Süssgetränke: «Horrende Preise»
Alkoholfreie Getränke kosten in Schweizer Beizen im Schnitt doppelt so viel wie in Deutschland. Hersteller und Wirte halten sich an den Getränken schadlos.
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saldo 13/2012
25.08.2012
Letzte Aktualisierung:
27.08.2012
Eric Breitinger
In einem Schweizer Restaurant kostete im Juli eine 3,3-dl-Flasche Coca-Cola, Rivella oder Fanta im Schnitt Fr. 4.69 – 15 Prozent mehr als im Dezember 2010. Das belegen Zahlen des Bundesamtes für Statistik. In der gleichen Periode fiel der Landesindex der Konsumentenpreise um 1 Prozent.
Kein Wunder, zahlen Gäste in der Schweiz für alkoholfreie Getränke laut Erhebungen des Basler Wirteverbands zurzeit im Schnitt mehr als das Doppelte als in deutschen Lokale...
In einem Schweizer Restaurant kostete im Juli eine 3,3-dl-Flasche Coca-Cola, Rivella oder Fanta im Schnitt Fr. 4.69 – 15 Prozent mehr als im Dezember 2010. Das belegen Zahlen des Bundesamtes für Statistik. In der gleichen Periode fiel der Landesindex der Konsumentenpreise um 1 Prozent.
Kein Wunder, zahlen Gäste in der Schweiz für alkoholfreie Getränke laut Erhebungen des Basler Wirteverbands zurzeit im Schnitt mehr als das Doppelte als in deutschen Lokalen. Und 70 Prozent mehr als in französischen Restaurants. Schweizer Gasthäuser verlangten laut der Europäischen Statistikbehörde Eurostat im Jahr 2011 die zweithöchsten Preise in Europa – nach norwegischen Restaurants.
Die Wirte in der Schweiz zahlen bereits beim Einkauf mindestens 40 Prozent mehr als im nahen Ausland. Ein Beizer aus Rheinfelden AG muss für eine 3,3-dl-Flasche Coca-Cola beim Schweizer Getränkehändler offiziell Fr. 1.12 bezahlen. Diesen Preis empfiehlt der Verband Schweizerische Getränkegrossisten in seiner Kalkulationshilfe, die saldo vorliegt.
Bei der Lörracher Privatbrauerei Lasser kostet die Flasche laut Preisliste nur 58 Rappen. Für die 3,3-dl-Pet-Flasche Rivella zahlt der Wirt beim Schweizer Grossisten Fr. 1.25, bei Lasser 84 Rappen. Und die 1,5-Liter-Pet-Flasche Cola kostet ihn beim inländischen Grossisten Fr. 2.30, bei Lasser Fr. 1.53. Der Getränkehandel Fulda in Berlin bietet die Getränke noch 20 Prozent billiger an.
«Coca-Cola Schweiz benimmt sich wie ein Monopolist»
Maurus Ebneter vom Basler Wirteverband kritisiert: «Die Getränkekonzerne setzen in der Schweiz wesentlich höhere Preise durch, um so die höhere Kaufkraft abzuschöpfen.» Bernhard Kuster vom Verband Gastrosuisse ärgern vor allem die Preise von Coca-Cola Schweiz. Der Softdrink-Produzent füllt auch Fanta, Sprite, Nestea und Valser-Wasser ab: «Das Unternehmen benimmt sich wie ein Monopolist.»
Schweizer Getränkehändler teilen die Kritik. Zum Leidwesen von Alt-Getränkeverbandspräsident Nerio Tamagni «bestehen Schweizer Konsumenten auf Coca-Cola». Folge: Coca-Cola Schweiz kann laut Tamagni «horrende, nicht marktgerechte Preise» von den Händlern kassieren. Coca-Cola bestreitet dies und verweist auf die höheren Schweizer Produktions- und Lohnkosten. 90 Prozent der Schweizer Produkte würden im Inland produziert.
Das undurchsichtige Preissystem im Getränkehandel behindert Direktimporte durch die Beizer. Beim Fassbier etwa sind «bis zu 70 Prozent» der Wirte durch mehrjährige Lieferverträge an einen einzigen Lieferanten gebunden (saldo 5/12).
Carlsberg und Heineken kontrollieren den Getränkevertrieb
Bei nichtalkoholischen Getränken dominieren Verträge mit Kickback-Klauseln, die den Einkauf im Ausland unattraktiv machen sollen: Je mehr Getränke ein Wirt oder Händler abnimmt, desto mehr Geld erhält er am Jahresende vom Schweizer Lieferanten zurück. Bei umsatzstarken Wirten können das laut Insidern bis zu 18 Prozent vom Umsatz sein, bei kleineren 10 bis 12 Prozent.
Hinzu kommt, dass die Grossbrauereien Carlsberg und Heineken zusammen bis zu 70 Prozent des Getränkevertriebs in der Schweiz kontrollieren (saldo 5/12). Unabhängige Getränkehändler können in der Regel nicht so attraktive Rabatte bieten wie die Vertriebsfirmen der Brauereien.
Wirte schlagen hohe Margen auf die Getränke
Doch auch die meisten Wirte kommen nicht zu kurz. Bei alkoholfreien Getränken rechnen sie mit hohen Gewinnmargen. Sie rechtfertigen diese gerne mit hohen Lohnkosten, verschweigen aber, dass sie bei kaum einer anderen Dienstleistung so viel draufschlagen.
Der pensionierte Luzerner Gastwirt Herbert Huber kritisiert die «traditionelle Sünde der Schweizer Gastrobranche», die durch überteuerte Getränke ihre Speisen quersubventionieren. Er rät Wirten, etwas mehr für aufwendige Menüs zu verlangen und dafür die Getränke zu verbilligen, um deren Absatz anzukurbeln.
Ins gleiche Horn stösst Nerio Tamagni: Nach seiner Erfahrung sparen viele Wirte beim Einkauf, etwa durch Parallelimporte oder Aktionen: «Ich vermisse aber, dass sie die billigeren Einkaufspreise an die Gäste weitergeben.»