Allroundskis im Test: Ein Modell war "unfahrbar"
Technisch sind beinahe alle der Allroundmodelle im Test top, die grossen Unterschiede zeigen sich beim Fahrkomfort auf der Piste - und im Preis.
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saldo 17/2003
22.10.2003
Die nächste Skisaison beginnt in wenigen Wochen, bereits jetzt bieten die Sportgeschäfte die neuesten Skimodelle zum Kauf an. Ein Blick auf das Angebot zeigt, dass immer mehr Carvingskis nur noch als Set inklusive Platte und Bindung erhältlich sind. Die Hersteller argumentieren mit der optimalen Abstimmung zwischen Ski und Bindung. Was sie nicht sagen: In der Ski-Industrie sind viele Firmen eng miteinander verbunden und haben ein dementsprechend grosses Interesse, die Produkte des eigenen Kon...
Die nächste Skisaison beginnt in wenigen Wochen, bereits jetzt bieten die Sportgeschäfte die neuesten Skimodelle zum Kauf an. Ein Blick auf das Angebot zeigt, dass immer mehr Carvingskis nur noch als Set inklusive Platte und Bindung erhältlich sind. Die Hersteller argumentieren mit der optimalen Abstimmung zwischen Ski und Bindung. Was sie nicht sagen: In der Ski-Industrie sind viele Firmen eng miteinander verbunden und haben ein dementsprechend grosses Interesse, die Produkte des eigenen Konzerns zu verkaufen.
Sportfans, die selber bestimmen möchten, welche Bindung sie zu ihrem Ski kaufen, können dies bei immer weniger Skimarken tun. Der Trend zum Kombikauf kommt aber den Gelegenheitsfahrern entgegen, die sich beim Skikauf ausser mit dem Preis und dem Design nicht mit Details aufhalten möchten.
Der österreichische Verein für Konsumenteninformation hat 23 Carvingskis mit Richtpreisen zwischen 400 und 600 Franken getestet. Zu diesem Preis gibt es keine Spitzenmodelle, aber durchaus brauchbare Skis, die Durchschnittsfahrerinnen und -fahrern Spass machen und meist auch Fahrfehler verzeihen. Wichtig für viele: Die getesteten Skis verzeihen die gerutschten Schwünge, die manchen von der Alpinski-Zeit her noch in den Beinen stecken, ohne grosses Aufsehen. Die Carvingmodelle werden weiterhin sehr kurz gefahren: Bei den getesteten Modellen ist die Obergrenze bei 180 Zentimetern.
Im Test vertreten waren Damen- und Herrenmodelle. Damenskis sind in der Regel bei gleicher Länge leichter und haben eine weichere Schaufel, die mehr Komfort bieten soll. Im Praxistest zeigte sich Erstaunliches: Obwohl die Testerinnen und Tester alle Skis gefahren sind, bevorzugten sie weder die Damen- noch die Herrenmodelle.
Damenskis sind ein Verkaufsgag der Hersteller
Der Verdacht liegt also nahe, dass es sich bei den speziellen Damenskis wohl eher um einen Marketingtrick handelt. Zumal das Gewicht der Skis beim Fahren keine Rolle spielte. Viel eher dürfte es sich beim Tragen bemerkbar machen: Allein die Skis sind zwischen 2,4 und 3,7 Kilogramm schwer.
Elan-Ski bei steilem und griffigem Gelände «unfahrbar»
Die Skis wurden sowohl auf der Piste wie auch im Labor geprüft (siehe Kasten «So wurde getestet»). In der praktischen Prüfung, die für das Gesamturteil mit 75 Prozent gewichtet wurde, zeigten sich die grössten Unterschiede. Mit einigen Skimodellen bekundeten die Testerinnen und Tester Mühe. Den Blizzard-Ski Epic 7 Ti bezeichneten sie als «unruhigen Ski», das Schwestermodell Epic 5 L als «sehr träge». Auch keinen Gefallen fand der Elan Whisper 4.0. Der Kommentar der Testequipe zu diesem Modell: «Der Ski ist bei steilem und griffigem Gelände unfahrbar.» Der Grund: die schlechten Fahreigenschaften bei langen Schwüngen und der schlechte Kantengriff.
Der Kneissl Rail C3W wurde beim Kriterium Schussfahrt und Gleiten als mangelhaft beurteilt. Auch die Skis der Schweizer Firma Stöckli standen nicht in der Gunst der Tester. Das Modell Sinox Fun erreichte bei den Prüfpunkten Fahreigenschaften bei langen Schwüngen und Kantengriff nur mangelhafte Noten.
Im Labortest waren die meisten Skimodelle Spitze
Erfreulich fällt hingegen die Bilanz der technischen Prüfung aus: Mit Ausnahme von Nordica S.U.V. 10x und den Elan-Modellen erreichten alle Skis gute oder gar sehr gute Noten. Ein Ski, der bei der technischen Prüfung schlecht abschneidet, kann in der Praxis dennoch überzeugen und wird auch nicht nach den ersten Schwüngen aus dem Leim gehen. Dennoch sagt die technische Prüfung etwas über die Verarbeitungsqualität aus.
Mangelhafte Noten erhielten die Elan-Skis Whisper 4.0 und Whistler 4.0. Beide Modelle bestanden die Prüfung der Ausreissfestigkeit der Kante nicht. Fritz Minder von der Elan Handels AG in Oberentfelden AG hält fest, dass es für die Kantenausreissfestigkeit keine internationalen Normen gebe. Bei internen Tests hätten die beiden Modelle stets gut abgeschnitten. Zudem habe Elan weltweit bisher keine Reklamation erhalten.
jeb.
So wurde getestet
- Praxistest: Die Skis wurden von Testfahrern unterschiedlicher Könnensstufen in Anlehnung an die ÖNORM ISO 8783 Probe gefahren. Bewertet wurden Fahreigenschaften, Skidynamik sowie Komfort und Toleranz auf einem vorgegebenen Kurs. Zusätzlich wurde auf nicht präparierten Pisten im Gelände getestet.
- Technische Prüfung: Die Ausreissfestigkeit der Kanten wurde mit einem Schlagpendel (definiertes Gewicht und Fallhöhe) geprüft. Es wurden Schläge an zwei Stellen eines Skis durchgeführt und danach die Verformung der Kante gemessen. Die Kantenstärke wurde durch Vermessen der Kante in der Skimitte ermittelt. Vor der Prüfung beim Aufpralltest wurden die Skis bei minus 20 Grad Celsius zwölf Stunden lang gelagert. Dann wurden Schaufel und Skiende mit unterschiedlichem Gewicht (dreimal mit 50 Kilogramm, einmal mit 60 Kilogramm und einmal mit 70 Kilogramm) hochgezogen, auf eine Stahlplatte aufgeschlagen und danach auf sichtbare Schäden überprüft.
Kluge Köpfe schützen sich
Mit der Entwicklung von Skimaterial und -fahrstil hat sich auch die Art der Verletzungen auf der Skipiste geändert. Die Rega schreibt in ihrem Bulletin: «Auch nicht routinierte Skifahrer flitzen heute schneller die Skipisten hinunter. Um das richtige Carving-Gefühl zu erleben, braucht es mehr Platz. Da die Pisten aber nicht breiter geworden sind, sind gegenseitige Behinderungen und Kollisionen programmiert.»
Pro Jahr verunfallen auf den Schweizer Pisten rund 76 000 Personen. Ein Zehntel aller Verunfallten verletzen sich - zum Teil mit schwerwiegenden Folgen - am Kopf. Allein in der Wintersaison 2002/2003 musste die Rega 831 verunfallte Kinder transportieren. Bei 290 der jungen Patienten diagnostizierten die Ärzte ein Schädel-Hirn-Trauma. Diese Zahlen machen deutlich, dass Helmtragen auch auf der Skipiste zur Selbstverständlichkeit werden sollte - für Gross und Klein.
Die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung empfiehlt, beim Helmkauf auf folgende Punkte zu achten:
- Der Helm muss den Sicherheitsanforderungen der Europäischen Norm entsprechen: Die entsprechende Bezeichnung EN 1077 muss im Helm vermerkt sein.
- Der Helm muss eine harte Aussenschale haben.
- Ein Helm mit einer auffälligen Farbe bringt noch mehr Sicherheit.
- Der Helm muss gut sitzen und sollte daher vor dem Kauf unbedingt ausprobiert werden. Er darf weder zu eng noch zu weit sein und nicht drücken.