Keine guten Noten für elektronische Wörterbücher
Kleine Sprachcomputer sollen beim Übersetzen helfen. Doch im saldo-Test gaben die geprüften Modelle wenig her. Die Übersetzungen haben Unterhaltungswert, helfen aber im Alltag kaum weiter.
Inhalt
saldo 11/2005
08.06.2005
Claudine Gaibrois, Jeannette Büchel, Julia Wyss
Carciofini, fagioli oder fegato: Wenn der Kellner in der toskanischen Trattoria nicht zufällig Deutsch spricht, ist die Speisekarte für viele Touristen kaum verständlich. Für solche Situationen bietet die moderne Technik eine Alternative zum guten alten Wörterbuch. Dies zumindest verspricht die Werbung für die kleinen Sprachcomputer, die in Buchhandlungen, Grossverteilern und Elektronikmärkten erhältlich sind.
Marktführer sind Franklin und Hexaglot
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Carciofini, fagioli oder fegato: Wenn der Kellner in der toskanischen Trattoria nicht zufällig Deutsch spricht, ist die Speisekarte für viele Touristen kaum verständlich. Für solche Situationen bietet die moderne Technik eine Alternative zum guten alten Wörterbuch. Dies zumindest verspricht die Werbung für die kleinen Sprachcomputer, die in Buchhandlungen, Grossverteilern und Elektronikmärkten erhältlich sind.
Marktführer sind Franklin und Hexaglot
saldo nahm sechs elektronische Wörterbücher der beiden wichtigsten Anbieter - der US-Firma Franklin und ihrer deutschen Konkurrentin Hexaglot - unter die Lupe. Berücksichtigt wurden nur günstige Modelle in der Preisspanne zwischen 30 und 130 Franken, die mindestens die fünf Sprachen Deutsch, Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch enthalten: Euro Interpreter TG 470, Euro Interpreter TG 450, Euro Interpreter TWE-118 D und Speaking 5-Language Translator CET-180 von Franklin sowie Traveller West und Voice Travel Mate von Hexaglot.
Beim Test wurde in erster Linie darauf geachtet, wie gut Wörter und Formulierungen aus dem Deutschen in die Fremdsprachen und umgekehrt übersetzt werden. In zweiter Linie untersuchte saldo die Benutzerfreundlichkeit der Geräte - und drittens wurde getestet, wie schnell die Geräte eine Übersetzung liefern (siehe Tabelle). Zur Ermittlung der Übersetzungsgeschwindigkeit wurden 16 Wörter pro Gerät vom Deutschen in die verschiedenen Fremdsprachen übersetzt - danach erfolgte das Prozedere in umgekehrter Reihenfolge.
Wichtigstes Kriterium: Qualität der Übersetzung
Die Benutzerfreundlichkeit und die Zuverlässigkeit der gelieferten Übersetzungen liess saldo von einem Expertenteam testen: Fünf Absolventinnen des Studiengangs «Übersetzen» der Zürcher Hochschule Winterthur prüften, ob sich innert fünf Minuten mit Hilfe der Bedienungsanleitung der jeweiligen Geräte ein Wort vom Deutschen in eine Fremdsprache übersetzen liess. Je nachdem, ob dies gelang oder nicht, erhielt ein Gerät mehr oder weniger Punkte. Danach erteilten die Studentinnen den Geräten eine allgemeine Note für die Handhabung.
Die Qualität der Übersetzung als wichtigstes Testkriterium beurteilten die Studentinnen anhand verschiedener Beispiele. saldo liess im Vorfeld des Tests die Geräte jeweils fünf Wörter aus dem Deutschen in die vier getesteten Fremdsprachen Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch übersetzen und umgekehrt. Es wurde darauf geachtet, eine breite Palette an Begriffen auszuwählen, die auf Reisen wichtig sind: Situationen beim Arzt waren ebenso abgedeckt wie solche im Restaurant und Hotel oder Themen rund um Transportmittel. Je nach Qualität der Übersetzung verteilten die Studentinnen bessere oder schlechtere Noten.
Grösste Fehlerquelle: Computer haben zu kleinen Wortschatz
In diesem Punkt vermochten die Geräte nicht zu überzeugen - keines kam in der Gesamtbeurteilung über die Note «genügend» hinaus. Die elektronischen Wörterbücher fanden viele Begriffe gar nicht. In diesem Fall suchen sie häufig nach ähnlichen Wörtern und übersetzen diese. So entstehen je nachdem kuriose Missverständnisse. Der Traveller West von Hexaglot übersetzt etwa das spanische «bucear» (tauchen) mit «gut» (von «bueno») oder die «almejas» (Venusmuscheln) mit «Mandel» (von «almendra»). Ähnliches passiert auch bei Franklin: Das Wort «Höhle» etwa existiert nicht - stattdessen übersetzen die Geräte das Wort «heilen».
Voice Travel Mate: Schlecht beim Übersetzen ins Deutsche
Während die Testpersonen die Qualität der Übersetzungen vom Deutschen ins Englische, Französische, Italienische und Spanische bei allen Geräten etwa ähnlich beurteilten, zeigten sich im umgekehrten Fall durchaus Unterschiede. Liefern die Franklin-Modelle Euro Interpreter TG 470, Euro Interpreter TG 450 und Euro Interpreter TWE-118 D genügende Übersetzungen, schneidet bei diesem Kriterium insbesondere der Voice Travel Mate von Hexaglot schlecht ab. Wer etwa auf einer italienischen Speisekarte «acciughe» oder «polpette» antrifft, findet mit Hilfe dieses Geräts nicht heraus, dass es sich um Sardellen beziehungsweise Hackfleischbällchen handelt. Gleiches gilt für die spanischen «berenjenas» (Auberginen) oder die englischen «beetroots» (Randen).
Aus «Polpette» werden «Königsberger Klopse»
Wer mit Hilfe der elektronischen Wörterbücher Zeitungen wie die «Times», den «Corriere della sera» oder «Le monde» lesen will, ist völlig aufgeschmissen. Dasselbe gilt übrigens für typisch schweizerische Begriffe wie etwa «Coiffeur»: Keines der getesteten Geräte wusste mit diesem Wort etwas anzufangen. Die Orientierung am deutschen Markt zeigt sich auch, wenn ein Gerät eine Übersetzung liefern kann: Drei der elektronischen Dolmetscher von Franklin kennen zwar die «polpette», bezeichnen sie aber auf Deutsch als «Königsberger Klopse».
Die zwei Hersteller kommentieren die Ergebnisse unterschiedlich. Franklin bestätigt die saldo-Ergebnisse bis zu einem gewissen Grad mit der Aussage: Die getesteten Geräte seien, «was Qualität und Preis anbelangt, im unteren bis mittleren Bereich». Hexaglot rechtfertigt sich unter anderem, der Voice Travel Mate sei kein eigentliches Wörterbuch, sondern nur «eine feste Datenbank mit Redewendungen». Und der Traveller West sei für allgemeine Touristen entwickelt und enthalte kein spezielles Vokabular.
Gesamtresultat: Für die Übersetzung von Wörtern ungeeignet
Fazit für alle Freunde moderner Technik unter den Reiseliebhabern: Befriedigende Übersetzungen von Wörtern, die in verschiedenen Situationen im Ausland wichtig sein können, liefert keines der getesteten Geräte. Auch nicht das mit 129 Franken teuerste, obwohl es insgesamt immer noch besser abschneidet als das mit 30 Franken billigste. Dass manche Geräte benutzerfreundlicher und schneller sind als die anderen, tröstet über diesen enttäuschenden Befund wenig hinweg.
So kommen Sie zum Wortschatz
Für unterwegs sind Reisewörterbücher eine günstige und oft auch bessere Alternative zu den elektronischen Übersetzungshilfen. Sie bieten neben einem kleinen Wörterbuch zahlreiche einfache Sätze und Redewendungen, die helfen, sich in Situationen wie am Bahnschalter, im Restaurant oder in der Apotheke zurechtzufinden.
Verschiedene Verlage wie Langenscheidt, Klett, Marco Polo oder Polyglott haben Reisewörterbücher für diverse Sprachen im Sortiment - sie kosten meist zwischen 12 und 20 Franken.
Neben den einfach ausgestatteten Reise-Sprachcomputern bieten die Hersteller auch professionellere Geräte an, die sich für Schule, Beruf und Studium eignen - beispielsweise den Professor Pro BDS-1860 von Franklin. Mit 299 Franken ist dieses Gerät wesentlich teurer, bietet dafür aber eine komfortablere Tastatur, einen grösseren Bildschirm und knapp drei Millionen Einträge in Deutsch und Englisch.
Für weitere Sprachen gibt es auswechselbare Speicherkarten. Neben der Wörterbuchfunktion verfügt das Gerät über ein Synonymlexikon, eine Kurzgrammatik, Verbkonjugationen, Lernspiele sowie eine Sprachausgabe. Ähnliche Modelle gibt es von Casio und Hexaglot.
Sprachprofis arbeiten häufig mit Wörterbüchern auf CD-ROM. Via Computer lässt sich wesentlich schneller auf das gesuchte Wort zugreifen, das umständliche Blättern im Wörterbuch entfällt. Die CD-ROMs eignen sich für alle, die häufig am Bildschirm arbeiten; sie haben auch den Vorteil, dass sie regelmässig aktualisiert werden können.
Einzig Macintosh-Benützer haben das Nachsehen, denn viele der digitalen Wörterbücher funktionieren nur auf dem PC. Angeboten werden die Wörterbücher auf CD-ROM von diversen Verlagen. Sie kosten je nach Anzahl Einträgen zwischen 50 und 200 Franken.
Wer nur mal ein einzelnes Wort nachschlagen möchte, kann auch auf die kostenlosen Online-Wörterbücher im Internet zurückgreifen. Die Seite http://dict.leo.org/ übersetzt deutsche Begriffe ins Englische und Französische - und umgekehrt. Unter www.pons.de lassen sich Wörter in Italienisch, Spanisch, Französisch, Englisch und Polnisch nachschauen.