Bundesrat Alain Berset rechtfertigt den vierthöchsten Prämienanstieg in den letzten zehn Jahren mit der Begründung: «Solange die Gesundheitskosten steigen, steigen auch die Prämien.» Doch so einfach kann sich der Gesundheitsminister nicht herausreden. Es gibt Sparpotenzial. saldo zeigt es Alain Berset auf.
Werbeaufwand und Verwaltungskosten
In den nächsten Wochen jagen die Krankenkassen wieder wie jeden Herbst nach Kunden mit «guten Risiken». Denn bis Ende November kann jeder seine Grundversicherung wechseln.
Die Gesundheitsökonomin Anna Sax hat berechnet, dass die Krankenkassen im letzten Jahr für die Kundenwerbung per Telefon sowie für sonstige Werbung und Provisionen total 224 Millionen Franken ausgegeben haben – allein für die obligatorische Grundversicherung. Die gesamten Verwaltungskosten der gut 60 privaten Krankenkassen betrugen im letzten Jahr laut Bundesamt für Gesundheit stolze 1,2 Milliarden Franken. Pikant: Die Verwaltungskosten stiegen in den letzten zehn Jahren um 24 Prozent. Im gleichen Zeitraum nahmen die Löhne jedoch um gerade einmal 6 und die Teuerung um 7 Prozent zu.
Ins Auge stechen die enormen Unterschiede zwischen den einzelnen Kassen: Bei der Vivao Sympany betrugen die Verwaltungskosten pro Versicherten im letzten Jahr 349 Franken – bei der Klug Krankenversicherung machten sie gerade einmal 64 Franken pro Kopf aus. Gemäss Berechnungen von Anna Sax könnten jährlich 739 Millionen Franken gespart werden, wenn alle Krankenkassen ihren Verwaltungsaufwand auf das Niveau von Klug senken würden.
Medikamentenpreise
Gemäss einer Studie des schweizerischen Gesundheitsobservatoriums Obsan zahlten die Krankenkassen in der Grundversicherung von 1998 bis 2010 jedes Jahr im Schnitt 4,9 Prozent mehr für Medikamente und medizinische Hilfsmittel. 1998 kosteten diese pro Versicherten 344 Franken – 2010 waren es 530 Franken. Das sind in zwölf Jahren 57 Prozent mehr!
Geradezu astronomische Preise zahlen Patienten für Generika. Die meisten sind in der Schweiz gut doppelt so teuer wie im übrigen Westeuropa. Diese Differenz ist in den Augen von Preisüberwacher Stefan Meierhans besorgniserregend. Ein Affront: Ein Drittel der vom Preisüberwacher kontrollierten Medikamente wird immer noch mit einem Wechselkurs von 1.58 Franken/Euro bewertet, obwohl der Kurs seit über fünf Jahren nicht mehr so hoch war.
Die Kosten für Medikamente machen fast einen Viertel der Ausgaben der obligatorischen Krankenpflegeversicherung aus. Unbestritten ist, dass diese Kosten mit Generika drastisch gesenkt werden könnten. Eine Studie von Obsan aus dem letzten Jahr zeigt: Hätten die Krankenkassen seit 2011 konsequent das günstigste Generikum für die Behandlung eines Patienten vergütet, hätten sie 250 Millionen Franken einsparen können.
Ungenügende Rechnungskontrolle
Die Krankenkassen sind verpflichtet, die Rechnungen der Ärzte und Spitäler zu kontrollieren. Doch das machen sie nur ungenügend («K-Tipp» 20/2013). Laut Schätzungen von Tarifsuisse, der Einkaufsgemeinschaft der Krankenversicherungen, könnten durch genauere Kontrollen jedes Jahr 750 Millionen Franken eingespart werden.
Unnötig hohe Reserven
Die Krankenkassen jammern ständig über die steigenden Kosten, erhöhen ihre Prämien – und legen gleichzeitig Reserven in Milliardenhöhe an. Das heisst: Der Versicherte muss nicht nur die laufenden Kosten für Ärzte, Spitäler, Apotheken und die Verwaltungskosten der Kasse bezahlen, sondern auch deren Polster finanzieren.
Zwar schreibt das Gesetz für die Krankenkassen Reserven vor. So soll verhindert werden, dass die Privatunternehmen in finanzielle Schwierigkeiten kommen. Doch die Kassen legen höhere Reserven an, als sie tatsächlich müssten (saldo 12/12). Konkret: 2002 hatten die Kassen Rückstellungen von 1,9 Milliarden Franken gemacht, zehn Jahre später waren es bereits völlig unnötig hohe 6,5 Milliarden Franken («K-Tipp» 15/2014).
Kostentreiber Fallpauschalen:
Mit grossem Getöse versprach der damalige Bundesrat Pascal Couchepin, dass das Fallpauschalensystem «den Kostenanstieg im Gesundheitswesen eindämmen» wird. Fakt ist: Das Gegenteil ist der Fall. Die pauschalen Abgeltungen trugen 2012 kräftig dazu bei, die Spitalkosten um 2,3 Milliarden Franken zu erhöhen – eine Steigerung von 9,8 Prozent in nur einem Jahr.
Mit dem neuen System fahren die Spitäler erst noch tolle Gewinne ein: Das Kantonsspital Luzern beispielsweise steigerte seinen Gewinn im vergangenen Jahr um 47 Prozent auf 51 Millionen Franken. Das Universitätsspital Basel machte ein Plus von 11 Millionen Franken, das sind 23 Prozent mehr als im Vorjahr.
So sparen Sie in der Grundversicherung
Die Prämien für 2015 sind seit Ende September bekannt: Vergleichen Sie mit andern Krankenkassen.
Oft können Einzelpersonen mit einem Wechsel locker 1000 Franken pro Jahr sparen. Die Leistungen sind bei allen Kassen genau gleich. Wichtig: Die Kündigung muss bis am 30. November bei Ihrer Krankenkasse eingetroffen sein. Der Wechsel erfolgt dann auf den 1. Januar.
- Höchste Franchise fast immer gut
Die gesetzlich vorgeschriebene Franchise pro Kalenderjahr beträgt 300 Franken. Wer freiwillig einen höheren Betrag zahlt (500, 1000, 1500, 2000 oder 2500 Franken), erhält eine Prämienreduktion von bis zu 45 Prozent. In der Regel fährt ein Patient, der in einem Jahr Arzt-, Spital- und Medikamentenkosten von über 2000 Franken hat, mit der tiefsten Franchise von 300 Franken am besten. Junge und Gesunde, die voraussichtlich nie oder nur selten zum Arzt gehen, können auch die Höchstfranchise von 2500 Franken wählen.
Achtung: Wenn Sie Ihre Franchise für das nächste Jahr erhöhen wollen, können Sie dies der Kasse auch noch im Dezember mitteilen. Wenn Sie Ihre Franchise herabsetzen möchten, müssen Sie das der Kasse bis spätestens am 30. November mitteilen.
- 25 Prozent Rabatt mit HMO-Modell
HMO-Versicherte verzichten auf die freie Arztwahl – sie konsultieren immer zuerst die HMO-Gruppenpraxis. Der Beitritt zu einem solchen Modell ist auf Anfang jeden Monats möglich.
So können Sie bis zu 25 Prozent sparen. Falls Sie die höchste Franchise 2500 Franken haben, ergibt sich mit dem HMO-Modell oft keine Ersparnis – wählen Sie dann die Franchise 2000 Franken.
- Rabatt mit Hausarztmodell
Viele Krankenkassen führen eine Liste mit frei praktizierenden Allgemeinpraktikern, die sich einem Hausarztmodell oder Ärztenetzwerk angeschlossen haben. Sie müssen einen dieser Ärzte als Hausarzt wählen und diesen für alle medizinischen Belange (ausser Notfälle) zuerst aufsuchen. Dafür erhalten Sie in der Regel 10 bis 20 Prozent Rabatt, die Angebote der Kassen sind sehr vielfältig – unbedingt vergleichen.
Mehr Informationen zu den Krankenkassen finden Sie im «K-Tipp»-Ratgeber
«So sind Sie richtig versichert» (6. Auflage, 377 Seiten, Fr. 32.–).