E-Book-Reader: Mit der Darstellung schnell überfordert
Bei den elektronischen Lesegeräten schneidet das iPad von Apple am besten ab. Das zeigt der saldo-Test. Doch das Angebot an Büchern ist bei diesem Gerät noch klein.
Inhalt
saldo 12/2010
21.06.2010
Letzte Aktualisierung:
22.06.2010
Rolf Muntwyler
Ferienzeit ist Lesezeit. Dank Lesegeräten für elektronische Bücher ist es möglich, einen ganzen Stapel Bücher in den Reisekoffer zu packen – ohne damit zusätzliches Gewicht und Volumen in Kauf zu nehmen.
Doch ist die Lektüre mit diesen E-Book-Readern auch ein Vergnügen? saldo hat acht Geräte untersuchen lassen. Eingekauft wurden sie übers Internet, im Computerhandel und in Buchhandlungen. Die Reader kosten zwischen rund 300 u...
Ferienzeit ist Lesezeit. Dank Lesegeräten für elektronische Bücher ist es möglich, einen ganzen Stapel Bücher in den Reisekoffer zu packen – ohne damit zusätzliches Gewicht und Volumen in Kauf zu nehmen.
Doch ist die Lektüre mit diesen E-Book-Readern auch ein Vergnügen? saldo hat acht Geräte untersuchen lassen. Eingekauft wurden sie übers Internet, im Computerhandel und in Buchhandlungen. Die Reader kosten zwischen rund 300 und 750 Franken. Sieben davon sind klassische Lesegeräte für elektronische Bücher, beim iPad von Apple ist das Lesen von Büchern nur eine Funktion unter vielen.
Lesbarkeit: Die beste Note erhält das iPad
Das Fazit des Tests: Das iPad und der Kindle-Reader schneiden am besten ab – dank den guten Noten im Hauptkriterium «Lesen». Beide Geräte haben jedoch einen gewichtigen Nachteil: Das Angebot an deutschsprachigen Büchern, die man auf den beiden Readern lesen kann, ist noch stark limitiert (siehe «E-Books: Lückenhaftes Angebot, zu viele Dateiformate»). Deshalb wurden das iPad und der Kindle in der Tabelle separat gestellt.
Der wichtigste Anspruch an einen E-Book-Reader ist die Lesbarkeit. In diesem Punkt holt sich das iPad die besten Noten. Die Hintergrundbeleuchtung lässt sich den Lichtverhältnissen anpassen. «Der Kontrast der Zeichen zum Hintergrund ist bei einigen Geräten zu gering», sagt Prüfleiter Dietmar Born vom ipi-Institut für Produktforschung und Information in Stuttgart.
Die Navigation der E-Book-Reader ist im Allgemeinen gut gelöst. Aber nur drei Geräte lassen sich über einen Touchscreen bedienen: Sony PRS-600, iPad und Hexaglot N 518 (via Stift). Ebenfalls wichtig, besonders für Leser mit schlechten Augen, ist eine perfekte Darstellung, wenn die Ansicht vergrössert wird. Das schaffte im Test aber nur der Kindle. Die Sony-Reader und das iRiver-Modell können vergrösserte Seiten gewisser Bücher nicht lesbar darstellen.
Ein Buch aus Papier legt man weg und markiert die Stelle mit einem Buchzeichen. Wie geht das bei einem elektronischen Buch? Die meisten Geräte öffnen beim erneuten Aufstarten direkt die Stelle, an welcher der Leser aufgehört hat zu lesen (beide Sony-Reader, Kindle und Cooler), das iPad benötigt zwei Schritte.
Beim Hexaglot N 518 sind drei Schritte notwendig, beim iRiver Story Ebook sogar vier. Wenn man mehrere Bücher liest, ist man darauf angewiesen, die letzte Stelle markieren zu können. Bei 7 der 8 Reader ist das kein Problem. Nur dem Bookeen-Reader fehlt diese Funktion.
Auch das Laden des Akkus hat bei einigen Geräten seine Tücken: Beim Bookeen-Modell kann man während des Ladens gar nicht lesen. Die Sony-Geräte sperren ebenfalls alle Funktionen, wenn sie mit dem USB-Kabel geladen werden.
Wenigstens beim Laden mit dem Stromkabel ist Lesen weiterhin möglich. Apropos Akku: Die Seitenzahlen, die laut Hersteller mit einer Akkuladung gelesen werden können, sind ein Bluff. Bei den meisten liegt die tatsächliche Zahl Seiten bei zirka einem Drittel der Angabe. Weil eine Akkuladung bei allen Geräten ausser iPad und Bookeen aber für mehr als 1400 Seiten Lektüre reicht, ist das kein Problem.
Kindle und iPad können viele E-Books nicht darstellen
Bevor ein Buch auf einem E-Reader gelesen werden kann, muss es von einem Computer auf das Gerät geladen werden (Ausnahme: iPad, Kindle). Bei den Sony-Readern ist eine Software dafür vorinstalliert. Bei Kindle ist überhaupt keine Software nötig. Dieser Vorteil beschert den Käufern aber den Riesennachteil, dass der Kindle nur mit dem Amazon-Shop funktioniert. Das Gleiche gilt für das iPad, für das nur Bücher im iBook-Shop von Apple gekauft werden können.
Die meisten neueren Bücher, die in Online-Buchläden erhältlich sind, wurden von den Verlagen mit einer Kopiersperre versehen. Sie wollen damit verhindern, dass ein elektronisches Buch so einfach weitergegeben werden kann wie ein Buch aus Papier.
Folge: Die Reader können elektronische Bücher von fremden E-Book-Läden nicht wiedergeben, weil ihnen die Kopiersperre nicht bekannt ist. Das ist umso ärgerlicher, weil der Nutzer das Buch bereits bezahlt hat.
Testleiter Dietmar Born geht davon aus, dass sich bald eine einheitliche Sperre durchsetzen wird. Irgendwann würden sich die Shop-Betreiber und die Verlage wohl darauf einigen müssen. Bis dahin ist der Kunde der Verlierer.
So wurde getestet
Das ipi-Institut für Produktforschung und Information in Stuttgart (D) hat für saldo die E-Book-Reader nach folgenden Kriterien getestet:
- Lesen: Wie benutzerfreundlich ist die Handhabung zum Lesen gelöst? Ist das Menü selbsterklärend? Wie einfach lassen sich Schriften wählen und die Schriftgrösse verändern? Bleibt die Anzeige bei Veränderung der Schriftgrösse korrekt? Ist der Kontrast ausreichend bei Tageslicht, Wohnzimmerbeleuchtung und bei Dämmerung? Wie lässt sich die Seitenzahl wählen? Wie lange dauert das Aufstarten, das Blättern und eine Volltextsuche?
- Bücher laden: Wie lange dauert die Übertragungszeit? Muss vor der ersten Übertragung eines Buches eine Software installiert werden? Sind Anleitung und Kurzanleitung in Papierform vorhanden oder auf dem Reader vorinstalliert?
- Akku: Ist der Ladestand nachvollziehbar dargestellt? Kann während des Ladens gelesen werden? Ist der Akku austauschbar?
- Bedienelemente: Sind die Tasten sinnvoll angebracht, intuitiv bedienbar oder verständlich beschriftet?
- Unterstützte Formate: Welche Formate können auf dem Reader gelesen werden?
- Bildschirm/Touchscreen: Was hat der Bildschirm zu bieten (Grösse, Farbe oder Schwarzweiss)? Hat das Gerät einen Touchscreen oder nur Tasten?
- Anwendungen: Können auch Hörbücher abgespielt werden? Kann der Reader Fotos anzeigen und Videos abspielen? Ist ein Zugang ins Internet möglich?
- Verbindungsmöglichkeiten: Wie lassen sich Bücher überspielen: USB-Anschluss, drahtlose Internetverbindung, Mobilfunk, Bluetooth?
- Zubehör: Sind USB-Kabel, Netzkabel, Schutzhülle und weiteres Zubehör im Lieferumfang inbegriffen?
- Kompatibilität: Ist der Reader mit den gängigen Windows- und Mac-Betriebssystemen benutzbar?
Vor- und Nachteile: Was die E-Book-Reader alles können
Die technischen Merkmale sowie Stärken und Schwächen der Geräte aus den Testresultaten im Überblick.
Sony Digital Book Reader PRS-600
- Formate: epub, bbeb, pdf, txt, doc, docx
- Touchscreen (mit Stift und Finger bedienbar)
- beste Lesezeichen-Funktion
- am meisten Seiten pro Akkuladung (2650, deklariert: 7500)
- brauchbare Volltextsuche
- Audiowiedergabe über Kopfhörer
- unbefriedigende Darstellung bei vergrösserter Schrift
- Lesen während Laden mit USB-Kabel unmöglich
- schlechteste Lesbarkeit bei allen getesteten Beleuchtungssituationen
- kleiner Speicher
Cooler Electronic Book Reader
- Formate: epub, pdf, mobipocket, fb2, rtf, html, MS txt
- beste Darstellung bei vergrösserter Schrift
- passable Volltextsuche
- Ton über Kopfhörer
- leichtestes Gerät (185 g)
- kein Touchscreen
- längste Startzeit
- keine Tastensperre
- Knöpfe nicht bedienerfreundlich
- Fehldarstellung bei Seiten mit Bild
- Lesen während Laden mit USB-Kabel unmöglich
Hexaglot E-Book Reader N 518
- Formate: epub, pdf, txt, html, doc
- Touchscreen (nur mit Stift bedienbar)
- Audiowiedergabe über Lautsprecher und Kopfhörer
- fast vollständig fehlender Text bei vergrösserter Darstellung
- keine Volltextsuche
- lange Startzeit
- Umblättern dauert lange
Sony Digital Book Reader PRS-300
- Formate: epub, pdf, bbeb, txt, doc, docx
- am meisten Seiten pro Akkuladung (2650, deklariert: 6800)
- beste Lesezeichen-Funktion
- kein Touchscreen
- Lesen während Laden mit USB-Kabel unmöglich
- kleiner Speicher
- keine Volltextsuche
- Anzeigen von Fotos und Audiowiedergabe nicht möglich
iRiver Story Ebook
- Formate: epub, pdf, txt, html, doc, xls, ppt, rss, xml
- Audiowiedergabe über Lautsprecher und Kopfhörer
- kein Touchscreen
- keine Volltextsuche
- Umblättern dauert lange
- Seitenzahl nicht direkt anwählbar
- schlechte Darstellung bei vergrösserter Schrift
- nur 650 Seiten pro Akkuladung (deklariert: 7000)
Bookeen Cybook Opus
- Formate: epub, pdf, html, txt
- einziges Gerät mit austauschbarem Akku
- kein Touchscreen
- keine Volltextsuche
- Bildschirm friert schnell ein
- keine Tastensperre gegen unbeabsichtige Aktionen
- Lesen während Laden unmöglich
- keine Audio-Wiedergabe
Apple iPad 16 GB WiFi
- Formate: ebup, pdf, doc, docx, html, ppt, xls, txt, rtf
- Touchscreen (nur mit Finger bedienbar)
- einziger Reader mit farbigem Bildschirm, Videowiedergabe, Internet-Browser/WLAN und Bluetooth
- beste Lesbarkeit
- beste Volltextsuche
- beste Navigation
- grosser Speicher
- Audiowiedergabe über Lautsprecher und Kopfhörer
- fast keine deutschsprachigen Bücher verfügbar
- ohne iTunes gibt es keinen Zugriff auf einen Computer
- Übertragung von iTunes eher langsam
- nur 350 Seiten mit einer Akkuladung
- schwer (690 g)
Amazon Kindle
- Formate: azw, mobipocket, pdf, txt, doc, html, prc
- einziger mobilfunkfähiger Reader
- beste Darstellung bei vergrösserter Schrift
- Audiowiedergabe über Lautsprecher und Kopfhörer
- kein Touchscreen
- Buchbezug ist auf den Amazon-Shop beschränkt (kann das weit- verbreite epub nicht anzeigen!)
- fast keine deutschsprachigen Bücher verfügbar