Krankenkassen: Prämien auf Vorrat
Die Krankenkassen verlangen zu viel Prämien: Das zeigen die hohen Gewinne im letzten Jahr. Dennoch wollen die Kassen die Prämien bereits im kommenden Herbst wieder erhöhen.
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saldo 12/2012
16.06.2012
Letzte Aktualisierung:
19.06.2012
Harald Tappeiner
Anfang Juni feierten 1300 Mitarbeiter der Groupe Mutuel auf einer dreitägigen Mittelmeerkreuzfahrt ihr gutes letztjähriges Geschäftsergebnis. Auch andere Krankenkassen verdienten im letzten Jahr mit der obligatorischen Grundversicherung gut. Das zeigt ein Blick in die Geschäftsberichte von elf grossen Krankenversicherungen. Die CSS verbuchte einen Überschuss von 124,6 Millionen Franken, bei Concordia und Helsana belief er sich auf rund 95 Millionen Franken. Insgesamt ...
Anfang Juni feierten 1300 Mitarbeiter der Groupe Mutuel auf einer dreitägigen Mittelmeerkreuzfahrt ihr gutes letztjähriges Geschäftsergebnis. Auch andere Krankenkassen verdienten im letzten Jahr mit der obligatorischen Grundversicherung gut. Das zeigt ein Blick in die Geschäftsberichte von elf grossen Krankenversicherungen. Die CSS verbuchte einen Überschuss von 124,6 Millionen Franken, bei Concordia und Helsana belief er sich auf rund 95 Millionen Franken. Insgesamt verbuchten die grössten Krankenkassen 500 Millionen Franken Überschuss.
Die Kassen profitierten im letzten Jahr davon, dass sie in der Grundversicherung im Vergleich zum Vorjahr mehr Prämien einnahmen und gleichzeitig weniger Leistungen erbringen mussten. Die Erträge der Kassen stiegen im 2011, weil sie die Prämien für Leute ab 26 im Schnitt um 6,5 Prozent erhöht hatten. Insgesamt flossen so rund 1,4 Milliarden Franken mehr in die Kassen. Die ausbezahlten Leistungen aber sanken etwa bei der Helsana im Vergleich zum Vorjahr um 70 Millionen Franken. Auch CSS, Concordia, Visana und Sympany gaben weniger Geld für Leistungen aus.
Reserven liegen weit über 10 Prozent der Jahresprämien
Folge: Die Krankenkassen legten letztes Jahr noch mehr Reserven an als früher. Fünf der elf grossen Krankenkassen verzeichnen Reserven von über 15 Prozent der gesamten Prämien eines Jahres, das sind knapp 1,9 Milliarden Franken. Es sind dies Helsana, Groupe Mutuel, Concordia, Visana und ÖKK. Auch die anderen Kassen liegen deutlich über 10 Prozent. Über die komfortabelsten Reserven verfügt die Concordia mit einem Reserveanteil von über 23 Prozent des jährlichen Prämienvolumens. Das sind 366 Millionen Franken, welche die Versicherten bisher zu viel eingezahlt haben.
Bundesamt äussert sich nicht zum erneuten Prämienaufschlag
Nach Berechnungen von saldo könnte die Concordia jedem ihrer 540 000 Versicherten gut 380 Franken an zu viel bezahlten Prämien zurückzahlen – und wäre noch immer mit 10 Prozent Reserven ausgestattet. Die Mitglieder der Visana hätten demnach jeweils rund 330 Franken zugute, die der ÖKK rund 220 Franken. Auch die Helsana und die Groupe Mutuel könnten jedem ihrer Mitglieder mehr als 150 Franken zurückerstatten. Eine vierköpfige Familie würde so einen Zustupf von über 600 Franken erhalten.
Doch trotz voller Kassen sagen Helsana, CSS, Groupe Mutuel und auch Reserven-Spitzenreiter Concordia, sie würden ihre Prämien nächstes Jahr wieder erhöhen. Allerdings nur «moderat» – was immer das heissen mag. Das Bundesamt für Gesundheit muss die Prämien der obligatorischen Grundversicherung jeweils genehmigen. Das Amt wollte sich auf Anfrage von saldo zur Frage nicht äussern, ob die Krankenkassen weiterhin Prämien auf Vorrat verlangen dürfen. Die Prämiengenehmigung erfolge erst Ende September.