Hautreizungen und Rötungen inbegriffen
Enthaarungscremes befreien zwar die Haut von unerwünschten Härchen. Doch ein saldo-Test zeigt: Die Produkte enthalten aggressive Stoffe.
Inhalt
saldo 9/2004
12.05.2004
Letzte Aktualisierung:
11.11.2009
Karin Diodà
Etwa 65 Prozent der Frauen in der Schweiz entfernen Haare. Die meisten wenden dabei mehr als eine Methode an. Laut Angaben des Herstellers Veet benützen 45 Prozent Cremes, 77 Prozent einen Rasierer und 28 Prozent Wachse.
Enthaarungsmittel wie Cremes, Gels und Schäume enthalten Wirkstoffe, die empfindliche Haut stark reizen können. «Es ist eine Gratwanderung, denn die Haarstruktur soll aufgelöst, die Haut aber nicht zu stark angegriffen werd...
Etwa 65 Prozent der Frauen in der Schweiz entfernen Haare. Die meisten wenden dabei mehr als eine Methode an. Laut Angaben des Herstellers Veet benützen 45 Prozent Cremes, 77 Prozent einen Rasierer und 28 Prozent Wachse.
Enthaarungsmittel wie Cremes, Gels und Schäume enthalten Wirkstoffe, die empfindliche Haut stark reizen können. «Es ist eine Gratwanderung, denn die Haarstruktur soll aufgelöst, die Haut aber nicht zu stark angegriffen werden», sagt Siegfried Borelli, Oberarzt im dermatologischen Ambulatorium des Zürcher Triemlispitals.
Bei den Wirkstoffen handelt es sich um stark alkalische Substanzen und Salze der Thioglykolsäure. Diese Kombination weicht die Haare auf und kann dabei die oberste Hautschicht angreifen. Folge: Irritationen und Brennen. «Eine höhere Konzentration und längere Einwirkzeit erhöhen das Risiko von Hautreizungen», so Borelli.
Von den Salzen der Thioglykolsäure ist zudem bekannt, dass sie Allergien auslösen können, während Alkali den Säureschutzmantel der Haut angreift. Eine normale Seife weist einen pH-Wert von etwa 8 auf, doch bei fast allen getesteten Enthaarungsprodukten liegt dieser Wert bei über 12. Das heisst: Der Säureschutzmantel wird durchlässig, und Schadstoffe können leichter in die Haut eindringen.
Wie massiv empfindliche Haut auf ein Enthaarungsprodukt reagieren kann, hat das Gesundheitsmagazin «Pulstipp» aufgezeigt: Bei einer 33-jährigen Frau schwoll die Haut des Unterschenkels nach der Anwendung einer Enthaarungscreme an, und es entwickelten sich eitrige Blasen wie nach einer schweren Verbrennung. Trotz ärztlicher Behandlung waren noch ein Jahr später Narben sichtbar.
Drei Produkte sind nur knapp unter dem Grenzwert
saldo wollte deshalb wissen, wie viel der hautreizenden Wirkstoffkombination von Salzen der Thioglykolsäure und Alkali in solchen Produkten steckt und ob weitere gesundheitlich bedenkliche Substanzen enthalten sind.
Das Resultat: Was den Anteil an Thioglykolsäure betrifft, wurde der Grenzwert (5 Prozent) bei keinem Produkt überschritten. Doch zeigten sich grosse Unterschiede: Die drei höchsten Messwerte lagen im Bereich von 4,5 bis 5 Prozent. Am schlechtesten schnitt hier das Migros-Produkt Primex ab. Der Schaum wurde deshalb bei diesem Kriterium mit «mangelhaft» beurteilt. Marcel Hauser von der Herstellerfirma Mibelle zweifelt am saldo-Laborergebnis. Eigene Messungen hätten tiefere Werte ergeben.
Dass es mit weniger Thioglykolsäure geht, beweisen fünf andere Produkte im Test, die mit einem Anteil von 3,1 bis 3,5 Prozent auskommen. Einen ebenfalls hohen Wert an Thioglykolsäure weist Klorane auf: 4,7 Prozent. Doch handelt es sich beim deklarierten Stoff statt um Salze der Thioglykolsäure um Thiomilchsäure. Dafür gibt es keinen Grenzwert. Aber: «Thiomilchsäure kann ebenfalls Allergien auslösen, dazu gibt es einzelne Fallberichte», so der Dermatologe.
Vichy: Enthält massiv viele Duftstoffe
Da die Salze der Thioglykolsäure einen unangenehmen Geruch verbreiten, setzen die Hersteller Duftstoffe ein. saldo untersuchte, ob dabei auch unerwünschte Duftstoffe wie Polymoschusverbindungen eingesetzt werden. Bei diesen Substanzen gibt es Hinweise auf mögliche Erbgutschädigungen. Und es ist bekannt, dass sie sich im Fettgewebe einlagern. Resultat: Die Hälfte der Produkte enthielt keine solchen Duftstoffe. Obenaus schlug Vichy mit 790 mg/kg. Da dieses Produkt auch einen hohen Anteil an Thioglykolsäure aufwies (4,5 Prozent), erhielt es das Gesamturteil «mangelhaft». Auf die hohen Werte angesprochen, erklärt Susanne von Rohr, wissenschaftliche Leiterin von Vichy, dass der Thioglykolsäure-Wert den gesetzlichen Anforderungen entspräche. Und die Moschusverbindungen seien laut einer EU-Kommission unbedenklich.
Den zweithöchsten Gehalt an polyzyklischen Moschusverbindungen wies die Strep Enthaarungscreme auf, was auch nur für das Urteil «mangelhaft» reichte. Der Schweizer Vertreiber des Produktes, die Partex AG aus Zürich, hat nach eigenen Angaben noch nie Reklamationen erhalten.
Darauf sollten Sie achten
Besondere Vorsicht bei der Anwendung von Haarentfernungsmitteln ist bei empfindlicher Haut angesagt. Empfindlich bedeutet, dass die Haut trocken ist und bereits früher auf bestimmte Kosmetika mit Rötungen und Reizungen reagiert hat.
Die Produkte sollten 24 Stunden vor der Anwendung getestet werden. Dabei wird das Produkt auf einer kleinen Hautstelle in dem Bereich aufgetragen, wo Haare entfernt werden sollen. Die auf der Packung vermerkte Einwirkzeit ist unbedingt einzuhalten. Das Mittel darf nie länger als 10 Minuten auf der Haut bleiben.
Entgegen den Behauptungen von Herstellern wachsen die Haare nach der Verwendung eines Enthaarungsmittels etwa gleich schnell nach wie nach einer Rasur. Dies zeigt eine Stichprobe der deutschen Konsumentenzeitschrift «Test», die mit 30 Frauen durchgeführt wurde. Wer es vorzieht, störende Härchen ohne Chemie loszuwerden, greift zum Rasierer - und wer schmerzunempfindlich ist, auch zu Wachs.