Augen-Make-up mit Schwermetall belastet
Kassensturz und saldo weisen zum ersten Mal nach: Einige Augen-Make-ups enthalten Schwermetalle in hoher Konzentration.
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saldo 12/2003
25.06.2003
Bennie Koprio
Was Frauen tagtäglich zu ihrer Verschönerung benutzen, ist nicht über jeden Zweifel erhaben. Eine Analyse von 44 Produkten zeigt: In Lidschatten und Kajalstiften stecken unnötig viele und teils gefährliche Schwermetalle. Fünf Kajalstifte enthalten mehr als 10 Milligramm Blei pro Kilogramm; das übersteigt die Grenze, die der zuständigen Arbeitsgruppe des Bundesamts für Gesundheit (BAG) als Grundlage dient. Hermann Kruse, stellvertretender Direktor des Instituts für experimentelle Toxiko...
Was Frauen tagtäglich zu ihrer Verschönerung benutzen, ist nicht über jeden Zweifel erhaben. Eine Analyse von 44 Produkten zeigt: In Lidschatten und Kajalstiften stecken unnötig viele und teils gefährliche Schwermetalle. Fünf Kajalstifte enthalten mehr als 10 Milligramm Blei pro Kilogramm; das übersteigt die Grenze, die der zuständigen Arbeitsgruppe des Bundesamts für Gesundheit (BAG) als Grundlage dient. Hermann Kruse, stellvertretender Direktor des Instituts für experimentelle Toxikologie in Kiel (D): «Blei ist sogar noch giftiger als bis vor kurzem angenommen; es wirkt neurotoxisch», schädigt also das Nervensystem.
Kobalt, Chrom und Nickel können Ekzeme auslösen
Ein Lidschatten von Epa enthält zudem eine kritische Konzentration von löslichem Wismut. Dieser Stoff ist in löslicher Form nach den Worten des Toxikologie-Professors «mindestens so giftig wie Blei».
Im Auftrag von saldo und Kassensturz hat das Laboratorium der Urkantone in Brunnen die Produkte auch auf Chrom, Kobalt und Nickel untersucht. «Bei Menschen, die auf diese Substanzen allergisch sind, können die drei Stoffe Kontaktekzeme hervorrufen», erklärt Andrea Cadotsch, Dermatologe aus Zürich. Speziell heikel in Kosmetika ist Nickel, da rund ein Viertel der Frauen im Alter zwischen 28 und 39 Jahren auf diesen Stoff allergisch reagiert.
Daniel Andrey, Chefanalytiker des Labors, hat Chrom, Kobalt und Nickel zwar in teils erheblichen Mengen nachgewiesen; die Substanzen führen aber gemäss dem bisherigen Stand der Erkenntnisse nur dann zu Beschwerden, wenn sie löslich sind, also in die Haut eindringen. Nach dem Löslichkeitstest kann Andrey Entwarnung geben: «Die gefundenen Mengen sind so gering, dass sie nicht relevant sind.»
Und so reagierte die Branche auf die bedenklichen Resultate bei Blei und Wismut: Die einen Hersteller beharren darauf, dass ihre Produkte «der internationalen Norm einwandfrei entsprechen» (Dior), andere können das «Testresultat nicht nachvollziehen» (Nivea/Beiersdorf). Weitere verweisen darauf, dass für Schwermetalle in Kosmetika «weder Grenzwerte noch Empfehlungen existieren» (Epa).
Verbindliche Toleranzwerte existieren nicht
Wissenschaftliche Erkenntnisse sind auf diesem Gebiet dünn gesät; die gesetzlichen Grundlagen sind schwammig bis mangelhaft, verbindliche Toleranzwerte fehlen. «Wir sind mit dieser Situation nicht zufrieden», räumt Michel Donat vom BAG ein. Deshalb hat das Bundesamt eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Und Bernard Coëtta, Direktor des Kosmetik-Verbands, versichert: «Die Unternehmen setzen alles daran, die Konzentration an Schwermetallen so tief zu halten, dass sie für die Konsumentinnen unbedenklich ist.»
Angesichts dieser Faktenlage wurden bei der Beurteilung der Testergebnisse nur jene beiden Stoffe berücksichtigt, die nach Angaben der Experten gesundheitlich relevant sind: Blei und Wismut löslich. Die Tabellen enthalten jedoch auch die Testergebnisse der übrigen Stoffe - damit jede Konsumentin selber entscheiden kann, was sie sich tagtäglich aufs Auge streicht.