Wer früher nach München reisen wollte, nahm die Bahn oder das Auto. Heute können Reisende aus der Schweiz zusätzlich zwischen einem halben Dutzend privater Fernbusse wählen, die mehrmals täglich von Zürich oder Lörrach nach Bayern fahren (siehe Kasten). Ab Herbst wollen auch SBB und Deutsche Bahn Busse zwischen Zürich und München pendeln lassen.
saldo machte die Stichprobe und reiste per Car von Basel nach München und zwei Tage später im Zug zurück. Das Ergebnis: Im Fernduell der Verkehrsmittel gibt es keinen klaren Gewinner, nur Punktsieger in verschiedenen Disziplinen.
Reisedauer: Flinke Bahn, behäbige Busse. Der leuchtendgrüne Car mit der Aufschrift «Mein Fernbus» hält am Sonntag pünktlich um 8 Uhr 35 am Lörracher Busbahnhof, unweit vom Bahnhof der Deutschen Bahn. Der Fahrgast zeigt dem Chauffeur das per Internet gekaufte Ticket. Dieser checkt per Handy die Passagierliste und nickt. Die Reisenden sind bunt gemischt: Studenten, Familien, Rentner, Touristen aus China. Der Bus fährt nicht direkt nach München, sondern zuerst nach Zürich. Anderthalb Stunden nach der Abfahrt in Lörrach gilt es, im Zürcher Carpark am Sihlquai auf den Car nach München mit Endstation Berlin umzusteigen.
Der fährt Richtung Bodensee und nimmt in Konstanz die Fähre nach Meersburg. Drei Mal hält der Bus bei Haltestellen in Konstanz, Meersburg und Friedrichshafen und nimmt weitere Passagiere mit. Das braucht Zeit. Einmal bleibt der Bus im Allgäu im Stau stecken – 25 Minuten Verspätung. Bilanz: Die Busreise dauert ab Lörrach knapp 7 Stunden, ab Zürich 5 Stunden und 15 Minuten.
Zum Vergleich: Die Bahn brauchte für die Strecke ab München nach Basel «nur» 5 Stunden, inklusive Umsteigen: Beide Züge, der IC von München nach Karlsruhe und der ICE von dort nach Basel verkehrten fahrplanmässig. Auf der Strecke Zürich–München liegen Bus und Bahn mit einer Fahrtzeit von rund 4,5 Stunden gleichauf, falls sie pünktlich sind. Grundsätzlich gilt laut Stiftung Warentest, dass Schnellzüge auf längeren Strecken meist weniger Zeit benötigen als Busse. Knapper Punktsieger: Bahn.
Preis: Billige Busse – teure Bahn. 40 Franken kostete das Bahnbillett ab Lörrach nach München, 120 Franken das Ticket mit der Deutschen Bahn zurück nach Basel. Für den Bus gibt es Tickets bereits ab 18 Franken, der Zug kostet regulär (ohne Halbtaxabo) 96 Franken. In der Regel ist der Bus 60 bis 80 Prozent billiger als der Zug. Punktsieger: Bus.
Komfort: Im Bus kommt der Komfort leicht unter die Räder. Etwa bei der Verpflegung: Der Chauffeur erklärt kurz nach Zürich: «Die Kaffeemaschine ist heute leider kaputt.» Der Passagier will nun eine Cola. Doch die ist ausverkauft, genauso wie Sprite und Bier. Er nimmt eine Wasserflasche für 2 Franken. Im ICE-Bordbistro zwei Tage später hat er die Wahl zwischen sechs Sorten Frühstück (Fr. 11.10 bis Fr. 13.80) sowie sechs Gerichten vom Bio-Eintopf bis zum Rindsbraten für 20 Franken, dazu Cola, Tee, Bier oder Cake. Alles ist erhältlich. Das gilt für die Strecke über Deutschland. Im Direktzug von München nach Zürich gibt es einen Speisewagen mit ähnlichem Menüangebot.
Im Bus ist es für die Reisenden eng. Wer über 185 Zentimeter gross ist, muss darauf achten, mit dem Kopf nicht an der Decke anzustossen. Am Boden liegen Taschen, weil die Ablagen für Koffer zu schmal sind. Der Bus ist eng bestuhlt und fast immer voll besetzt. Am Laptop zu arbeiten ist mühsam. Lichtblick: Man kann per Smartphone im Internet surfen, das WLAN funktioniert meist. Und es könnte schlimmer sein: Eine mitreisende Studentin aus München bevorzugt Fernbusse, weil sie im Gegensatz zu überfüllten Zügen hier «immer einen Sitzplatz hat».
Am Dienstagnachmittag in den Zügen nach Basel über Deutschland hat der Reisende viel Raum, der Sitz neben ihm bleibt frei. Arbeiten am Laptop ist kein Problem. Er steht mehrmals auf, vertritt sich die Beine. Punktsieger: Bahn.
Ökobilanz: Bus und Bahn sind beide umweltverträglich. Laut dem deutschen Umweltbundesamt verbrauchen Fernbusse bei einer Auslastung von 60 Prozent nur 1,3 Liter Treibstoff pro Person und 100 Kilometer, der Fernzug verbrennt 2,3 Liter, ein Flugzeug 4,6 Liter, das Auto 6 Liter. Der Bus verpestet die Luft zudem vergleichsweise wenig: Pro Person und Kilometer stösst er halb so viel CO₂ aus wie der Fernzug. Auto und Flugzeug sondern die fünf- bis sechsfache Menge ab. Dafür hat der Zug die geringsten Emissionen bei Stickstoff- und Kohlenmonoxid sowie beim Feinstaub. Knapper Punktsieger: Bus.
Tickets
Tickets kauft man am besten per Internet. Denn viele Busse sind ausgebucht. Wie bei den Airlines gilt: Je früher man bucht, desto günstiger wird es. Hilfe bieten www.busliniensuche.de oder www.busticket.de, die verfügbare Angebote mit Preis und Fahrzeit anzeigen. Tickets von Zürich oder Basel nach München gibts ab 18 Franken, Zürich–Berlin ab 46 Franken. Per Bus kann man fast jede Grossstadt in Deutschland oder im übrigen Europa erreichen. Fernbus-Haltestellen gibt es in der Schweiz erst wenige. In Bern, Basel oder Luzern etwa fehlen sie noch. Abfahrtsorte für deutsche Linienbusse sind Zürich oder Lörrach (D). Bei den meisten Linien darf man ein bis zwei Gepäckstücke plus Handgepäck gratis mitnehmen. Die Mitnahme eines Velos kostet hingegen etwa bei Meinfernbus.de Fr. 11.50 pro Strecke.
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Ökovergleich hinkt gewaltig
Da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Wenn bei einem Auto ebenfalls eine Belegung von 60% angenommen wird, dann sinkt der Verbrauch auf 2 Liter (6 Liter / 3 Insassen).