Die saldo-Testredaktion liess 20 Proben Kartoffeln untersuchen. Sie stammten laut Deklaration aus der Schweiz, Italien, Zypern und Frankreich und kosteten pro Kilogramm zwischen Fr. 1.50 und Fr. 17.80. Spezialisierte Labors suchten nach über 500 Pestiziden, Schwermetallen und Solanin, einem von den Pflanzen selbst produzierten Gift (siehe «So wurde getestet»).
Das Ergebnis: Nur die «Naturaplan Bio Raclette-Kartoffeln» von Coop erhielten das Prädikat «gut». Die Experten fanden darin keinerlei Pestizidrückstände und nur kleine Mengen Schwermetalle sowie Solanin.
Jede zweite Kartoffel im Test war hoch bis sehr hoch mit heiklen Stoffen belastet. Nur die fünf Bio-Produkte waren frei von Pestiziden. In den übrigen 15 Kartoffeln fanden die Experten fünf Schadstoffe. Zwei Produkte aus dem Globus waren sehr stark mit Pestiziden belastet. Kein Produkt überschritt die gesetzlichen Grenzwerte. Diese sind aber in erster Linie auf die Landwirtschaft abgestimmt, nicht auf die Gesundheit der Konsumenten.
Oft wird ein Unkrautvernichter als Keimhemmer eingesetzt
14 Kartoffeln enthielten Chlorpropham. Dieser Unkrautvernichter dient auch während der Lagerung als Keimhemmer. Er steht in Verdacht, Krebs zu erregen. Chlorpropham dringt bis in das Innere der Kartoffeln ein. Daher reicht es nicht, die Knollen zu waschen oder zu schälen. In Deutschland müssen mit Keimhemmer behandelte Kartoffeln mit dem Hinweis «Nach der Ernte behandelt» deklariert sein. In der Schweiz besteht diese Pflicht nicht. 2006 wurde der Höchstgehalt gar von 5 mg/kg auf 10 mg/kg angehoben (
«K-Tipp» 8/2013).
Das Labor fand in allen Proben Metalle. Die italienischen Spar-Kartoffeln wiesen mehr Kadmium auf als in der Schweiz erlaubt. Sie hätten nicht verkauft werden dürfen. Das krebserregende Schwermetall reichert sich in Leber und Nieren an. Kadmium gelangt auch durch andere Lebensmittel, Tabak, Hausstaub und die Atemluft in den Körper.
Die Kartoffeln von Spar und die «Migros Sélection Raclette» enthielten viel Nickel. Bei Allergikern kann die Aufnahme von Nickel Ekzeme auslösen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit empfiehlt auch Nichtallergikern, täglich höchstens 2,8 Mikrogramm Nickel pro Kilo Körpergewicht aufzunehmen. Dieser Wert ist mit dem Essen von rund 300 Gramm der Spar-Kartoffeln und 600 Gramm der Migros-Knollen erreicht.
Auffallend waren die hohen Mengen Solanin in den Kartoffeln. Ursache können beispielsweise ungünstige Anbau- und Lagerbedingungen sein (siehe Kasten «Wie sich die Aufnahme von Solanin verringern lässt»). Vor allem grüne, keimende und beschädigte Knollen enthalten viel von diesem Bitterstoff. Solanin ist hitzeresistent, wird also beim Kochen nicht zerstört. Bei einer leichten Vergiftung leiden Betroffene an Kopfschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Bei schwerem Verlauf wurden Angstzustände, Krämpfe und Sehstörungen beobachtet. Im schlimmsten Fall können Herzschwäche, Atemnot und Atemlähmung zum Tod führen. Symptome einer Vergiftung treten 4 bis 19 Stunden nach dem Essen auf.
Laut dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung sollte ein Kilo frische Kartoffeln weniger als 100 Milligramm Solanin enthalten. Sechs Proben überstiegen diesen Wert – am deutlichsten die «Schweizer Bergkartoffeln Parli» aus dem Jelmoli mit 170 mg/kg und die «Migros Bio-Patatli» mit 180 mg/kg Solanin. Durch eine falsche Lagerung zu Hause steigt der Solaningehalt zusätzlich an.
In der Schweiz und in der EU gibt es keinen gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgehalt. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit schreibt: «Der Stoff ist bei korrekter Produktion und Lagerung in gesundheitlich unbedenklichen Mengen in den Kartoffeln vorhanden.» Die Lebensmittelbetriebe seien zur Selbstkontrolle verpflichtet.
Globus verspricht verschärfte Wareneingangskontrollen
Die Migros schreibt zum Solanin, dass man die Gehalte wegen des natürlichen Vorkommens und den entsprechenden Schwankungen nicht überprüfe. Ausserdem gebe es keine gesetzlichen Grenzwerte. Das gelte auch für Nickel. Coop hält sich beim Thema Solanin «grundsätzlich an die Empfehlungen des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertungen». Laut Globus sind «grüne Stellen und Auskeimungen Qualitätsfaktoren, die wir bei der Warenannahme überprüfen». Aufgrund der erhöhten Pestizid- und Solaninwerte werde man «die Wareneingangskontrolle verschärfen und mit den Lieferanten umgehend die Qualität prüfen». Denner verweist darauf, dass der Solaningehalt je nach Temperatur und Beleuchtung auch in den Verkaufsregalen zunehmen könne. Grüne Kartoffeln würden im Laden aussortiert. Spar schreibt, dass die getesteten Kartoffeln aus Italien «nicht im Standardsortiment» seien. Lidl sagt, man liege bei allen Werten unter den gesetzlichen Höchstwerten.
Wie sich die Aufnahme von Solanin verringern lässt
Zu viel Solanin lässt sich gut vermeiden. Acht Tipps.
Der Solaningehalt wird durch Wachstumsbedingungen der Kartoffeln ebenso beeinflusst wie durch Witterung, Reifezustand, Anteil grüne Stellen und Keime, Verletzungen, Lichteinflüsse, Lagerung und Temperatur. Folgende Tipps helfen, die Aufnahme von Solanin möglichst gering zu halten:
- Kartoffeln kühl, dunkel und trocken lagern.
- Vor Licht schützen.
- Alte, eingetrocknete, grüne oder stark keimende Kartoffeln nicht essen.
- Keine grünlichen oder keimenden Kartoffeln kaufen.
- Solanin befindet sich grösstenteils in den Schalen. Wer die Schalen essen will, sollte nur einwandfreie frische Kartoffeln verwenden.
- Kleinere Kartoffeln enthalten tendenziell mehr Solanin, da sie im Verhältnis zum Volumen mehr Schale aufweisen.
- Kleine Kinder sollten nur geschälte Kartoffeln essen.
- Solanin geht zum Teil ins Kochwasser über. Daher Kochwasser von Kartoffeln nicht wiederverwenden.
So wurde getestet
Spezialisierte Labors haben für saldo 20 Proben abgepackte und offen verkaufte Kartoffeln aus dem In- und Ausland getestet. Die Prüfpunkte:
Pestizide: Es wurde nach Rückständen von über 500 Pestiziden gesucht.
Schwermetalle: Ein Labor prüfte die Proben auf Blei, Kadmium, Kupfer, Nickel und Uran. Diese Metalle kommen natürlicherweise in Böden vor, gelangen aber auch durch Luftverschmutzung oder die Landwirtschaft in die Natur. Die Stoffe können laut Studien Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer verursachen.
Solanin: Kartoffeln und andere Nachtschattengewächse wie Tomaten und Auberginen bilden diesen Bitterstoff. Solanin kommt bei Kartoffeln besonders in Schalen, Keimen und «Augen» (Ausgangspunkte für Keime) in erhöhten Konzentrationen vor. Der Stoff wird auch durch starkes Erhitzen nicht zerstört. Gemäss dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung sollten Kartoffeln weniger als 100 mg/kg Solanin aufweisen.