffe und Phthalate: Beide Konservierungsstoffe stehen im Verdacht, hormonähnlich zu wirken und Tumore zu begünstigen.