Hilfe gegen rauhe Hände - Schadstoffe inbegriffen
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saldo 1/2002
16.01.2002
saldo hat 12 Handcremes im Labor auf problematische Inhaltsstoffe untersuchen lassen. Das erschreckende Resultat: Nur drei Produkte überzeugten.
Trockene, rauhe und rissige Hände - ein Problem, das nicht nur diejenigen kennen, die in Beruf und Haushalt viel mit den Händen arbeiten. Schon häufiges Waschen kann schaden, denn der Haut wird bei jedem Kontakt mit Wasser Fett und Feuchtigkeit entzogen. Kommen noch aggressive Wasch- und Reinigungsmittel hinzu, wird die eh schon dünn...
saldo hat 12 Handcremes im Labor auf problematische Inhaltsstoffe untersuchen lassen. Das erschreckende Resultat: Nur drei Produkte überzeugten.
Trockene, rauhe und rissige Hände - ein Problem, das nicht nur diejenigen kennen, die in Beruf und Haushalt viel mit den Händen arbeiten. Schon häufiges Waschen kann schaden, denn der Haut wird bei jedem Kontakt mit Wasser Fett und Feuchtigkeit entzogen. Kommen noch aggressive Wasch- und Reinigungsmittel hinzu, wird die eh schon dünne Hautschicht an Hand- und Fingerrücken weiter ausgelaugt.
Dagegen hilft regelmässiges Eincremen - besonders im Winter, wo trockene Luft und Kälte zusätzlich strapazieren. Handcremes sorgen dafür, dass die Haut zusätzliche Feuchtigkeit aufnimmt und sie in der obersten Hornschicht bindet.
Allerdings werden so auch andere Inhaltsstoffe eingerieben - und die können mitunter für Gesundheit und Umwelt schädlich sein. saldo wollte deshalb wissen, ob die häufig verwendeten Handcremes problematische Substanzen enthalten. In verschiedenen Warenhäusern wurden zwölf der gängigsten Produkte eingekauft. Ein anerkanntes und spezialisiertes deutsches Labor untersuchte die Produkte dann nach problematischen Stoffen wie Formaldehyd, polyzyklischen und Nitro-Moschusverbindungen, Diethylphthalat sowie halogenorganischen Verbindungen.
Grenzwerte um das Fünffache überschritten
Der teilweise erschreckende Befund: Nur gerade drei der zwölf Produkte erhielten das Testergebnis «gut»: Die Handcremes von Atrix, Coop Naturaline und Biokosma beweisen, dass es auch ohne problematische Zusatzstoffe geht. Auch die altbekannte Nivea schnitt mit einer nur in sehr geringen Mengen gefundenen Substanz relativ gut ab. Bemerkenswert: Die besten Produkte sind auch vergleichsweise günstig, mit Ausnahme von Biokosma. Die teuren Handcremes von The Body Shop, Neutrogena und Tal schafften nur ein genügendes bis schlechtes Resultat. Einmal mehr zeigt sich, dass die teuersten Produkte oft nicht die besten sind.
In vier Proben liessen sich sogar drei der vier gesuchten problematischen Substanzen nachweisen. Besonders bedenklich war das Ergebnis bei den Moschusverbindungen. Diese künstlichen Duftstoffe wurden früher in Waschmitteln eingesetzt und sammeln sich im Fettgewebe des Menschen an. Bereits 1993 wies das Kantonslabor Zürich Moschusverbindungen in der Muttermilch nach. «Diese Stoffe sind äusserst stabil und reichern sich in der Umwelt und somit in unserer Nahrungskette an. Sie wurden bereits in Fischen gefunden», erklärt Anna-Barbara Wiesmann, Expertin beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Daher gilt in der Schweizer Verordnung über Kosmetische Mittel ein Grenzwert für die Nitro-Moschusverbindungen: Hautpflege-Emulsionen dürfen davon nur maximal 50 Milligramm pro Kilo (mg/kg) enthalten. Polyzyklische Moschusverbindungen dagegen sind nicht begrenzt.
Die Testergebnisse zeigen jedoch: Vier der geprüften Handcremes überschreiten den Grenzwert für Nitro-Moschusverbindungen um das Zwei- bis Fünffache. Die Produkte von Tal und Neutrogena enthalten ganze 280 mg/kg respektive 260 mg/kg des schädlichen Moschus-Keton, Yves Rocher kommt auf 130 mg/kg. Dikla enthält 140 mg/kg Moschus-Xylol, das sich laut der Konsumentenzeitschrift «Öko-Test» bei Tierversuchen als Krebs erregend erwiesen hat.
Sechs weitere Produkte enthalten polyzyklische Moschusverbindungen - bis zu 580 mg/kg (Kamill Hand- und Nagelcreme). Bedenklich ist dabei vor allem, dass die Konsumentinnen und Konsumenten den schädlichen Moschusverbindungen nicht ausweichen können. Denn: Laut Gesetz müssen Duftstoffe nicht einzeln deklariert werden. Sie werden auf der Packung einfach unter dem Oberbegriff «Fragrance» (Duftstoff) aufgeführt.
Neutrogena: Prompt vom Markt genommen
Auf Grund der massiv überschrittenen Grenzwerte hat saldo die zuständigen Kantonslabors informiert. Diese prüfen nun, ob die beanstandeten vier Hautcremes aus den Regalen genommen werden müssen. «Wenn dies die Hersteller nicht selber tun oder die Rezeptur nicht in absehbarer Zeit ändern, müssen wir aktiv werden», erklärt Urs Hauri vom Kantonslabor Basel-Stadt.
Der Hersteller von Neutrogena hat bereits reagiert: Er hat mit sofortiger Wirkung einen Auslieferungsstopp für die parfümierte Version seines Produktes veranlasst.
Der Schweizer Importeur der Tal Hautcreme erklärt dagegen, er habe den israelischen Produzenten schon vor vier Jahren gewarnt, dass in der Schweiz eine strengere Regelung gelte als in der EU. «Wir haben allerdings versäumt, dies zu überwachen», erklärt Erich Lüscher von den Parsenn-Produkten. Der Hersteller sei nun angewiesen, für die Schweiz ein Parfüm ohne Moschusverbindungen einzusetzen.
Yves Rocher ist erstaunt über das Resultat und lässt die Arnica Handcreme im eigenen Labor nachtesten. «Wenn der Grenzwert überschritten ist, müssen wir das Produkt vom Markt nehmen», heisst es in der Marketingabteilung.
Nicht erklären kann sich das schlechte Resultat allerdings der Basler Produzent der Dikla Handcreme: «Dieses Produkt wurde erst dieses Jahr in den Markt eingeführt. Die Problematik der Moschusverbindungen ist uns bekannt und wurde bei der Entwicklung berücksichtigt», heisst es bei Doetsch Grether.
Formaldehyd: In M-Budget, Kamill und Tal enthalten
Neben den Moschusverbindungen suchte das Testlabor auch nach reinem Formaldehyd und nach Formaldehyd abspaltenden Substanzen. Dieses Konservierungsmittel wird in Kosmetika gerne eingesetzt, steht jedoch in Verdacht, Krebs zu erregen. In Mundpflegemitteln ist dieser Stoff in der Schweiz verboten, kosmetische Produkte hingegen dürfen bis zu 0,2 Prozent Formaldehyd enthalten.
Dreimal wurde das Labor fündig: Spitzenreiter war diesmal mit 120 mg/kg die M-Budget-Handcreme der Migros. In der Tube von Tal und Kamill steckten ebenfalls einige Substanzen, die Formaldehyd abspalten. Die Werte aller drei Produkte liegen aber unterhalb der Maximalgrenze. «Eine Krebs fördernde Wirkung ist von diesen Konzentrationen nicht zu erwarten», erklärt der Dermatologe Roland Böni vom Universitätsspital Zürich. Dennoch kann Formaldehyd in kleinen Mengen sensibilisierend auf die Haut wirken und laut Böni zu allergischen Reaktionen führen.
«Unsere M-Budget-Handcreme enthält für die Konservierung gesetzlich zugelassene Formaldehyd-Abspalter», erklärt Bernhard Irrgang von der Mibelle Cosmetics den saldo-Befund. «Werden diese bei analytischen Untersuchungen über längere Zeit auf hohe Temperaturen erhitzt, kann sich Formaldehyd bilden.» Was auch vom Testlabor in Köln bestätigt wird. Allerdings: «Wenn die Creme einmal auf der Haut ist, spielt es keine Rolle, ob das Formaldehyd langsam oder schnell abgegeben wird», erklärt Laborleiter Hans-Ulrich Krieg.
Neue Rezeptur für Herbaderm und Kamill in Arbeit
Auch Diethylphthalat wurde in fünf der getesteten Proben gefunden: Die Handcremes von Kamill und Tal enthielten am meisten dieser Substanz, die dazu dient, den im Produkt enthaltenen Alkohol ungeniessbar zu machen. Im Körper kann sie das menschliche Hormonsystem durcheinander bringen. Einen Grenzwert für Diethylphthalat gibt es allerdings nicht mehr. «Vor ein paar Jahren hat die Schweiz den Grenzwert im Zuge der Angleichung an die europäischen Bestimmungen abgeschafft», erklärt Anna-Barbara Wiesmann vom BAG die Änderung.
Halogenorganische Substanzen wurden nur in der Handcreme Herbaderm gefunden. Diese Stoffgruppe enthält Brom, Jod oder Chlor. Viele dieser Verbindungen können ebenfalls Allergien auslösen, manche gelten sogar als Krebs fördernd. Auch sie reichern sich in der Umwelt an.
Immerhin zeigen die Reaktionen von den Herstellern der schlecht abschneidenden Herbaderm und Kamill, dass sich die Industrie der Problematik der schädlichen Inhaltsstoffe bewusst ist: Beide Produzenten betonen, ihre Rezepturen bereits überarbeitet zu haben und ab Anfang 2002 Handcremes ohne Formaldehyd-Abspalter und Moschusverbindungen in die Verkaufsregale zu bringen.
Melanie Herr
Hautpflege - Einige Regeln gegen das Austrocknen
Cremes sind grundsätzlich auf einer Basis von Öl in Wasser oder Wasser in Öl aufgebaut. Bei der Anwendung kommt es auf das richtige Mischverhältnis an: Stark fetthaltige Produkte bewirken zwar einen guten Schutz der Haut, werden aber oft als unangenehm empfunden. Wasserhaltige Lotionen ziehen schneller ein, müssen jedoch öfter angewendet werden und sind bei stark ausgetrockneter Haut wenig sinnvoll.
Laut dem Dermatologen Jan Izakovic von der Universitätsklinik Basel könnte prinzipiell jede Körpercreme auch für die Hände verwendet werden. Weil viele aber zu fettig sind und überall Flecken hinterlassen würden, sind sie im Alltag weniger praktisch. Spezielle Handcremes hingegen werben oft mit Zusätzen wie Kalzium, Keratin oder Vitaminen, die auch für die Nägel gut sein sollen. «Die meisten dieser Zusätze sind überflüssig. Denn sie gelangen gar nicht erst in die tieferen Hautschichten, wo sie, wenn überhaupt, etwas bewirken können», so Izakovic.
Gegen das Austrocknen der Haut helfen ein paar Grundregeln:
- In der trockenen und kalten Jahreszeit häufiger Handcremes benutzen und Handschuhe anziehen.
- Hände nach dem Kontakt mit Wasser und Reinigungsmitteln regelmässig eincremen. Bei Putz- und Hausarbeit möglichst Handschuhe tragen.
- Heisses Wasser laugt stärker aus als kaltes. Wäscht man sich mit heissem Wasser die Hände, sollte man sie kalt nachspülen, damit sich die Poren schliessen. Danach gut abtrocknen.
- Zum Händewaschen milde Waschlotionen (Syndets) oder glyzerinhaltige Seifen benutzen.