Die Telekom-Anbieter haben im Verlauf dieses Jahres die Geschwindigkeiten für Breitband-Internetabos erhöht. Für den bei den 2,4 Millionen Breitbandsurfern beliebtesten 3500er-Anschluss kündeten sie zum Beispiel neu eine maximale Downloadrate von 5000 statt wie bisher 3500 kbit/s an.
Doch saldo-Messungen zeigen: Das sind für viele Internetnutzer leere Versprechungen. Nur 20 bis 40 Prozent der Nutzer mit einem 5000-kbit/s-Anschluss erreichen die von den Providern angepriesene Geschwindigkeit im Internet.
Das zeigen 80000 Testmessungen bei mehr als 10000 Surfern, welche die HSR Hochschule für Technik Rapperswil in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Cnlab für saldo durchgeführt hat (siehe Grafik im pdf-Artikel).
Beim Kabelnetzanbieter Cablecom erreichen immerhin 40 Prozent der Surfenden die volle Downloadrate von 5000 kbit/s. Schlechter schneiden die DSL-Anbieter ab. Bei Solnet zum Beispiel erreichen nur mickrige 13 Prozent der Kunden die volle Downloadrate.
Videos und Musik: Unterbrüche bei niedriger Datenrate
Selbst eine Download-Geschwindigkeit von 4000 kbit/s erreichen bei sämtlichen Anbietern weniger als zwei Drittel der Kunden. «Wir halten dies für unbefriedigend. Das muss verbessert werden», kommentiert Peter Heinzmann von der Hochschule für Technik die mangelnde Leistung.
Auch bei den schnelleren Breitband-Angeboten sieht die Situation nicht besser aus: Bei der Cablecom zum Beispiel erreichen nur 25 Prozent der Hispeed-25000-Abonnenten 80 Prozent oder mehr der angepriesenen Maximalrate.
Beim 20 000-kbit/s-Angebot der Swisscom sind die Resultate nur leicht besser. Hier erreichen 48 Prozent der Abonnenten 80 Prozent oder mehr der Maximalrate – auch hier wird also viel mehr versprochen als erfüllt.
Bei einer tieferen Download-Datenrate dauert das Laden von Internetseiten deutlich länger. Zu niedrige Datenmengen können bei Video- und Musik-Anwendungen zu lästigen Unterbrüchen und Aussetzern führen.
Unterschiedliche Faktoren für Einbusse bei der Geschwindigkeit
Entscheidend für die Datenraten der DSL-Anschlüsse ist die Länge der Telefonleitung zwischen der Telefonzentrale beziehungsweise dem nächsten Verteilpunkt und dem Anschluss im Haushalt. Je länger die Leitung, desto geringer die Kapazität.
Bei längeren Telefonleitungen reduziert die Swisscom die maximale Datenrate in Eigenregie auf tiefere Werte, die etwa bei 4400 kbit/s, 3800 kbit/s und 2500 kbit/s liegen. Damit will sie laut eigenen Angaben selbst bei schlechterer Leitungsqualität eine fehlerfreie Datenübertragung gewährleisten.
Ärgerlich: Kunden, die nur mit reduzierter Datenrate surfen, zahlen trotzdem den vollen Preis fürs Abo. Der einzige Ausweg: Wahl eines billigeren Abos mit tieferer Downloadrate.
Bei den Kabelnetz-Anschlüssen verfügt nicht jeder Haushalt über ein eigenes Kabel zum Netzverteilpunkt. Es kommt zu Überlastungen, wenn zu viele Kunden gleichzeitig eine grosse Datenmenge übertragen, beispielsweise in der Spitzenzeit zwischen 16 und 23 Uhr.
Die Messungen haben gezeigt, dass es bei Cablecom, anders als bei den DSL-Anbietern, grosse tageszeitabhängige Unterschiede gibt – besonders bei Angeboten mit hoher Geschwindigkeit. Wer also in einem Netzbereich mit vielen aktiven Kunden angeschlossen ist, surft langsamer. Zu überlasteten Netzbereichen gehören zum Beispiel Möri-
ken (AG) und Romanel-sur-Lausanne (VD).
«Wir bauen die am stärksten belasteten Gebiete fortlaufend aus», sagt Cablecom-Sprecher Hans Wyler. Die Netzaufrüstung soll Geschwindigkeiten bis 100 Mbit/s ermöglichen.
Doch warum werben die Anbieter mit Werten, die sie grösstenteils nicht einhalten können? Sunrise-Sprecher Konrad Stokar räumt ein, dass auf diese Weise mehr Abos verkauft werden können: «Die Angabe der Maximalwerte erfolgt aus Marketingüberlegungen.» Die Swisscom stellt sich auf den Standpunkt, dass sie die Minimalwerte genügend klar deklariere. Und Cablecom-Sprecher Wyler meint, dass der Download nicht allen Kunden gleichermassen wichtig sei: «Viele legen bei Hispeed 25000 mehr Wert auf den hohen Upload von 2,5 Mbit/s.»
Gemäss eigenen Angaben teilen Sunrise und Swisscom ihren Kunden bei der Bestellung immerhin mit, ob sie die gewünschte Maximalrate erreichen. Sie versichern sogar, den Kunden ein günstigeres Abo anzubieten, falls sie von einer Erhöhung der Datenrate nicht profitieren können.
Bei Cablecom dagegen müssen die Kunden selber aktiv werden, wenn sie ein günstigeres Abo wünschen.
So testen Sie Ihren Anschluss
Falls Sie den Verdacht haben, die angestrebte Geschwindigkeit nicht zu erreichen, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
Für DSL-Kunden:
Testen Sie unter http://speedtest.cnlab.ch, wie schnell Ihr Anschluss ist. Erreichen Sie nicht die in Ihrem Breitband-Abo versprochene Downloadrate, überprüfen Sie, welche Datenraten ihr Telefonanschluss zulässt, entweder auf der Website von Swisscom (bei «Geschwindigkeit Ihres Swisscom-Anschlusses prüfen…») oder bei Ihrem Provider (Links finden sich in einer Dokumentation unter www.saldo.ch).
Die Werte der Provider können sich unterscheiden, je nach Technologien der Anbieter: Ergibt der Test eine tiefere Geschwindigkeit, ist die Leitung zwischen der Telefonzentrale und Ihrem Hausanschlusspunkt zu lang. Die Kapazität Ihrer Leitung ist beschränkt und Sie können die Geschwindigkeit nicht steigern.
Je höher die Soll-Geschwindigkeit Ihres Angebots, desto grösser die Chance, dass Ihr Telefonanschluss nicht darauf ausgerichtet ist. Falls der Unterschied zwischen der Soll- und Ist-Geschwindigkeit sehr gross ist, zum Beispiel nur 600 kbit/s statt 5000 kbit/s, lohnt es sich, auf ein günstigeres DSL-Abo umzusteigen. Eine Alternative wäre ein Wechsel zur Cablecom, bei der Sie die höhere Bandbreite erhalten. Doch der Cablecom-Kundendienst sorgt laufend für negative Schlagzeilen.
Ist Ihr Telefonanschluss laut Test auf die versprochene Geschwindigkeit ausgerichtet und Sie erreichen die Zielwerte beim Speed-Test trotzdem nicht, könnte eine Störung bei Ihrer Hausinstallation, den Netzanschlussgeräten (WLAN, Powerline) oder dem Computer vorliegen. Sie sollten die Geräte und Installationen überprüfen, um eine bessere Geschwindigkeit zu erzielen.
Für Cablecom-Kunden
Testen Sie unter http://hsi.cablecom.ch, wie schnell Ihr Anschluss tatsächlich ist. Falls die Download-Datenrate weniger als 90 Prozent der Soll-Datenrate beträgt, sollten Sie Messungen ausserhalb der Spitzenzeiten durchführen (zum Beispiel zwischen 24 und 7 Uhr). Falls nun die Soll-Datenrate nicht erreicht wird, ist das Netz in Ihrer Umgebung überlastet. Eventuell hilft ein Neustart des Cablemodems. Ansonsten müssen Sie auf den Ausbau der Infrastruktur in Ihrer Umgebung warten oder auf DSL wechseln, sofern Ihr Telefonanschluss für hohe Geschwindigkeiten bereit ist.
Falls Sie die Soll-Datenrate selbst in Niedriglast-Perioden nicht erreichen, könnte der Engpass bei den Netzanschlussgeräten oder dem Computer liegen. Eine ausführliche Hilfe zum Vorgehen mit Direktlinks gibt es unter www.saldo.ch.