Die Hersteller von Rasierschäumen und -gels versprechen den Konsumenten Fantastisches: Ihre Produkte würden für «müheloses Gleiten» und «sanfte Gründlichkeit» sorgen, «hochwertige Wirkstoffe» garantierten eine «angenehme Rasur». Dank «hautglättender Weizenproteine» werde die Männerhaut «streichelzart».
Jenseits der Werbesprache sollen Rasierschaum und -gel die Haut mit Feuchtigkeit und Pflegestoffen versorgen und glätten, damit sie bei der Rasur nicht verletzt wird. Sie sollen das Barthaar befeuchten und aufweichen, damit die Klinge es einfacher kappen kann. saldo wollte wissen, ob die Hersteller dazu auch problematische Inhaltsstoffe verwenden.
Grosse Preisunterschiede bei den besten Produkten
Dazu liess saldo zehn der meistverkauften Rasierschäume und -gels inklusive Eigenmarken der Grossverteiler und ein Bio-Produkt von zwei Labors untersuchen. Das bedenkliche Fazit: Nur zwei von zehn Mitteln waren frei von den untersuchten Substanzen (siehe Kasten unten).
Die vier Testsieger, die sehr gut abschnitten, unterscheiden sich vor allem preislich massiv: Der Denner Classic Rasierschaum für normale Haut ist mit Fr 1.95 (300 ml Inhalt) das mit Abstand billigste Produkt. Der nach ökologischen Richtlinien produzierte Speick Rasierschaum Natural & Sensitive (200 ml Inhalt) kostet dagegen mit Fr. 10.20 fast achtmal mehr.
Die Hersteller ökologischer Produkte begründen ihren hohen Preis mit den Erstehungskosten der Rohstoffe. Walter Rupflin von der Firma Speick: «Die von uns verwendeten pflanzlichen Rohstoffe sind hochwertiger und damit meist im Einkauf teurer als zum Beispiel solche tierischen Ursprungs.» Rupflin verweist weiter auf die geringe produzierte Stückzahl, die den Preis steigen lasse. Denner meint zum tiefen Preis nur, man gebe sich «mit discount-üblichen Margen» zufrieden.
Denner schafft es mit seinem Billigprodukt aber auch, gänzlich auf die kritisierten Inhaltsstoffe zu verzichten – im Gegensatz zu 8 von 10 getesteten Produkten.
Gillette: Schaum und Gel auf den letzten Rängen
Vor allem die beiden vielverkauften Gillette-Produkte schnitten im Test schlecht ab und belegen die letzten Plätze. Sowohl der Rasierschaum als auch der Gel von Gillette enthalten die problematischen polyzyklischen Moschusverbindungen. Beide Produkte enthalten auch Duftstoffe mit hohem Allergiepotenzial. Im Gillette Gel fand das Labor zudem das umstrittene Diethylphthalat. Und der Gillette Foam enthält Formaldehyd.
Die Gillette-Herstellerin Procter & Gamble versichert, nur Produkte auf den Markt zu bringen, «von deren Sicherheit wir und auch unsere medizinisch-wissenschaftlichen Berater überzeugt sind».
Auch die andern Anbieter sehen in der verwendeten Rezeptur ihrer Produkte kein Problem. Im Nivea Rasierschaum zum Beispiel fand
saldo zwei Duftstoffe mit hohem Allergiepotenzial. Nivea schreibt dazu: «Das getestete Produkt entspricht sowohl den gesetzlichen Vorschriften der Schweiz als auch der EU.» Das trifft auf alle getesteten Produkte zu. Die Vorschriften schreiben die Deklaration der kritisierten Duftstoffe auf Kosmetikprodukten vor, die abgewaschen werden – aber erst ab einer Konzentration von 100 Milligramm pro Kilogramm. Der Konsument erfährt beim Nivea-Schaum deshalb nur von einem der beiden Duftstoffe.
Nivea versieht aber seine Rasierschaum-Dosen mit dem Aufdruck «Hautverträglichkeit dermatologisch bestätigt». Das bedeute, dass entsprechende Tests «unter fachärztlicher Kontrolle eines Hautarztes» durchgeführt worden seien, wie Martin Weiss von Nivea erklärt. Zudem drücke «diese Art der Terminologie» aus, dass das Ergebnis der Studie positiv verlaufen sei, im Gegensatz zur Aussage «dermatologisch getestet», die keine Information zum Ergebnis der Studie gebe. Nivea will aber ihre Studie nicht herausgeben.
Coop: Will eine Änderung der Rezeptur prüfen
Im saldo-Test fand das Labor beim His Way Rasiergel von Coop Duftstoffe mit hohem Allergiepotenzial und Diethylphthalat. Der Grossverteiler versicherte saldo zu prüfen, ob man den Duft ändern und auf die kritisierten Inhaltsstoffe verzichten könne – «vorausgesetzt, dass die Qualität keine Einbussen erleidet».
Nassrasur: Tipps vom Profi
Robert Rosenberger ist Coiffeur in Zürich. Der 73-Jährige bietet seinen Kunden noch eine Nassrasur an. Das sind die Tipps des Profis:
-Rosenberger empfiehlt Rasierer, bei denen die Klingen eingespannt werden. Rasiermesser sind nichts für Einsteiger.
-Rasierseife oder -creme ist oft parfümiert und sollte zu den anderen Düften (Deo, Aftershave) passen. Auch Bio-Produkte sind erhältlich.
-Pinsel mit Dachshaaren sind
feiner als solche mit Schweineborsten und nehmen mehr Seife auf.
-Wem die Desinfektion mit alkoholhaltigem Aftershave zu stark ist oder wer empfindliche Haut hat, kann auf eine mildere Emulsion ausweichen.
-Bei Ausrutschern hilft ein Alaunstein oder -stift, das Blut zu stillen.
-Auf das Einweichen des Bartes mit warmem Wasser verzichtet Rosenberger. Er rührt die Rasierseife mit Wasser in der Porzellanschale an. Das reiche aus, um das Haar aufzuweichen und die Haut zu reinigen, findet er. Männer mit starkem Barthaar allerdings sollten nicht auf das Ein-
weichen mit Wasser verzichten. Das schont die Haut und die Rasierklinge hält länger.
-Nach rund drei Minuten Einwirken der Seife ist das Haar aufgeweicht und Rosenberger greift zur Klinge. Wo der Nassrasierer die Klinge als Erstes ansetzt, ist egal. Wichtig ist, die entsprechende Gesichtspartie zu straffen und mit der Wuchsrichtung des Haares zu rasieren. Nach jedem Zug wird die Klinge mit Wasser abgespült.
-Mit dem Rest des Schaumes wird das Gesicht nochmals eingeschäumt und gegen den Strich oder quer zur Wuchsrichtung rasiert. Das empfiehlt sich aber nur für Männer, die dagegen unempfindlich sind und Haut
und Haar im Gesicht gut kennen. Die Haut kann dabei verletzt werden.
-Nach dem Rasieren das Gesicht kalt abspülen, mit einem Tuch trocken tupfen, trocknen lassen und Aftershave auftragen.
Nassrasieren bedingt einiges an Zeit, Übung und Erfahrung. Wer sich das nicht zugesteht, wird nie hinter das Geheimnis dieses Rituals kommen. Mehr Infos zum Thema finden sich unter www.nassrasieren.ch.
So wurde getestet
Zwei Labors testeten die Rasiermittel auf
folgende heikle Stoffe:
-Diethylphthalat (DEP): Nimmt der Mensch via Luft, Nahrung und Haut auf. Laut dem deutschen Umweltbundesamt lässt sich Diethylphthalat durch weniger bedenkliche Alternativen ersetzen.
-Polyzyklische Moschusverbindungen: Reichern sich im Fettgewebe und in der Muttermilch an. Laut dem deutschen Umweltbundesamt gibt es Hinweise, dass Vertreter dieser Stoffgruppe erbgutverändernd wirken und das Geschlechtshormon Östrogen hemmen könnten.
-Allergene Duftstoffe: Seit Anfang 2007 müssen 26 Duftstoffe mit hohem Allergiepotenzial ab einer gewissen Konzentration deklariert sein.
-Formaldehyd: Kann bei Berührung mit der Haut zu starken allergischen Reaktionen führen. Zudem steht die Substanz unter Verdacht, Krebs auszulösen.
-Paraffine: Sind laut Kantonslabor Zürich die grösste Verschmutzung im menschlichen Körper. Diese Erdölprodukte reichern sich im Fettgewebe an und werden kaum abgebaut. Über deren Auswirkung auf den Menschen streiten sich Fachleute ebenso wie darüber, welche Paraffine durch die Haut in den Körper gelangen. saldo hat in den Rasiermitteln von Aldi, Carrefour, Coop und Migros geringe Mengen Paraffin gefunden, verzichtet aber auf eine Abwertung.