Der prominente Industriellenerbe und Fotograf Gunter Sachs nahm sich vor sechs Jahren das Leben, weil er dachte, er sei an Alzheimer erkrankt. Doch Fachleute sagten, er habe möglicherweise gar nicht an Demenz gelitten, sondern an einer Depression. Sie habe dazu geführt, dass sein Gedächtnis nachliess.
Ähnlich wie bei Sachs kommt es immer wieder vor, dass Fachleute andere Krankheiten mit einer Demenz verwechseln, zum Beispiel schwere Sehstörungen. Fatima Heussler vom Zürcher Kompetenzzentrum für Sehbehinderung im Alter sagt: «Eine Sehschädigung, die nicht behandelt wird, kann zu Einbussen der Hirnleistung führen.» Das erscheine wie eine Demenz. Betroffenen fällt es schwer, sich zeitlich und räumlich zu orientieren. Und weil sie weniger gut sehen, können sie sich Dinge schlechter merken.
Studien unterstützen den Verdacht. Psychologe Siegfried Lehrl und Augenarzt Kristian Gerstmeyer untersuchten rund 60 deutsche Senioren, die am grauen Star erkrankt waren: Bei einigen war die geistige Leistungsfähigkeit so stark eingeschränkt wie bei einer schweren Demenz. Die Forscher warnen nun, es sei mit «häufigen Fehldiagnosen» zu rechnen. Denn der graue Star sei bei Älteren weit verbreitet. Nach einer Augenoperation verbesserte sich die Hirnleistung bei vielen Betroffenen erheblich.
Vitaminmangel kann Anzeichen auslösen
Eine Gruppe von Forschern aus Deutschland und Österreich kam vor acht Jahren zu einem erschreckenden Schluss: Nur bei einem von vier Patienten, die Hausärzte für dement erklärt hatten, stimmte die Diagnose. Die Forscher hatten Arztberichte von mehr als 3000 Frauen und Männern im Alter von über 75 Jahren geprüft.
Für die Betroffenen habe dies schwere Folgen, sie würden falsch behandelt. Das schreibt Medizinjournalistin Cornelia Stolze im Buch «Verdacht Demenz». Auch Nebenwirkungen von Medikamenten, die Folgen einer Alkoholsucht, eines Vitaminmangels oder eines Schlaganfalls gleichen laut Stolze den Anzeichen einer Demenz. Wer befürchtet, daran zu leiden, sollte sich gründlich untersuchen lassen.
Anna Munk von der Schweizerischen Alzheimervereinigung sagt: «Hausärzte sind die erste Anlaufstelle. Für genauere Abklärungen verweisen sie die Person an Nervenärzte oder an eine Memory-Klinik.» Altersforscherin Fatima Heussler empfiehlt, bei Verdacht auf Demenz auch die Augen und die Ohren untersuchen zu lassen. So lasse sich die Gefahr einer Fehldiagnose reduzieren.
Tipps: So gehen Sie bei einem Demenz-Verdacht vor
Machen Sie einen Gedächtnistest beim Hausarzt. Achtung: Dieser Test genügt nicht, um eine Diagnose zu stellen.
Falls der Gedächtnistest Anzeichen einer Demenz zeigt, ist ein gründliches Abklären beim Nervenarzt oder in einer Memory-Klinik nötig.
Nehmen Sie zum Untersuch Ihre persönliche Krankengeschichte mit.
Lassen Sie Ihre Augen und Ihr Gehör von einem Facharzt untersuchen.
Weitere Infos: Schweizerische Alzheimer-Vereinigung, Tel. 024 426 06 06, www.alz.ch