Viele Spitäler gaben in den letzten Tagen gute Zahlen für das letzte Geschäftsjahr bekannt: Das Kantonsspital Luzern steigerte seinen Gewinn um 47 Prozent auf 51 Millionen Franken. Das Universitätsspital Basel machte ein Plus von 11 Millionen Franken, 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch das Kantonsspital Winterthur schrieb 2013 einen Gewinn von 29,5 Millionen Franken, das Spitalzentrum Biel einen von 3,6 Millionen Franken. Diese Gewinne fliessen meist in die Reserven und an die Spitaleigentümer – das sind Kantone, Gemeinden und Privatunternehmen.
Damit setzt sich ein Trend fort: Schon 2012 konnten rentable Akutspitäler 75 Prozent höhere Gewinne als im Jahr zuvor verbuchen. Vor allem Universitäts- und grosse Zentrumsspitäler schnitten gut ab. Kleinere Spitäler gerieten eher unter Druck. Das sagt der Krankenkassenverband Santésuisse, der die Geschäftsberichte von 83 Spitälern auswertete.
Der Grund ist klar: Akutspitäler rechnen seit 2012 ihre stationären Behandlungen über Fallpauschalen ab statt über Einzelleistungen: Eine Blinddarmoperation kostet daher in einem Spital stets gleich viel, egal ob der Patient 5 oder 7 Tage dortbleibt.
Kassen klagen gegen zu hohe Tarifvorgaben der Kantone
Der Haken: Kassen und Spitäler konnten sich bisher am Verhandlungstisch oft nicht auf einen Basispreis oder Grundtarif einigen. Deshalb legten die Kantone die Fallpauschalen fest. Vorletztes Jahr für 85 von 170 Akutspitälern, letztes Jahr für 76 von 165 Spitälern. In diesem Jahr mussten die Kantone noch in 48 Fällen die Preise festlegen.
Doch viele dieser amtlichen Tarife sind in den Augen der Kassenverantwortlichen zu hoch. So klagte die Tarifsuisse AG gegen jeden zweiten für das Jahr 2012 erlassenen Spitaltarif vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Tochtergesellschaft des Krankenkassenverbandes Santésuisse vertritt zwei Drittel aller Krankenkassen. Zudem legte sie letztes Jahr gegen 35 von 76 Tarifen Beschwerde ein. Laut Tarifsuisse geht es um rund 500 Millionen Franken.
Auch Preisüberwacher Stefan Meierhans hält «die meisten Basispreise für um 10 Prozent überhöht». Er empfahl Akutspitälern einen Basispreis von rund 9000 Franken. Die Tarife der Spitäler lagen häufig bei 10 000 Franken und höher. Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz stört dabei vor allem die Doppelrolle der Kantone: «Als Spitalbesitzer wünschen sie hohe Gewinne, als Aufsichtsbehörde können sie diese zulasten der Prämienzahler absegnen.»
Gewinne sind nur durch Kostenersparnis erlaubt
Stefan Leutwyler von der Gesundheitsdirektorenkonferenz verteidigt das Vorgehen der Kantone. Ihre Tarife müssten für alle Spitäler «kostendeckend» sein. Der Spitalverband H + bestreitet, dass die Basistarife «generell» zu hoch sind. Die Spitäler müssten aufgrund der Neuregelung der Spitalfinanzierung über die Fallpauschalen auch «künftig ihre Investitionen selber finanzieren». So wolle es der Gesetzgeber. In der Praxis sprechen einzelne Kantone wie etwa St. Gallen für Neu- und Umbauten von Spitalgebäuden trotzdem Steuergelder.
Das Bundesverwaltungsgericht gab in einem Grundsatzurteil im April den Kassen recht. Die Richter hielten den vom Luzerner Regierungsrat für das Kantonsspital festgesetzten Basistarif von 10 325 Franken für ungerechtfertigt. Tarifsuisse hatte eine Pauschale von 8951 Franken gefordert. Zugleich legte das Gericht die Gesetze so aus, dass Akutspitäler künftig Profite in der Grundversicherung erwirtschaften dürfen. Allerdings seien nur «Effizienzgewinne» erlaubt, etwa durch transparent ausgewiesene Kosteneinsparungen. Hier hapert es noch: Die meisten rentablen Spitäler machen in ihren aktuellen Geschäftsberichten keine näheren Angaben zu den Quellen ihrer Überschüsse.
Fallpauschalen: Couchepins falsche Versprechen
Im Jahr 2007 versprach der damalige Bundesrat Pascal Couchepin im Parlament, dass das neue Fallpauschalensystem «den Kostenanstieg im Gesundheitswesen eindämmen» wird. Heute ist klar: Das Gegenteil ist der Fall. Die neuen pauschalen Abgeltungen trugen im Jahr 2012 kräftig dazu bei, die Spitalkosten um weitere 2,3 Milliarden Franken zu steigern – eine Erhöhung von 9,8 Prozent in einem einzigen Jahr.
Die Kosten tragen vor allem die Prämienzahler. Die neue Spitalfinanzierung belastet die Grundversicherten laut dem Krankenkassenverband Santésuisse mit zusätzlich 700 Millionen Franken im Jahr. Das sind pro Versicherten rund 90 Franken. Eine Milliarde Franken mehr im Jahr müssen gemäss dem Bundesamt für Statistik zudem die Steuerzahler ausgeben.
Forum: Was halten Sie vom neuen System der Fallpauschalen?
Schreiben Sie an:
saldo,
Postfach 723,
8024 Zürich,
redaktion@saldo.ch. Oder diskutieren Sie im Internet unter www.saldo.ch.