Um den Hausfrieden der sechs Stockwerkeigentümer ist es schlecht bestellt. Grund ist der Gartensitzplatz. Das alleinige Nutzungsrecht daran hat das Ehepaar, dem die Wohnung im Erdgeschoss gehört. Es pflanzte dort eine Thujahecke und einige Zwergtannen. Das passt drei anderen Stockwerkeigentümern nicht. Sie verlangen, dass die Pflanzen entfernt werden. Gespräche bringen nichts. So gelangen die Stockwerkeigentümer ans Bezirksgericht Affoltern a. A. ZH.
Die Kläger erscheinen in Begleitung ihrer Anwältin vor dem Einzelrichter. Auch das beklagte Ehepaar wird durch einen Anwalt vertreten. Die Anwältin kommt gleich zur Sache und erklärt den Standpunkt der Kläger: Es sei unbestritten, dass die Beklagten ein «ausschliessliches Nutzungsrecht am Gartensitzplatz» hätten. Wie das Wort «Benutzung» sage, dürfe das Ehepaar den Gartensitzplatz zwar nutzen, Veränderungen seien aber untersagt.
Im Benutzungsreglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft stehe ausdrücklich: «Für Veränderungen braucht es einen Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft – und zwar vorgängig.» Das Ehepaar habe den Antrag für die Bepflanzungen aber erst gestellt, als die Hecke und die Tannen schon gestanden seien.
Dazu komme, dass die Stockwerkeigentümer den Antrag schliesslich ablehnt hätten. Gemäss diesem Beschluss hätte das beklagte Ehepaar die Pflanzen innert vier Wochen entfernen müssen. «Passiert ist bis heute nichts», stellt die Anwältin fest.
«Nur einen Sichtschutz angebracht»
Der Anwalt des beklagten Paares macht geltend, die Wohnungsverkäuferin habe versprochen, den Gartensitzplatz zu bepflanzen. «Doch das tat sie nicht.» Um den zugesicherten Sichtschutz zu erhalten, habe das Paar die Sache selbst an die Hand genommen. «Bei den Einpflanzungen handelt es sich deshalb um Erstbepflanzungen.» Das Paar habe nicht gegen das Benutzungs- und Verwaltungsreglement verstossen: «Sie haben keine verbotenen Änderungen vorgenommen, sondern einfach den Sichtschutz angebracht, der ihnen beim Kauf zugesichert wurde.»
Da fällt ihm die Anwältin der Kläger ins Wort: «Es ist irrelevant, ob die Wohnungsverkäuferin den Gartensitzplatz hätte bepflanzen müssen oder nicht. Das eigenmächtige Handeln des Paares widerspricht dem Reglement.» Und weiter: «Entgegen der Ansicht meines Kollegen handelt es sich auch nicht um Erstbepflanzungen. Keine Gestaltung ist nämlich auch eine Gestaltung. Bei den von der Beklagten vorgenommenen Einpflanzungen handelt es sich klar um Veränderungen. Und diese sind untersagt.»
Gespräch am runden Tisch statt ein Urteil
Der Einzelrichter scheint daran zu denken, dass die Parteien auch künftig im selben Haus wohnen werden. Er möchte deshalb das Verhältnis mit einem Urteil nicht noch mehr vergiften und bittet die Stockwerkeigentümer, sich zusammenzusetzen und am runden Tisch eine Lösung zu suchen.
Die Parteien führen deshalb zusammen mit dem Richter ein Vergleichsgespräch. Schon kurze Zeit später sind sie sich einig. Das beklagte Ehepaar erklärt sich bereit, die Thuja-Hecke und die Zwergtannen bis spätestens Ende März zu entfernen. Machen sie das nicht, können die Kläger dies auf Kosten des Paares in Auftrag geben.
Die Gerichtskosten von 300 Franken trägt das beklagte Ehepaar. Zudem zahlt es den andern Stockwerkeigentümern eine Prozessentschädigung von 3240 Franken und übernimmt die eigenen Anwaltskosten. Ein teurer Streit.
Veränderungen sind nicht erlaubt
Bei rechtlichen Auseinandersetzungen unter Stockwerkeigentümern geht es immer wieder um das Nutzungsrecht an gemeinschaftlichen Teilen der Liegenschaft.
Garten, Terrassen und Zäune um ein Haus herum gehören allen Stockwerkeigentümern gemeinsam. Um einem Stockwerkeigentümer dennoch die alleinige Benützung zum Beispiel eines Gartensitzplatzes zu ermöglichen, kann ihm das alleinige Nutzungsrecht daran gewährt werden. Es ist meist kombiniert mit dem Stockwerkeigentum an einer Parterrewohnung.
Zum Nutzungsrecht gehört zum Beispiel das Aufstellen und Benützen von mobilen Einrichtungen wie Tischen, Stühlen und Sonnenschirm.
Nicht erlaubt sind aber Umgestaltungen oder Veränderungen. Etwa der Bau eines Wintergartens, das Verlegen von Bodenplatten oder das Pflanzen einer Hecke wie im geschilderten Fall.