Irrfahrt durch den Tarifdschungel
Mit undurchsichtiger Preispolitik machen Autoverleiher ihren Kunden das Leben schwer. saldo hat die Auslandangebote der grössten Anbieter verglichen und sagt, wie man nicht ins Schleudern gerät.
Inhalt
saldo 15/2004
29.09.2004
Sigrid Cariola
Wer im Ausland spontan ein Auto leihen will, kommt auf die Welt: Der Vertrag ist meist nur in der Landessprache vorhanden, bestenfalls noch in Englisch. Die Angestellten am Schalter reden für Laien unverständlich von «Super-CDW» und «TP» mit dem Resultat, dass am Ende alles viel teurer ist, als der Kunde dachte.
Tatsächlich fährt deutlich günstiger, wer seine Mobilität vor den Ferien plant und von zu Hause aus bucht. So lässt sich auch in Ruhe entscheiden, ob man im Fal...
Wer im Ausland spontan ein Auto leihen will, kommt auf die Welt: Der Vertrag ist meist nur in der Landessprache vorhanden, bestenfalls noch in Englisch. Die Angestellten am Schalter reden für Laien unverständlich von «Super-CDW» und «TP» mit dem Resultat, dass am Ende alles viel teurer ist, als der Kunde dachte.
Tatsächlich fährt deutlich günstiger, wer seine Mobilität vor den Ferien plant und von zu Hause aus bucht. So lässt sich auch in Ruhe entscheiden, ob man im Fall von Diebstahl oder Unfall einen hohen Selbstbehalt in Kauf nimmt oder ob man sich dagegen versichern will - etwa mit einer TP (Thief Protection) oder einer Super-CDW (Collision Damage Waiver).
Bis zu 300 Franken Unterschied für das gleiche Angebot
Grosse Autovermieter wie Avis, Budget, Hertz, Europcar, Sixt und Holiday Autos sind fast überall auf der Welt vertreten. saldo verglich die Tarife im Internet und wollte bei einer telefonischen Stichprobe wissen, welcher Vermieter die günstigsten Preise offeriert.
Abgefragt wurden die Tarife für die Woche vom 9. bis 16. Oktober an fünf Feriendestinationen in Frankreich, Irland, Italien, Portugal und Spanien. Die Vorgaben für die Telefonistinnen und Telefonisten in den Callcentern: unbegrenzte Kilometerzahl, ein Wagen der Kategorie Economy, mindestens viertürig - zum Beispiel ein Opel Corsa, ein Fiat Punto, ein VW Polo, ein Renault Clio oder ein Peugeot 206; die Bezahlung erfolge im Voraus - der Wagen werde am Flughafen entgegengenommen und dort auch wieder abgegeben. saldo erkundigte sich dabei sowohl nach dem normalen Tarif als auch nach jenem, der jeglichen Selbstbehalt gegen Unfall und Diebstahl ausschliesst.
Das ernüchternde Resultat: Der Markt ist undurchsichtig, es existieren keine Regeln und die Preisunterschiede sind enorm. So kostet ein Fahrzeug auf Korsika pro Woche beim günstigsten Anbieter 294 Franken (Holiday Autos), beim teuersten sind es gut 130 Franken mehr (Budget, Sixt Holiday Cars). Auf Mallorca beträgt die Differenz zwischen dem preiswertesten und dem teuersten Verleiher zirka 200 Franken, und auf Sardinien können es sogar bis zu 300 Franken sein, die der Feriengast zu viel bezahlt.
Ausschluss des Selbstbehalts: In Italien sehr teuer
Tief in die Tasche greifen müssen die Kunden vor allem dann, wenn sie die zum Teil hohen Selbstbehalte von bis zu 3000 Franken ausschliessen wollen. Besonders teuer zu stehen kommt dieses Sicherheitsbedürfnis in Italien: Mit rund 200 Franken extra lässt sich Hertz hier den Ausschluss des Selbstbehalts abgelten, Europcar und Avis verlangen 230 und Budget sogar 350 Franken.
Das treibt die Kosten für eine Woche Mobilität auf Sardinien auf bis zu 916 Franken hoch.
Mit Abstand der günstigste Anbieter ist auch hier Holiday Autos: Im Preis von 467 Franken ist der Selbstbehalt gegen Unfall und Diebstahl schon einberechnet. Der weltweit operierende Broker, der keine eigene Fahrzeugflotte unterhält, sondern vor Ort mit den Anbietern zusammenarbeitet, hat transparente Bedingungen: Der Ausschluss des Selbstbehalts kostet bei Holiday Autos 4 Franken pro Tag - immer und überall.
Bei Sixt Holiday Cars gilt hingegen: Wenn der Fahrer nicht fahrlässig gehandelt hat, wird der Selbstbehalt zurückerstattet - jedoch nur, wenn ein polizeilicher Unfallbericht dies bestätigt.
Alle übrigen Autovermieter haben in jedem Land andere Versicherungsbedingungen. So können Budget-Bucher den Selbstbehalt auf Korsika und in Portugal weder ausschliessen noch reduzieren. Hertz ermöglicht auf Korsika einen Ausschluss des Selbstbehalts bei Unfall, nicht aber bei Diebstahl und Vandalismus - für Nichteingeweihte ein wahrer Dschungel.
Fahrzeugkategorien von Land zu Land kaum vergleichbar
Aufreibend und zeitintensiv sind nicht nur die Vergleiche der Versicherungsbedingungen - bei den Fahrzeugkategorien zeigt sich das gleiche Bild: Je nach Anbieter werden die gleichen Automodelle verschiedenen Kategorien zugeordnet, manchmal variiert die Einteilung von Land zu Land, und das beim gleichen Anbieter. So rangiert der Opel Corsa bei Avis in Portugal in Kategorie B, in Italien jedoch in Gruppe C.
Und der Unterschiede sind noch mehr: Bei einigen Vermietern ist ein zweiter Fahrer je nach Destination gratis versichert, bei anderen kostet dieser Zusatz generell extra - und zwar bis zu 15 Franken pro Tag.
Und während mancher Autoverleiher Rabatte für Vielflieger, Besitzer eines SBB-Generalabos und TCS-Mitglieder anbietet, wollen andere von Reduktionen nichts wissen. Vergünstigungen bieten aber primär die teuren Verleiher wie Europcar oder Hertz.
Callcenter: Falsche Angaben an der Tagesordnung
Störend an der Odyssee durch die Mietwagenszene ist vor allem eins: Auf die Angaben aus dem Callcenter ist nicht in jedem Fall Verlass. Wer dreimal telefoniert, bekommt nicht dreimal die gleiche Auskunft. Einmal wurde statt des gewünschten viertürigen Wagens ein Zweitürer angeboten - ein anderes Mal gleich ein Fahrzeug aus einer teureren Klasse offeriert. Selbst Holiday Autos, der meist die günstigsten Preise bot, leistete sich Schnitzer und nannte für Mallorca und Faro Hochsommertarife.
Vor allem bei Fragen nach der Versicherung gerieten die Telefonisten ins Straucheln. Während es bei Avis und Hertz für den Ausschluss des Selbstbehalts Preisabweichungen im Rahmen von 20 bis 30 Franken gab, verlangte Budget bis zu 100 Franken mehr oder konnte gar keine Auskunft erteilen.
Eine Alternative zu den Callcentern ist das Internet. Bei allen Autovermietern kann man online buchen. Ein Quervergleich zeigt: Auch hier gibt es keine Faustregeln, die das Suchen und Vergleichen erleichtern. Während Holiday Autos als einziger Anbieter bei Telefon- und Internetbuchung identische Preise hat, weichen diese bei den anderen Anbietern voneinander ab. Hertz und Sixt Holiday Cars offerieren den Internetbuchern teilweise Vergünstigungen von 20 bis 40 Franken pro Woche. Aber nicht immer. 80 Franken günstiger fahren bei Hertz zurzeit Sardinienreisende, die übers Internet buchen. Und bei Sixt Holiday Cars auf Korsika gibt es immerhin noch 60 Franken Ermässigung. Doch das kann morgen schon wieder anders sein.
Aktionen: Mal bei Telefonbuchung, mal im Internet
Avis, Budget und Europcar sind bei einer Internetbuchung nicht unbedingt günstiger. Die drei Firmen empfehlen, auf ihren Websites nach Aktionen zu schauen. Da die Mietländer die Preise selbständig festlegen und auch bestimmen, zu welchem Zeitpunkt sie welchen Vertriebskanal fördern, gibt es mal im Callcenter, mal auf der Homepage das günstigere Angebot. Deshalb gilt für alle, die ein Auto mieten wollen: Ohne Fleiss kein guter Preis.
Zehn Fragen an die Autoverleiher
1. Wie viele Personen, wie viel Gepäck haben im Wagen Platz?
Unter der Kategorie A oder eins sind die günstigsten Fahrzeuge zu finden. Dazu gehören je nach Anbieter und Land mal ein Smart, mal aber auch ein viertüriger VW Polo.
2. Wie hoch ist der Selbstbehalt?
Der Selbstbehalt kann bei Unfall oder Diebstahl zum Teil sehr hoch sein - in Italien bei Budget und Avis bei einem Unfall 3000 Franken, bei Diebstahl um die 1200 Franken. Für Frankreich und Spanien verlangen die meisten Anbieter rund 1000 Franken.
3. Lässt sich der Selbstbehalt reduzieren?
Eine sogenannte Super-CDW schliesst bei Unfall jeden Selbstbehalt aus oder reduziert ihn auf 100 bis 200 Franken. Das ist jedoch nicht in jedem Land und bei jedem Anbieter möglich. Für den Fall eines Diebstahls ist oft noch eine weitere Versicherung nötig (TP).
4. Ist eine zweite Person als Fahrzeuglenker mitversichert?
Auf Mallorca bieten dies fast alle Verleiher gratis an, in Irland hingegen kostet es 11 bis 12 Franken pro Tag.
5. Ist die Kilometerzahl unbeschränkt?
In der Regel ja, vor allem an den typischen Feriendestinationen.
6. Muss der Wagen vollgetankt zurückgegeben werden?
Es gibt verschiedene Benzinregelungen. Wer im Voraus eine Tankfüllung bezahlt, erhält keine Rückerstattung, wenn er den Wagen mit halbvollem Tank retourniert. Und wenn der Autoverleiher den Tank füllt, kostet das einen Zuschlag. Die dritte, günstigste Variante: den Wagen vollgetankt zurückgeben.
7. Gibt es einen Zuschlag für Junglenker?
Ja. Bei Avis zum Beispiel beträgt dieser Zuschlag bei unter 25-Jährigen bis zu 22 Franken pro Tag. Wer einen Mercedes lenken will, muss mindestens 30 Jahre alt sein.
8. Welche Rabatte werden akzeptiert?
Bei einigen Anbietern bringen TCS-Mitgliedschaft, Halbtax- oder GA-Besitz eine Reduktion - bei Europcar kann das fast 30 Prozent ausmachen.
9. Ist die Mehrwertsteuer eingeschlossen?
Bei der Grundmiete werden die Preise in der Regel inklusive Mehrwertsteuer angegeben. Anders verhält es sich bei Zusatzleistungen wie den Versicherungen für einen zweiten Lenker oder gegen Selbstbehalt: Sie werden zum Teil ohne Mehrwertsteuer angegeben.
10. Was kostet ein Kindersitz?
Je nach Land, Anbieter und Alter des Kindes variieren die Kosten zwischen 25 und 70 Franken pro Woche.