Die Trinkwasserinitiative verlangt, dass künftig nur jene Bauern Direktzahlungen erhalten, die auf Pestizide, vorbeugende Antibiotika und Futtermittelzukäufe verzichten. Lanciert hat die Initiative die Fitnesstrainerin Franziska Herren aus Wiedlisbach BE. Sie will, «dass Steuergelder nicht mehr die Umwelt zerstören».
Der Bundesrat empfahl Mitte Dezember, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Die getroffenen Massnahmen reichten und würden gar noch verstärkt. Rückstände im Trinkwasser und in Lebensmitteln seien schon heute in der Regel unbedenklich. Bei einer Annahme gingen die Erträge und die tierische Produktion zurück. Bauern würden auf Direktzahlungen verzichten und umweltschädlicher als bisher produzieren.
Von zehn Schweizer Weinen war kein einziger pestizidfrei
Tests und Recherchen von saldo zeigen, dass die Behörden die von der Landwirtschaft verursachten Umweltprobleme nicht im Griff haben:
Bauern verschmutzen die Gewässer mit Pestiziden. Das zeigt unter anderem eine im Jahr 2017 veröffentlichte Studie des Forschungsinstituts Eawag. Die Forscher sammelten in Bächen der Kantone BL, BE, TI, TG und VS rund 1800 Wasserproben. In 80 Prozent der Proben fanden sich grössere Pestizidmengen als gesetzlich erlaubt. Im Durchschnitt enthielt jede Probe 20 bis 40 verschiedene synthetische Substanzen (saldo 8/2017). Im Grundwasser wurden auch Spuren von Unkrautbekämpfungsmitteln wie Atrazin oder S-Metolachlor gefunden (saldo 8/2015).
Tests von saldo, K-Tipp und Gesundheitstipp zeigten: Vier von elf Schweizer Gemüsen enthielten Rückstände von Pestiziden (saldo 12/2018) – ebenso 16 von 23 Schweizer Äpfeln («Gesundheitstipp» 11/2017). Von zehn Schweizer Weinen war kein einziger pestizidfrei. Der «Merlot Ticino Selezione d’Ottobre 2013» enthielt am meisten Gift und sechs verschiedene Pestizide («K-Tipp» 1/2015).
Bauern verwenden mit dem Segen der Behörden toxische Pestizide wie Chlorpyrifos und gefährden Tier und Mensch (saldo 16/2018). Viele geben dem Vieh unnötig viele Antibiotika und belegen bei Euterinjektionen einen Spitzenplatz in Europa. Antibiotika fördern aber die Bildung resistenter Keime, die Medikamente wirkungslos machen (saldo 19/2017). Die intensive Landwirtschaft mit grossflächigem Einsatz von Dünger und Pestiziden, schweren Maschinen und zu grossen Viehbeständen bedroht fast jede zweite heimische Tier- und Pflanzenart (saldo 18/2017).
Unterm Strich: Die Schweiz leistet sich das teuerste Agrarsystem Europas (saldo 9/2016). Die Agrarpolitik hat aber in den letzten zehn Jahren laut einem Bericht des Bundesamts für Umwelt kein einziges gesetzliches Umweltziel erreicht (saldo 18/2017).
«Ohne Initiativen würde sich nichts bewegen»
Viele Bürger wollen das nicht mehr tatenlos hinnehmen. Neben der Trinkwasserinitiative gibt es noch zwei weitere Volksbegehren, die eine Tier- und umweltfreundlichere Agrarpolitik fordern: Die Pestizidinitiative will synthetische Pestizide in der Schweizer Landwirtschaft und in Importen verbieten. Die Massentierhaltungsinitiative will die Richtlinien von Bio-Suisse zur Richtschnur für alle tierischen Produkte machen (siehe Tabelle). Bauern dürften zum Beispiel in einem Stall nur noch maximal 2000 Legehennen unterbringen – bisher sind es 18 000. Im vergangenen Jahr gab es bereits drei agrarpolitische Volksabstimmungen – zu Kuhhörnern, fairem Handel und zur Ernährungssicherheit.
Für Andreas Bosshard von der Bauernvereinigung Vision Landwirtschaft ist klar: «Ohne die Initiativen würde sich in der Agrarpolitik überhaupt nichts bewegen.»