Pestizid-Cocktails trüben den Teegenuss
Nur fünf Tees erwiesen sich im saldo-Test als schadstofffrei. Bei den restlichen Produkten fanden die Tester Spuren von bis zu neun verschiedenen Pestiziden.
Inhalt
saldo 18/2011
06.11.2011
Letzte Aktualisierung:
08.11.2011
Gertrud Rall
Sie sind besonders in der kalten Jahreszeit beliebt: Früchte- und Kräutertees. Die Getränke wärmen und gelten als gesund. Früchte- und Kräutertees enthalten zerkleinerte Teile von Früchten, Kräutern und Pflanzen. Daher sollte man sie eigentlich bedenkenlos und in grösseren Mengen trinken können.
Nur 5 der 20 Tees sind frei von Schadstoffen
saldo schickte 20 Beuteltees von Grossverteilern und Bio-L&a...
Sie sind besonders in der kalten Jahreszeit beliebt: Früchte- und Kräutertees. Die Getränke wärmen und gelten als gesund. Früchte- und Kräutertees enthalten zerkleinerte Teile von Früchten, Kräutern und Pflanzen. Daher sollte man sie eigentlich bedenkenlos und in grösseren Mengen trinken können.
Nur 5 der 20 Tees sind frei von Schadstoffen
saldo schickte 20 Beuteltees von Grossverteilern und Bio-Läden ins Testlabor. Darunter acht Früchtetees, sechs Kräutertees sowie sechs Pfefferminztees. Das Labor untersuchte die Teemischungen auf Pestizide und prüfte Aussehen, Geruch sowie Geschmack des zubereiteten Getränks. Ausserdem wurden die Tees auf Verunreinigungen hin überprüft (siehe «So wurde getestet»).
Die guten Nachrichten: Es wurden keine Verunreinigungen oder Fremdkörper gefunden. Und keine der 20 Teemischungen überschritt die zulässigen Höchstwerte für Pestizide. Allerdings enthielten nur fünf Tees keinerlei Schadstoffe – darunter drei Bio-Produkte. In den restlichen Teesorten fand das Labor Spuren verschiedener Pflanzenschutzmittel. Darunter krebserregende Substanzen und solche, die als Nervengift wirken, die Fortpflanzung stören oder ähnlich wie Hormone wirken können.
Keine Summen-Höchstwerte für Pestizide
Der Früchtetee von Lipton enthielt die meisten Pestizidrückstände – nämlich neun. Beim Früchte- und Pfefferminztee von Prix Garantie (Coop) sowie beim Kräutertee von Westcliff (Aldi) brachte die Analyse fünf verschiedene Schadstoffe ans Licht. Die zulässigen Höchstmengen wurden nicht überschritten. Otmar Deflorin vom Kantonslabor Bern kennt den Hintergrund: «Der Pestizid-Mix erzielt die vom Produzenten gewünschte Wirkung – die jeweiligen Höchstwerte der einzelnen Substanzen ist aber dennoch eingehalten.»
Der Einsatz von Pestizid-Cocktails ist nicht unproblematisch. Laut Kerstin Fleischer von Greenpeace Deutschland ist bisher nicht ausreichend untersucht, ab welcher Anzahl und in welcher Kombination die Pestizide gesundheitsschädlich sind. Und sie warnt: «Generell gibt es Hinweise darauf, dass sich verschiedene Wirkstoffe gegenseitig verstärken können.
Pestizid-Cocktails sind daher kritisch zu beurteilen und sollten seitens der Produzenten vermieden werden.» saldo zog deshalb bei der Beurteilung eines Tees pro nachgewiesenem Pestizid 0,4 Noten ab. Nur pestizidfreie Tees erhielten das Gesamturteil «gut» oder «sehr gut».
saldo konfrontierte die Hersteller mit den Testergebnissen. Lipton sieht kein Problem: Die Rückstände lägen ja unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Zum Lipton-Früchtetee, der grösstenteils aus getrockneten Äpfeln besteht, erklärt Markus Abt von Unilever: «Der Tee enthält nur einen geringen Bruchteil der bei Äpfeln zugelassenen Grenzwerte.»
Auch Aldi verweist auf die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte. Yvan Lehman von Wander, der Herstellerfirma von Twinings, sagt: «Die Produkte sind nicht biologisch und Spuren von Pestiziden um die Nachweisgrenze könnten sporadisch auftreten.» Coop erklärt die je fünf Pestizidspuren in den beiden Prix-Garantie-Tees mit verschiedenen Rohwarenchargen. «Die Zutaten werden von unterschiedlichen Bauern angebaut, sodass es beim Endprodukt zu einer Durchmischung kommt», so Denise Stadler von Coop. Die Herkunft des krebsverdächtigen Carbendazym im Bio-Pfefferminztee von Naturaplan will Coop in Zusammenarbeit mit Bio Suisse und den Lieferanten abklären.
Dass selbst Bio-Tees nicht zwingend pestizidfrei sein müssen, beweist auch der Basen Ausgleich Tee von Sonnentor, der Spuren des Insektizids DDT enthielt. «Wir erfüllen alle Richtlinien des Gesetzgebers sowie des Naturkostverbands. Es besteht keine gesundheitliche Gefährdung», sagt Günter Prinz von Sonnentor dazu.
Aromatisierte Tees schmecken zu künstlich
Zu geschmacklichen Beanstandungen führten die aromatisierten Früchtetees von Twinings und Westcliff. Beide schmeckten den Experten im Vergleich zu den nicht aromatisierten Tees zu künstlich. Dies, obwohl Twinings nach eigener Aussage nur natürliche Aromastoffe verwendet. Auch die Mischung des aromatisierten Kräutertees Mavita empfanden die Tester als unharmonisch. Beim Pfefferminztee von Denner führten eine erdige Note sowie ein bitterer Geschmack zur Abwertung. Denner-Mediensprecherin Grazia Grassi ging damit nicht einig: «Wir können die geschmackliche Abweichung nicht nachvollziehen.»
So wurde getestet
Ein anerkanntes deutsches Labor untersuchte 20 Beuteltees (Früchte-, Kräuter-, Pfefferminztee) auf folgende Kriterien:
- Pestizide: Es wurde nach mehr als 450 verschiedenen Substanzen gesucht.
- Sensorik: Die Tester übergossen jeweils zwei Teebeutel mit 300 ml kochendem Wasser und liessen sie je nach Teeart 5 bis 8 Minuten ziehen. Anschliessend wurde der Tee betreffend Aussehen, Geruch und Geschmack von fünf erfahrenen Tee-Sensorikern überprüft und benotet.
- Verunreinigungen: Das Labor untersuchte die Teeproben mikroskopisch auf teefremde Substanzen hin. Es wurden keinerlei Verunreinigungen festgestellt.