Für 2,8 Milliarden Franken Direktzahlungen pro Jahr produzieren die Schweizer Bauern zu viel Fleisch, zu viele Milchprodukte und zu viel Gemüse.
Tief in die Tasche greifen müssen die Steuerzahler aber auch für die Absatzförderung und Imagewerbung der Agro-Branche. saldo-Berechnungen zeigen, dass es allein im letzten Jahr 425 Millionen Franken waren.
Dafür bekommt man dann das vorgesetzt: Eine Gans besingt die Vorzüge von Schweizer Gemüse, eine Herde von Kühen demonstriert an einem Sportanlass, dass Milch stark macht und ein Bio-Landwirt weigert sich, künstlichen Dünger für seine Äpfel zu verwenden. Das sind Beispiele von Werbespots, die in den letzten Monaten über den TV-Bildschirm flimmerten.
Die Agro-Propaganda beschränkt sich aber nicht auf TV-Werbung. Bäuerliche Branchenverbände werben auch auf Plakatwänden, in Zeitungen, an Messen und in Schulen für Landwirtschaftsprodukte ein gutes Image.
So viel Werbung kostet. Allein für die Imagekampagne «Gut, gibt’s die Schweizer Bauern» des Bauernverbandes zahlen die Steuerzahler pro Jahr 2,3 Millionen Franken.
Was zu einem besseren Image beiträgt, interpretiert der Bauernverband dabei grosszügig. Neben Tafeln mit Landwirtschaftsinfos entlang von Wanderwegen sowie Besuchsmöglichkeiten in Viehställen steckt der Verband auch Geld ins «Buuretv.ch». Auf dem Internet-TV-Sender kann man sich Kurzfilme über eine Kuhschau ansehen oder über Gänse, die den Sommer auf der Alp verbringen. Oder es wird ein Berufsmusiker porträtiert, der auch Landwirt ist.
15 000 Franken für die Wahl des «Mister Heubuuch»
Um das Image bei den Jungen aufzupolieren, unterstützte der Bauernverband auch die «Mister Heubuuch»-Wahl zum schönsten Schweizer Bauern. Dafür erhielten die Organisatoren für drei Jahre 15 000 Franken.
Doch das sind Kleinigkeiten. Deutlich mehr mussten die Steuerzahler für Werbung zur Absatzförderung berappen. Im Jahr 2011 waren das 56,3 Millionen Franken. Das ist rund die Hälfte der gesamten Ausgaben. Für die andere Hälfte kommen gemäss Gesetz die Bauern selber auf. Den grössten Teil davon schnitt sich die Käsebranche ab: 24,2 Millionen Franken. Der überwiegende Teil dieser Mittel fliesst ins Ausland, nur knapp 3,5 Millionen Franken verbleiben für Werbung in der Schweiz. Weitere 8,1 Millionen Franken kassiert die Milchbranche, um ihre weiteren Produkte zu bewerben. Für die Verkaufsförderung von Fleisch, Eiern und Honig zahlten die Steuerzahler weitere 6,4 Millionen in die Kasse der Branchenorganisationen. Beispiel: Eine halbe Million erhielt die Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter. Sie versucht, an Messen im Ausland die Nachfrage für Schweizer Milchkuhrassen zu steigern.
Laut Verbandspräsident Markus Zemp exportieren die Rinderzüchter vor allem Embryonen und Sperma, nur selten lebende Tiere. Zemp rechtfertigt die Ankurbelung des Spermahandels mit Steuergeldern damit, dass so die Landwirtschaft mehr Geld einnehmen kann.
Zur Unterstützung des Pflanzenanbaus richtete der Bund letztes Jahr 6,5 Millionen Franken aus. Die grössten Empfänger sind hier die Gemüse- und Weinbauern. Aber auch Jardin Suisse, der Unternehmerverband der Gärtner, erhielt 420 000 Franken: Dieses Geld soll den Verkauf von Zierpflanzen wie Geranien, Stiefmütterchen oder Weihnachtssternen steigern.
292 Millionen Franken für Schweizer Käsehersteller
Neben Subventionen für die Ankurbelung des Auslandgeschäfts finanzieren die Steuerzahler auch eine «Verkäsungszulage»: Unter den Empfängern findet sich zum Beispiel Emmi – letztes Jahr mit 41 Millionen Franken. Viel Geld geht auch an Züger Frischkäse in Oberbüren SG (13,8 Millionen ), die Freiburger Cremo SA (7 Millionen ), die Rheintaler Käserei Imlig (5,5 Millionen) und die Thurgauer Strähl Käse AG (4 Millionen Franken). Migros-Tochter Estavayer Lait SA kassierte 1,7 Millionen Franken.
Die Verkäsungszulage kostete inklusive Zulage für Verzicht auf Silofutter die Steuerzahler im letzten Jahr 292 Millionen Franken. Das Geld soll die Verluste ausgleichen, die Milchindustrie und Bauern angeblich seit 2007 durch die Öffnung des Käsemarktes erleiden. Ob es tatsächlich zu Einbussen gekommen ist, weiss niemand.
Für Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm ist fraglich, ob die Zulage den Milchbauern wirklich nützt: Diese produzierten 2011 so viel Milch wie noch nie. Deshalb falle der Preis – und der einzelne Landwirt verdiene am Ende weniger als früher.
Subventionen: Nicht nur Bauern, sondern auch Nestlé & Co. kassieren
Auch der Export von Milch- und Getreideprodukten kommt den Steuerzahler teuer zu stehen. Die entsprechenden Gelder gehen an florierende Unternehmen wie Emmi, Nestlé oder die Migros. Diese erhalten das Geld, weil sie in der Schweiz für einheimische Rohstoffe wie Weizenmehl, Milchpulver oder Butter mehr zahlen müssen als im Ausland.
Dabei handelt es sich um stattliche Beträge: Im letzten Jahr strichen insgesamt 120 Unternehmen 76 Millionen Franken ein.
Nestlé, Emmi, Migros, Lindt & Sprüngli und Chocolat Frey bestätigen, Geld erhalten zu haben, nennen aber keine Zahlen. Auch die Eidgenössische Zollverwaltung verweigert die Auskunft über die bezahlten Beträge. Christof Dietler von der Agrarallianz, einem Verband von Bauern und Naturschützern, spricht von einem «Auslaufmodell». Schweizer Bauern könnten so zwar etwas mehr absetzen. Aber: «Den Konsumenten in der Schweiz bringt das nichts.» Diese Gelder fliessen teils ins Ausland». Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm schlägt vor, auf diese Zahlungen an Nestlé & Co. zu verzichten und im Gegenzug den Firmen zu erlauben, dass sie die landwirtschaftlichen Rohstoffe auch im Ausland beschaffen dürfen.