Saldo und die TV-Sendung «Kassensturz» haben in Asia-Läden und bei Grossverteilern zwanzig frische, typisch asiatische Gemüse und Kräuter eingekauft, darunter Bohnen, Kohl, Chilis, Okras und Koriander. Das Kantonslabor Zürich untersuchte diese auf Pestizide (siehe Unten «Die Stichprobe»). Die Produkte in der Stichprobe stammen aus Thailand, Vietnam und Sri Lanka.
Resultat: Nur acht Produkte sind unproblematisch. Sie sind zwar nicht gänzlich frei von Pestiziden. Die Rückstände sind aber so klein, dass bei normaler, abwechslungsreicher Ernährung keine gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten sind.
In zwölf Fällen waren die Höchstwerte einzelner Pestizide überschritten. Die Händler dürfen solche Produkte aber trotzdem weiter verkaufen. Denn die Höchstwerte berücksichtigen nicht nur das Gesundheitsrisiko für Konsumenten, sondern auch die Interessen der Produzenten und Pestizidhersteller (saldo 12/2015). Bei einer Überschreitung dieser Werte müssen die Kantonslabors im Einzelfall beurteilen, wie hoch das gesundheitliche Risiko ist und welche Massnahmen nötig sind.
Probe aus Berner Asia-Laden überschreitet Grenzwert
Ab einem bestimmten Grenzwert gilt eine Ware als gesundheitsgefährdend. Erst dann darf das Gemüse in der Schweiz nicht mehr verkauft werden.
Bei der saldo-Stichprobe wurde dieser Grenzwert in einem Fall überschritten. Der «Parsley» aus einem Asia-Laden in Bern-Liebefeld war so stark mit Chlorpyrifos und Phenthoat belastet, dass der Konsum die Gesundheit gefährden kann.
Die zwei Stoffe sind Pestizide, die Insekten töten. In Tierversuchen zeigten beide zudem eine schädliche Wirkung auf das Nervensystem. Chlorpyrifos kann auch die Gehirne von Ungeborenen verändern.
Händler nehmen Produkte aus dem Verkauf
Die Firma A-Chau Trading, welche den stark belasteten «Parsley» verkauft, hat den Import nach eigenen Angaben sofort gestoppt und den Lieferanten auf die Mängel hingewiesen. «Wir führen auch Stichproben durch, können aber aufgrund der Menge nicht jedes Produkt kontrollieren», schreibt das Unternehmen.
Coop und Globus geben an, den Überschreitungen der Höchstwerte nachgehen zu wollen. Man werde die Lieferanten kontaktieren. Asia Store schreibt, dass man die betroffenen «Bitter Melons» aus dem Verkauf nehme, bis die Ursache für die Höchstwertüberschreitung abgeklärt sei. Die Importeure Asia Company (Produkte 2, 11 und 19) und die Tang Engros AG (Produkte 6 und 17) erklären, wie es zu Kontaminationen mit Pestiziden kommen kann. Auf den grossen Anbauflächen in Asien sei es schwierig zu kontrollieren, wann welcher Produzent Pestizide spritze. Wenn ein Produzent auf einem Feld die Sperrzeiten nicht einhalte, könne ein benachbartes Feld durch Wind und Wasser kontaminiert werden. Das Chlorat auf dem Gemüse stamme vom Wasser, mit dem die Ware gewaschen werde.
Übrigens: Höchst- und Grenzwerte gelten in ganz Europa nur für jeweils einzelne Pestizide. Ist das Gemüse mit kleinen Mengen verschiedener Pestizide belastet, wird es von den Kontrollbehörden nicht beanstandet. saldo fordert deshalb seit Jahren die Einführung von Grenzwerten für Mehrfachbelastungen.
Diese Produkte sind häufig belastet
Eine Auswertung von 900 Zollkontrollen von asiatischem Gemüse zwischen 2012 und 2015 durch den Bund zeigte: Je nach Herkunftsland waren bis zu 53 Prozent aller Produkte mit Pestiziden belastet. Bei rund einem Drittel wurden einzelne oder mehrere Höchstwerte überschritten.
Gemüse und Kräuter aus Vietnam, Kambodscha, Laos, Malaysia und Indien waren besonders oft belastet.
Am problematischsten waren Fruchtgemüse wie Peperoni, Chilis, Auberginen oder Okras; Kohlgemüse wie Chinakohl, Grünkohl oder Broccoli; Zwiebeln, Bohnen und Kräuter wie Koriander.
Wer möglichst keine Pestizide essen will, sollte Bio- Ware in den Einkaufskorb legen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um günstiges Bio-Gemüse aus dem Discounter oder um teurere Bio-Produkte handelt.
Auch Bauern aus der Schweiz und der EU setzen viele Spritzmittel ein. Das zeigen Tests von saldo, «K-Tipp» und «Gesundheitstipp». Beispiele sind Erdbeeren und Kartoffeln aus der Schweiz, Gurken und Peperoni aus Spanien oder Kopfsalat aus Italien. Ebenfalls häufig sind Pestizidrückstände zu finden in Wein, Tee, Balsamico-Essig oder Trockenfrüchten wie etwa Rosinen.
Die Stichprobe
In der Stichprobe von saldo und der TV-Sendung «Kassensturz» fand das Zürcher Kantonslabor 18 verschiedene Pestizide, bei denen die Höchstwerte überschritten waren. Darunter besonders häufig anzutreffen sind die fünf Substanzen Chlorat, Chlorfenapyr, Chlorantraniliprol, Fipronil und Methamidophos.
Chlorat: Gelangt über chlorhaltiges Wasser in Lebensmittel. Der Stoff kann die Aufnahme von Jod hemmen. Hohe Dosen behindern zudem die Sauerstoffaufnahme ins Blut. Die Folge kann Nierenversagen sein.
Chlorfenapyr: Wird als Insektizid angewendet und wirkt beispielsweise gegen Bettwanzen. Es wird als Alternative zu anderen Mitteln eingesetzt, gegen die Insekten bereits resistent geworden sind. Es gibt Hinweise aus Tierversuchen, dass die Chemikalie in hohen Dosen krebserregend wirken könnte.
Chlorantraniliprol: Wirksam gegen verschiedene Insekten. Ist sehr giftig für Wasserorganismen und baut sich nur schwer ab.
Fipronil: Wird gegen Ackerschädlinge und Hautparasiten eingesetzt. Zeigte in Tierversuchen eine giftige Wirkung auf das Nervensystem und die Leber. Bekannt geworden durch den Eierskandal in diesem Sommer.
Methamidophos: Wird als Insektizid beispielsweise in China grossflächig beim Anbau von Reis verwendet. Ist in der EU und der Schweiz nicht zugelassen. Zeigte bei hohen Dosen in Tierversuchen negative Effekte auf das Nervensystem. Gefährlich für Fische, Bienen und Vögel.