Zebrastreifen: Besserer Ausbau würde Leben retten
Gemeinden und Kantone sparen bei der Sicherheit der Zebrastreifen – und gefährden damit das Leben von Fussgängern.
Inhalt
saldo 09/2010
09.05.2010
Letzte Aktualisierung:
11.05.2010
Eric Breitinger
Schweizer Fussgängerstreifen sind ein gefährliches Pflaster. In den letzten zehn Jahren verloren auf ihnen 286 Fussgänger bei Kollisionen ihr Leben. Allein 2009 starben so 21 Personen, 277 erlitten schwere Verletzungen. Seit 2003 stagniert damit die jährliche Anzahl getöteter Fussgänger, während die Zahl der übrigen Verkehrstoten um fast 40 Prozent abnahm.
Für Experten ist klar: Viele Unfälle auf Zebrastreifen sind vermeidbar. &laq...
Schweizer Fussgängerstreifen sind ein gefährliches Pflaster. In den letzten zehn Jahren verloren auf ihnen 286 Fussgänger bei Kollisionen ihr Leben. Allein 2009 starben so 21 Personen, 277 erlitten schwere Verletzungen. Seit 2003 stagniert damit die jährliche Anzahl getöteter Fussgänger, während die Zahl der übrigen Verkehrstoten um fast 40 Prozent abnahm.
Für Experten ist klar: Viele Unfälle auf Zebrastreifen sind vermeidbar. «Wären alle Fussgängerstreifen optimal ausgerüstet, liesse sich ein erheblicher Anteil der tödlichen und schweren Fussgängerunfälle verhindern», sagt Uwe Ewert, Verkehrssicherheitsexperte bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU).
Fachleute machen gerade bei Fussgängerstreifen in ländlichen Regionen Sicherheitsmängel aus. Schlechte Noten erhielten hiesige Zebrastreifen jüngst beim europäischen Fussgängerstreifentest 2009, den der Touring Club Schweiz (TCS) mit 17 Partnerclubs in 31 Grossstädten durchführte.
Die 10 getesteten Genfer Streifen belegten nur den 27. Rang von 31 Plätzen. Die Prüfer bemängelten die schlechte Sichtbarkeit bei Nacht, defekte akustische Signale für Blinde sowie die Behinderung des Zugangs. Zudem reflektiere die gelbe Markierungsfarbe Licht weniger stark als Weiss.
Das Bundesamt für Strassen (Astra) erkennt Handlungsbedarf. Astra-Sprecher Thomas Rohrbach spricht von einem «Umsetzungsproblem». Kantone und Gemeinden verstiessen beim Bau neuer Fussgängerstreifen häufig gegen Vorschriften, insbesondere würden viele bestehende Streifen nicht auf den neusten Stand gebracht. Rohrbach fordert, «schlecht gesicherte Streifen aufzuheben oder baulich sicherer zu gestalten».
Mittelinseln verdoppeln die Sicherheit
Dabei gibt es eine Reihe von Massnahmen, die Zebrastreifen sicherer machen.
- Doppelte Sicherheit bringt laut Studien der Einbau einer Mittelinsel. Laut Fussverkehr Schweiz kostet eine solche Insel rund 50 000 Franken. Vielen Gemeinden ist das zu teuer. Eine Alternative sind aufgemalte Inseln mit einem Pfosten in der Mitte. Sie bieten zwar etwas weniger Schutz als gebaute Inseln, ihre Ausgestaltung kostet laut Fussverkehr Schweiz aber nur rund 5000 Franken.
- 50 Prozent mehr Sicherheit bringt laut Studien eine gute Beleuchtung. Gemäss den Normen der Schweizer Licht Gesellschaft (SLG) muss das Licht so sein, dass ein Fussgänger von nahenden Fahrzeuglenkern «frühzeitig erkannt» werde. Laut Jörg Imfeld von der SLG-Fachgruppe Strassen und Plätze sind jedoch «über 50 Prozent der Fussgängerstreifen schlecht beleuchtet und verstossen gegen die Normen».
- Je 35 Prozent mehr Sicherheit bringen blaue Signalschilder. Autofahrer sollen einen Fussgängerstreifen bereits im Abstand von mindestens 100 Metern erkennen können, sagt BfU-Experte Ewert. Die BfU fordert, generell blaue Schilder aufzustellen. Bisher müssen Behörden sie laut der Norm des Schweizer Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute innerorts nur vor «unerwarteten oder schlecht erkennbaren Fussgängerstreifen» montieren.
Die gleichen Normen schreiben auch vor, dass Autofahrer innerorts «eine Sichtweite von 100 Metern» auf Zebrastreifen haben müssen. Nach Ewerts Erfahrung «wird diese Vorschrift jedoch oft nicht eingehalten».
Tempo 30 erhöht die Überlebenschance
«Ein tieferes Tempo bedeutet mehr Sicherheit», sagt Thomas Schweizer. Der Geschäftsleiter von Fussverkehr Schweiz kritisiert, dass «die meisten Kantone tiefere Tempolimiten vor wichtigen Fussgängerstreifen nie in Erwägung ziehen». So gilt nur in Bern und Graubünden auf gewissen örtlichen Durchgangsstrassen Tempo 30.
Bei Autounfällen mit Tempo 50 haben Fussgänger laut BfU je nach Alter nur eine 30- bis 60-prozentige Chance, den Unfall zu überleben. Fährt das Auto 30 km/h, erhöht sich die Überlebenschance auf 90 bis 95 Prozent.