AKW-Betreiber tricksen bei der Buchhaltung
Die AKW-Betreiber behaupten immer, Atomstrom sei <br />
günstig. Das stimmt nicht, sagt der unabhängige Basler Finanzmarktexperte Kaspar Müller.
Inhalt
saldo 16/2012
07.10.2012
Letzte Aktualisierung:
08.10.2012
Yves Demuth
Die Atomkraftwerklobby kämpft mit dem Argument gegen die Energiewende, Atomstrom sei günstiger. Doch eine Analyse der neusten Geschäftsberichte der AKW Leibstadt und Gösgen zeigt, dass die Kosten einer Kilowattstunde Atomstrom doppelt so hoch sind, wie in den Geschäftsberichten ausgewiesen wird. Die Leibstadt-Betreiberin Axpo sagt auf Anfrage, es gebe keine Hinweise für eine Verdoppelung der Produktionskosten. Dennoch: Laut dem unabhängigen Basler Ökono...
Die Atomkraftwerklobby kämpft mit dem Argument gegen die Energiewende, Atomstrom sei günstiger. Doch eine Analyse der neusten Geschäftsberichte der AKW Leibstadt und Gösgen zeigt, dass die Kosten einer Kilowattstunde Atomstrom doppelt so hoch sind, wie in den Geschäftsberichten ausgewiesen wird. Die Leibstadt-Betreiberin Axpo sagt auf Anfrage, es gebe keine Hinweise für eine Verdoppelung der Produktionskosten. Dennoch: Laut dem unabhängigen Basler Ökonomen Kaspar Müller «ist die Atomenergie nicht kostendeckend und produziert finanzielle Verluste».
Bilanz: Rückstellungen auf der Aktiv- statt der Passivseite verbucht
Laut Müller verschleiern die AKW-Betreiber die tatsächlichen Kosten mit Hilfe von Quersubventionen und Rechnungslegungstricks. Gemäss Müller sind die beiden AKW Leibstadt und Gösgen so stark unterkapitalisiert, dass die Aktionäre über eine Milliarde Franken nachschiessen müssten. Leibstadt und Gösgen gehören zum Grossteil den Kantonen, nachschiessen müssten also auch die Steuerzahler.
Wie genau tricksen die AKW-Betreiber? Laut Müller weisen sie die voraussichtlichen Kosten für Stilllegung und Abbruch von 1238 Millionen als Vermögen aus. Grund: Die AKW sind verpflichtet, diese Rückstellungen vorzunehmen. Dadurch erscheint dieser Betrag auf der Aktivseite der Bilanz. Doch eigentlich besteht bei der Stilllegung eine Zahlungsverpflichtung. Deshalb müsste der Betrag auf der Passivseite der Bilanz verbucht werden. Laut Müller besteht bei den Betreibergesellschaften Sanierungsbedarf. Die Axpo widerspricht, sie könne die Berechnungen nicht nachvollziehen.
Müller fordert, dass Axpo, Alpiq und BKW einer ähnlichen Finanzbehörde wie der Finanzmarktaufsicht Finma unterstellt werden, welche die Banken kontrolliert. Seine beunruhigende Analyse hat bereits dazu geführt, dass der Bundesrat Stellung nehmen musste. Auf eine einfache Anfrage des grünen Waadtländer Nationalrats Christian van Singer wiegelte dieser jedoch ab. Im Rahmen des Obligationenrechts bestünden genügend Kontrollmechanismen, etwa durch die Revisionsgesellschaften, welche die Geschäftsberichte prüften. Ähnlich argumentieren die Betreiber, die vehement bestreiten, dass Atomstrom unrentabel ist.
Die Axpo hält daran fest, dass die Produktionskosten der AKW- und Wasserkraft-Partnerwerke in der Schweiz transparent und nachvollziehbar seien. Müller entgegnet, die Geschäftsberichte der AKW-Betreiber Axpo und Alpiq seien zu wenig aussagekräftig. Nirgends werde aufgeschlüsselt, wie gross der angebliche Gewinn aus der Kernenergie wirklich sei. Dies ist möglich, da der von den Betreibern angewandte Rechnungslegungsstandard keine Angaben zu einzelnen Segmenten vorschreibt. «Die Behauptung, Kernenergie sei günstig, ist ohne nachvollziehbare Informationen wertlos», sagt Müller.