Alle Muskeln stehen unter Strom. Durch Elektroden an Brust, Rücken, Gesäss, Armen und Beinen fliesst Elektrizität, die Muskeln verkrampfen sich gleichzeitig. Elektro-Muskelstimulation – kurz EMS – nennt sich dieses Training. Der Strom aktiviert die Muskeln, während der Kunde eine leichte Übung macht, zum Beispiel eine Kniebeuge.
Zahlreiche Fitnessstudios in der Schweiz bieten die Methode an. Sie versprechen phänomenale Erfolge: Bereits zehn Trainings brächten «70 Prozent mehr Kraftausdauer», schreibt etwa das Studio «Miha Bodytec Training» in Zürich auf Plakaten und in Prospekten.
Ein Selbsttest von saldo zeigt: Die Methode ist eine Tortur. Schon die Vorbereitung ist unangenehm. Wer trainieren will, muss ein Gilet sowie mehrere Bänder mit Elektroden anziehen. Damit der Strom gut fliesst, muss alles klatschnass sein.
Über ein Kabel ist man mit dem EMS-Gerät verbunden. Anfänglich dreht der Fitnesstrainer den Regler nur auf 20 Prozent der maximalen Leistung. Trotzdem löst der Stromstoss einen heftigen Schmerz aus, besonders an den Armen. Der Trainer merkt es, verringert die Leistung der Arm-Elektroden um ein paar Prozent. Im Lauf des Trainings schraubt er die Regler aber immer weiter nach oben: Der Körper gewöhne sich an den Reiz, und das Training bringe dann mehr.
«Der Strom löst unangenehme Krämpfe aus»
Der Berner Fitnessberater Niklaus Jud kennt das EMS-Training aus eigener Erfahrung. Auch er empfand die Stromstösse als unangenehm: «Die Krämpfe, die der Strom auslöst, sind nichts, was man sich im Alltag wünscht.»
«Miha Bodytec Training» wirbt mit der Aussage: «In nur 25 Minuten trainierst Du Deine Muskeln so intensiv, wie wenn Du acht bis zehn Stunden Hardcore-Training machst.» Laut Fachleuten ist es jedoch unmöglich, in so kurzer Zeit die Muskeln aufzupumpen. Jud sagt: «In 25 Minuten kann man niemals so viele Kalorien verbrennen wie in acht Stunden Krafttraining. Das geht körperlich gar nicht.»
Klaus Völker, emeritierter Professor für Sportmedizin an der deutschen Universität Münster, rät davon ab, nur mit EMS zu trainieren: «Das ist kein komplettes Fitnesstraining.» Es tauge höchstens als Abwechslung für Menschen, die ohnehin regelmässig Sport treiben.
Die Firma Miha Bodytec in Deutschland, Herstellerin der Geräte, verweist auf diverse Studien. Demnach soll die Methode die Kraft verbessern, den Taillenumfang verkleinern sowie Rückenschmerzen und Blasenschwäche lindern. Die Aussagekraft der Studien ist gering: Nur gerade 14 bis maximal 134 Teilnehmer machten jeweils das EMS-Training. Die Herstellerin distanziert sich von der Anpreisung des Zürcher Studios, wonach ein Training acht bis zehn Stunden Krafttraining ersetze: «Das entspricht nicht der Realität.»
Das Zürcher Studio «Miha Bodytec Training» schreibt, die Aussage beziehe sich nicht auf den Kalorienverbrauch. Man sehe das so: Innert 25 Minuten würden alle Muskeln bis zu 240-mal aktiviert: «Will man alle Muskeln so oft mit Geräten trainieren, müsste man acht bis zehn Stunden im Fitnesscenter verbringen.»
Die Stromstärke könne man zudem anpassen. «Das Training soll gar nicht angenehm sein. Sonst wachsen die Muskeln nicht», betont Miha Bodytec Training.
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