Asiatische Würze mit schlechtem Beigeschmack
Ohne Sojasauce keine asiatische Küche. Nur: Im saldo-Test wies jedes zweite Produkt Mängel auf. Und in einer Sauce fand das Labor gar Krebs erregende Stoffe.
Inhalt
saldo 16/2003
08.10.2003
Jeannette Büchel
Sojasaucen gehören zur fernöstlichen Küche wie Bouillon in die heimischen Küchenschränke. Asiatisch kochen liegt im Trend, dementsprechend gross ist die Auswahl an Sojasaucen in den Regalen der Lebensmittelgeschäfte. Grund genug, die Produkte genauer zu untersuchen. saldo kaufte 15 Proben bei Grossverteilern und in Asien-Shops und schickte sie ins Labor (siehe Kasten S. 17).
Fazit der Untersuchung: Die Qualität von sechs Saucen ist ungenügend. In der Sauce Aloha Shoyu Soy ...
Sojasaucen gehören zur fernöstlichen Küche wie Bouillon in die heimischen Küchenschränke. Asiatisch kochen liegt im Trend, dementsprechend gross ist die Auswahl an Sojasaucen in den Regalen der Lebensmittelgeschäfte. Grund genug, die Produkte genauer zu untersuchen. saldo kaufte 15 Proben bei Grossverteilern und in Asien-Shops und schickte sie ins Labor (siehe Kasten S. 17).
Fazit der Untersuchung: Die Qualität von sechs Saucen ist ungenügend. In der Sauce Aloha Shoyu Soy fanden die Tester sogar Krebs erregende Chlorpropanole. Diese Stoffe können bei der chemischen Herstellung der Sojasaucen entstehen, wenn nicht sorgfältig gearbeitet wird (siehe Kasten S. 18). In den letzten Jahren fand das Amt für Lebensmittelkontrolle der Kantone AR, AI, GL und SH immer wieder Chlorpropanole in Würzmitteln. 2001 sorgte eine englische Untersuchung letztmals für Aufregung: Britische Lebensmittelbehörden entdeckten die giftigen Substanzen in 22 von 100 Soja- und Austernsaucen.
Aloha Shoyu Soy nicht mehr im Jelmoli-Sortiment
Aufgeschreckt durch diese Ergebnisse scheinen die Hersteller mittlerweile mehr Vorsicht walten zu lassen: Von den 15 Saucen, die saldo analysieren liess, fanden sich Chlorpropanole nur im Produkt Aloha Shoyu Soy - gekauft in der Jelmoli Gourmet Factory. Dies aber in erheblicher Konzentration: Der gemessene Wert war fast 60-mal höher als erlaubt - 11 600 Mikrogramm pro Kilogramm.
Chlorpropanole gelten als Krebs erregend und potenziell Erbgut schädigend. Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen Union empfiehlt, täglich nicht mehr als 2 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht zu sich zu nehmen. Für eine 70 Kilogramm schwere Person wären dies 140 Mikrogramm - 30-mal weniger als der Inhalt einer Flasche Aloha Shoyu.
Jelmoli reagierte sofort und nahm das Produkt aus dem Sortiment. «Wir verzichten auf den Weiterverkauf dieser Marke. Leider konnte uns der Importeur diesen Anteil an Chlorpropanol nicht erklären», schreibt Guido Signer, Leiter Einkauf und Qualitätsmanagement bei Jelmoli Gourmet Factory.
saldo wollte ausserdem wissen, wie es um die Qualität der asiatischen Würze bestellt ist. Die Lebensmittelverordnung schreibt vor, dass Sojasaucen mindestens 1 Prozent Gesamtstickstoff und 25 Prozent Trockensubstanz enthalten müssen. Die Trockensubstanz bleibt nach dem Verdampfen des Wassers zurück. Die Menge sagt etwas über die Konzentration der Würze aus - schliesslich will ja niemand mit Wasser würzen.
Aber: Ein allzu hoher Wert ist nicht zwingend ein Qualitätsmerkmal, denn zur Trockensubstanz zählen neben Soja-Eiweiss auch Zucker und Salz. Diese Zutaten stehen ohnehin in der Küche und brauchen nicht in Form einer teuren Sojasauce gekauft zu werden. Die beiden Produkte Soy-King und Aloha Shoyu enthielten zu wenig Trockensubstanz - sie schafften die 25-Prozent-Hürde nicht.
Lieferant von Blue Dragon will Rezeptur überarbeiten
Sechs Saucen scheiterten am Gesamtstickstoffgehalt. Je höher dieser ist, desto mehr proteinhaltige Rohstoffe wurden bei der Herstellung eingesetzt. Die Messwerte lagen zum Teil klar unter dem Mindestgehalt von 1 Prozent. Blue Dragon, Aloha Shoyu, Soy-King und Suzi Wan enthielten nur 0,6 Prozent oder noch weniger. «Ist der Gesamtstickstoff zu tief, hat die Würze zu wenig Gehalt, es wurden zu wenig proteinhaltige Rohstoffe verwendet. So wird der Konsument getäuscht», erklärt Kurt Seiler, stellvertretender Kantonschemiker beim Amt für Lebensmittelkontrolle der Kantone AR, AI, GL und SH.
Für Globus gaben die Befunde Anlass, die Sojasauce Soy-King aus dem Sortiment zu nehmen. Der englische Lieferant von Blue Dragon verspricht, die Rezeptur so schnell wie möglich zu überarbeiten. Masterfoods AG, Importeur der Sojasauce Suzi Wan süss, weist darauf hin, dass es sich bei seinem Produkt nicht um eine klassische Sojasauce, sondern um eine Mischung aus Sojasauce mit Zucker und Wasser handle. Der Gesamtstickstoffgehalt der Zutat Sojasauce betrage 1,25 Prozent und erfülle die Gesetzesbestimmungen. Der Hersteller der Amoy-Sauce bezweifelt die Testergebnisse. Eigene Messungen hätten einen Gesamtstickstoffgehalt von über 1 Prozent ergeben.
Unterschiedliche Verwendung der Saucen in der Küche
Um den Geschmack der Sojasaucen zu beurteilen, liess saldo die Produkte von fünf Expertinnen und Experten degustieren. Es stellte sich allerdings heraus, dass sich die Saucen nicht miteinander vergleichen lassen. «Jedes der 15 Produkte hat einen anderen Geschmack, teilweise durch die Essenskultur des Herkunftslandes bedingt. Je nach Art des Gerichts und persönlicher Vorlieben kann eine andere Sauce die Richtige sein», sagt Kochkursleiterin Bencha Ruh aus Schaffhausen, eine Expertin für asiatische Küche. Dunkle, melasseartige Saucen verwendet sie wie Bratensauce, etwa zum Anbraten bei Bami- oder Nasi-Goreng oder auch zum Marinieren. Die helle, dünnflüssige Sauce eignet sich zum Dippen von Sushi oder anstelle von Salz zum Würzen von Suppen.
Kikkoman, Healthy Boy Brand: Extrem hoher Salzgehalt
Apropos Salz: saldo hat den Gehalt messen lassen. Dabei traten grosse Unterschiede zu Tage. Während die Suzi-Wan-Sauce nur 10 Prozent Salz enthält, wurden bei Kikkoman und Healthy Boy Brand über 22 Prozent gemessen. Noch grössere Unterschiede fanden sich beim Preis: Die Sauce Pantai aus dem Asienladen kostet 85 Rappen pro Deziliter - die gleiche Menge des Bio-Produkts Tamari Danival im Reformhaus happige Fr. 5.25.
So wurde getestet
Die 15 Sojasaucen liess saldo im Amt für Lebensmittelkontrolle der Kantone Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Glarus und Schaffhausen untersuchen. Geprüft wurden:
Chlorpropanole. Sie entstehen bei einer unsauberen Herstellpraxis und gelten als Krebs erregend und potenziell Erbgut schädigend.
Gesamtstickstoff. Der Wert gibt an, wie viel proteinhaltige Rohstoffe für die Herstellung der Sauce verwendet wurden. Die Schweizerische Lebensmittelverordnung sieht für Sojasauce einen Gesamtstickstoffgehalt von mindestens einem Massenprozent vor.
Trockensubstanz. Das ist der Anteil, der nach dem Verdampfen von Wasser zurückbleibt. Je grösser die Menge der Trockensubstanz, desto konzentrierter ist die Würze. Laut Lebensmittelverordnung müssen Sojasaucen mindestens 25 Prozent Trockensubstanz enthalten.
Deklaration. Es wurde kontrolliert, ob die Deklaration den lebensmittelrechtlichen Vorschriften entspricht.
Salzgehalt. Dieser wurde für das Gesamturteil nicht berücksichtigt, sagt jedoch einiges über den Geschmack und Verwendungszweck der Sauce aus.
Verschiedene Verfahren: Tradition kontra Chemie
Sojasauce ist ein uralter Bestandteil der asiatischen Küche. Bereits vor 2500 Jahren soll ein japanischer Mönch bei der Herstellung der traditionellen Würzpaste Miso die Sojasauce entdeckt haben. Heute gibt es Saucen in diversen Varianten: hell, dunkel, süss, sehr salzig, dick- oder dünnflüssig. Generell wird zwischen zwei Herstellungsverfahren unterschieden:
Traditionelle Herstellung:
Aus gedünsteten Sojabohnen und Weizenschrot entsteht ein Brei, dem Schimmelpilzkulturen zugefügt werden. In einem ersten Schritt zerlegen die Pilzkulturen die Masse in leicht abbaubare Aminosäuren und vergärbaren Zucker. Für die eigentliche Gärung wird nun Wasser und Salz zugegeben. Dann kommt das Gemisch zusammen mit Hefe und Milchsäurebakterien in spezielle Gärbehälter aus Stahl (früher aus Holz). Der Gärprozess dauert mehrere Monate - bei hochwertigen Saucen kann er gar Jahre in Anspruch nehmen. Durch die Gärung verwandelt sich die Mixtur in einen würzigen Brei, welcher schliesslich durch Tücher gefiltert und gepresst wird. Nach dem Pasteurisieren wird die Sojasauce in Flaschen abgefüllt.
Industrielle Herstellung:
Die traditionelle Herstellung ist aufwändig und teuer. Deshalb wird heute ein grosser Teil der Saucen mit einem chemischen Verfahren produziert. Der Vorteil: Diese Herstellungsart ist wesentlich schneller und daher günstiger. Das Sojaschrot wird mit Salzsäure gekocht, um die Proteine aufzuspalten. Um diesen Prozess wieder zu stoppen, wird Natriumhydroxid beigefügt. Danach wird die Flüssigkeit gefiltert.
Manche Hersteller färben ihre Produkte zusätzlich mit Maissirup und Karamellfarbstoffen, häufig geben sie auch Aromen und Konservierungsmittel hinzu. Oft werden die industriellen Produkte auch mit hochwertigen traditionell hergestellten Sojasaucen vermischt, um die Qualität etwas aufzubessern.