Gut geputzt ist keine Frage des Preises
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Elektrische Zahnbürsten sind in aller Munde. saldo hat zwölf Geräten auf den Zahn gefühlt. Das Resultat: Teure Modelle reinigen nicht gründlicher.
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saldo 9/2003
14.05.2003
Jeannette Büchel
Noch in den 70er-Jahren galt die elektrische Zahnbürste als Zukunftsfantasie. Heute werden beinahe in jedem zweiten Schweizer Haushalt die Zähne elektrisch gereinigt. Laut dem Marktforschungsinstitut IHA-GfK in Hergiswil NW wurden in der Schweiz allein letztes Jahr 520 000 elektrische Zahnbürsten im Wert von 22,4 Millionen Franken gekauft.
Der Durchbruch des elektrischen Putzens gelang 1988, als Marktleader Braun Oral-B die erste Zahnbürste mit rundem Kopf entwickelte. Zuvor g...
Noch in den 70er-Jahren galt die elektrische Zahnbürste als Zukunftsfantasie. Heute werden beinahe in jedem zweiten Schweizer Haushalt die Zähne elektrisch gereinigt. Laut dem Marktforschungsinstitut IHA-GfK in Hergiswil NW wurden in der Schweiz allein letztes Jahr 520 000 elektrische Zahnbürsten im Wert von 22,4 Millionen Franken gekauft.
Der Durchbruch des elektrischen Putzens gelang 1988, als Marktleader Braun Oral-B die erste Zahnbürste mit rundem Kopf entwickelte. Zuvor gab es nur Modelle mit einem länglichen Bürstenkopf, der sich hin und her bewegte und so die Handbewegung imitierte. Darauf folgten die ersten Geräte mit einem runden Kopf, der kreisende Bewegungen ausführte. Das hatte den Nachteil, dass das Putzen kitzelte und sich nur schlecht kontrollieren liess.
Mit den Urmodellen haben die heutigen Zahnbürsten nicht mehr viel gemeinsam: Die meisten funktionieren mit oszillierenden Bürstenköpfen, die sich in kleinen, extrem schnellen Kreisbewegungen in beide Richtungen drehen.
Klinische Prüfung: Von allen Geräten bestanden
saldo und Topten.ch liessen im Ipi-Institut für Produktforschung und Information GmbH im deutschen Esslingen zwölf der meistverkauften elektrischen Akku-Zahnbürsten untersuchen. Die Geräte wurden einer klinischen, praktischen und technischen Prüfung unterzogen (siehe Kasten «So wurde getestet»). Die Preise der Geräte liegen zwischen Fr. 29.90 und 198 Franken; eingekauft wurden sie bei Grossverteilern, Elektromärkten und in Drogerien.
Das erfreuliche Ergebnis: Neun Modelle schnitten mit den Noten «gut bis sehr gut» oder «gut» ab. Das mit knapp 30 Franken günstigste Gerät im Test, der Interstar Plaque Remover von Interdiscount, vermochte trotz guter Reinigungswirkung nicht zu glänzen: Er kam über das Gesamturteil «mangelhaft» nicht hinaus. Genauso enttäuschend schnitten die beiden teuersten Modelle (je 198 Franken) Water Pik und Ultrasonic ab.
Immerhin: Die wichtigste Hürde im Test - die klinische Prüfung - meisterten alle Zahnbürsten ohne Schwierigkeiten. Die besten Noten in dieser Sparte erreichten die Modelle von Philips und Braun Oral-B sowie das preisgünstige Interstar-Gerät.
Gross waren die Unterschiede in Sachen Handhabung. Hier hatten die beiden Philips-Modelle die Nase vorn. Die Tester lobten die zusätzlichen Interdental-Bürsten zur Reinigung der Zahnzwischenräume. Als positiv empfunden wurde auch das Gelenk, das den Druck auf Zähne und Zahnfleisch reduziert.
Das Interstar-Modell zeigte klare Mängel bei der Reinigung der Bürste: Im Gehäuse sammelten sich Zahnpastareste. Beim Kriterium Fallbeständigkeit fiel Interstar als einziges Gerät durch: Der Fuss des Handgeräts brach ab - die Bürste war nicht mehr zu gebrauchen. Interdiscount teilte mit, dass nun ein Nachfolgemodell verkauft werde, das punkto Reinigung und Bruchanfälligkeit besser abschneide.
Kritik für Water Pik: Schwer, unhandlich, lautes Geräusch
Mit der Ultrasonex-Zahnbürste bekundeten die Tester gleich in mehreren Punkten Mühe. Ihr Bürstenkopf wurde als zu gross und zu lang empfunden. «Das Putzen der Zahninnenseiten ist nur schlecht möglich», so das Urteil. Auch der Griff sei zu lang und zu dünn, biete keinen Halt, und die Oberfläche sei zu glatt. Zudem habe der Schalter eine ungünstige Form - er lasse sich nur schwer drücken.
«Ihre Tester haben Recht mit diesen Argumenten», schrieb die Importfirma CPR Handels AG zum schlechten Abschneiden der Ultrasonex-Bürste. Der Hersteller habe nun ein neues Modell (Ultrasonex Phaser) mit besseren Eigenschaften entwickelt.
Harsche Kritik gab es für die Water-Pik-Zahnbürste: «Die Vibration ist unzumutbar, das Geräusch sehr laut.» Das Gerät sei zudem sehr schwer und unhandlich. Auch bei der Akku-Leistung schnitt die Water Pik schlecht ab. Ihr Akku machte bereits nach sieben Tageszyklen schlapp - die besten Bürsten im Test schafften über 50 Zyklen.
Die Firma Biomed AG weist darauf hin, dass die Water-Pik-Bürste in einer Un-tersuchung der Zahnklinik Charité an der Humboldt-Universität Berlin als «Spitzenklasse» beurteilt worden sei. Die starke Vibration des Gerätes sei durch die Schalltechnologie im Hochfrequenzbereich zu erklären. Dadurch würden auch die Zahnzwischenräume gereinigt. Biomed gesteht ein, dass die Schallzahnbürste «gewöhnungsbedürftig» sei. Die Praxis zeige aber, dass die Kunden nach drei bis fünf Tagen nicht mehr darauf verzichten wollen.
Preisunterschiede: Viel Geld für kleine Extras
Fazit des Tests: Beim Kauf genau hinschauen lohnt sich, denn teuer ist längst nicht immer besser. Das zeigt sich am Beispiel der Oral-B-Zahnbürsten: Die 169 Franken teure Bürste 3D Excel 17525 reinigte die Zähne nicht besser als die beiden Modelle Plak Control D 9013 für 59 Franken und Plak Control D 9525 für 79 Franken.
Auch die Testsiegerin Philips Sensiflex HX 2545 kostet 50 Franken weniger als das zweitplatzierte Schwestermodell HX 2585. Der Unterschied zwischen den beiden Zahnbürsten: Beim Modell HX 2585 werden eine Ersatzbürste und eine Transportbox aus Kunststoff mitgeliefert.
So wurde getestet
Klinische Prüfung: Um die Reinigungswirkung der elektrischen Zahnbürsten zu prüfen, wurde der Plaque-Index nach der Methode von Quigley und Hein sowie der Gingiva-Index nach Löe und Silness bestimmt. 15 Testpersonen mit einem guten allgemeinen Zahnzustand putzten sich anhand eines Rotationsplans mit allen Bürsten die Zähne.
Der Zahnfleischzustand wurde jeweils vor und nach dem Zähneputzen schriftlich festgehalten. Um den Zahnbelag sichtbar zu machen, spülten die Testpersonen jeweils vor und nach dem Putzen den Mund mit einer farbigen Indikatorlösung. Der Zahnbelag wurde ebenfalls nach einem Schema protokolliert.
Handhabung: Die 15 Testpersonen beurteilten im Praxistest auch die Handhabung der Geräte. Bewertet wurden unter anderem die Handlichkeit des Bürstengriffs und der Schalter, die Reinigung von Bürste und Gerät, das Betriebsgeräusch und die Vibration sowie der Komfort des Bürstenkopfs.
Technische Prüfung: Ein Falltest gab Aufschluss über die Haltbarkeit der Geräte. Dabei wurde geprüft, ob die Zahnbürsten bei einem Sturz aus 80 Zentimetern Höhe in einer Falltrommel nach einem, zwei und fünf Stürzen Schaden nehmen.
Zur Bewertung der Akku-Leistung wurden die Geräte zuerst konditioniert, das heisst dreimal vollständig entladen und wieder geladen - danach massen die Tester die Betriebsdauer. Simuliert wurden Tageszyklen, die dem Gebrauch einer Zahnbürste in einem Vier-Personen-Haushalt entsprechen.
Eine teure Angelegenheit
Wer eine elektrische Zahnbürste kauft, muss mit hohen Folgekosten rechnen. Die Hersteller verlangen für die Ersatzbürsten zum Teil horrende Preise (saldo 3/03). Bei den Testmodellen variieren sie von Fr. 2.49 (Interstar) bis zu Fr. 9.67 (Ultrasonic).
Die Hochschule für Technik in Rapperswil SG machte im Auftrag von Kassensturz eine Kostenschätzung für eine Aufsteckbürste von Braun Oral-B. Resultat: Die Herstellkosten (inklusive Entwicklung, Werkzeuge, Montage, Verpackung und Abschreibung) betragen für einen Bürstenkopf maximal 62 Rappen. Selbst wenn hohe Margen von Produktion und Handel hinzugerechnet werden, schätzen die Experten die Kosten auf höchstens Fr. 3.76 bis Fr. 4.96 pro Bürstenkopf.
saldo wollte von den teuersten Herstellern wissen, weshalb sie massiv höhere Preise verlangen. Philips blieb die Antwort schuldig. Water-Pik-Importeurin Biomed schrieb, dass Technik und Langlebigkeit der Borsten den Preis von Fr. 8.95 pro Aufsteckbürste rechtfertigen würden. Die CPR Handels AG (Ultrasonex-Bürste) schrieb, der Preis von Fr. 9.65 sei durch höhere Herstellkosten für den Ultraschall-Bürstenkopf bedingt.
Richtige Zahnreinigung: Nicht zu viel Druck anwenden
Viele Zahnärzte empfehlen ihren Patienten eine elektrische Zahnbürste. Lassen sich die Zähne damit besser reinigen? «Grundsätzlich kann man auch mit einer Handzahnbürste die Zähne optimal reinigen. Es ist eine Frage der richtigen Putztechnik», erklärt Thomas Imfeld, Direktor der Klinik für Präventivzahnmedizin, Parodontologie und Kariologie der Universität Zürich. Zwar funktioniert die Zahnreinigung mit einer elektrischen Bürste etwas bequemer, doch auch hier kann man sich bei falscher Anwendung - etwa bei bereits bestehenden Zahnfleischproblemen - Schaden zufügen. Imfeld empfiehlt Patienten mit Parodontose eine Schallzahnbürste mit wippender Bewegung. Für sehr wichtig hält er die individuelle Beratung von Zahnarzt oder Dentalhygienikerin bei der Wahl der Zahnbürste.
So werden die Zähne mit einer oszillierenden elektrischen Zahnbürste gereinigt:
- Alle vier Kieferabschnitte in systematischer Reihenfolge von hinten nach vorn bis zur Mitte reinigen.
- Den Bürstenkopf jeweils am hintersten Zahn aufsetzen, sodass die Borsten den Zahnfleischrand berühren.
- Mit dem Bürstenkopf bei jedem Zahn drei bis fünf Sekunden leicht nach hinten und nach vorn in die Zahnzwischenräume wippen.
- Den Bürstenkopf leicht anheben, zum nächsten Zahn führen und gleich vorgehen.
- Nach den Zahninnenflächen auch die Zahnaussenflächen nach demselben Schema reinigen.
- Zum Schluss die Kauflächen Zahn für Zahn reinigen.
- Allgemein gilt: wenig Druck anwenden und schwach abrasive Zahnpasten verwenden.
- Die Putzdauer sollte ungefähr vier Minuten betragen.