Laut dem Bundesamt für Gesundheit essen die Menschen in der Schweiz im Durchschnitt rund 120 Gramm Zucker pro Tag. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt 25 bis 50 Gramm täglich. Das entspricht einer Menge von 6,5 bis 12 Würfelzuckern. Das Bundesamt will deshalb den Zuckerkonsum senken. Es verlangt von den Nahrungsmittelherstellern im Rahmen der «Schweizer Ernährungsstrategie», den Zuckergehalt ihrer Produkte freiwillig «schrittweise zu reduzieren».
Doch wer als Konsument weniger Zucker zu sich nehmen will, hat es schwer. Grund: Die Hersteller müssen auf ihren Produkten den Zuckergehalt nicht angeben. Nur wenn sie ein Produkt als «zuckerarm» oder «ohne Zucker» bewerben, müssen sie die Menge zwingend ausweisen. Das steht in der Verordnung über die Kennzeichnung von Lebensmitteln. Einige Hersteller nutzen das aus und verschweigen den Zuckergehalt. Beispiele:
n Ramseier verschweigt den Zuckergehalt auf Apfelsaft-flaschen. Er taucht nicht einmal auf der Zutatenliste auf. Grund: Der Zucker wurde nicht künstlich zugefügt. Doch 1,5 Liter Ramseier Apfelschorle enthalten 105 Gramm Zucker, 1,5 Liter Ramseier Süessmost sogar 165 Gramm Zucker. Dies geht aus den Obstsäften hervor, die Ramseier für Coop produziert. Ramseier sagt, man halte sich ans Lebensmittelgesetz.
Auf der Zutatenliste der Frigor-Schoggi von Nestlé steht zwar, dass die Schokolade Zucker enthält. Wie viel Gramm in einer Tafel steckt, erfährt der Käufer aber nicht. Nestlé sagt, auf den neuen Verpackungen werde der Zuckeranteil von 46,3 Gramm pro Tafel ausgewiesen. Im Regal sind jedoch noch die alten Verpackungen.
Beim Betty-Bossi-Orangensaft von Coop fehlt auf der 2,5-Deziliter-Flasche der Zuckergehalt. Wer die 2,5 Deziliter trinkt, konsumiert 22,5 Gramm Zucker. Dies geht aus der grösseren Packung hervor, die den Zuckergehalt des Inhalts ausweist.
Der Zuckergehalt fehlt auch bei der roten Currypaste Thai Kitchen aus der Migros sowie bei den folgenden Lebensmitteln, gekauft bei Coop: Wildblütenhonig Bee Easy von Langnese, Almdudler-Limonade aus Österreich, Orangenpunsch-Sirup von Lacobi Bischoffszell, Lemonsoda-Büchsenlimonade aus Italien oder Carmol Kräuterbonbons von Iromedica St. Gallen. Letztere bestehen zwar laut Hersteller zu 97 Prozent aus Zucker. Da sie aber als Arzneimittel gelten, muss dies nicht deklariert werden.
Obligatorisch ist für Lebensmittel nur der Aufdruck einer Zutatenliste. Die Zutaten müssen laut Verordnung in mengenmässig absteigender Reihenfolge angegeben werden. Das heisst: Je weiter vorne das Wort Zucker steht, desto grösser ist der Zuckergehalt. Zucker versteckt sich jedoch auch hinter Bezeichnungen wie Amyli hydrolysati sirupus (Glukosesirup), Saccharum (Zuckerrohr), Fruktose, Glukose oder Oligofruktose.
Immerhin: In der EU wird die Kennzeichnung des Zuckergehalts ab Dezember obligatorisch. Die Schweiz plant, dies zu übernehmen, sagt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit.