Anhand von Röntgenbildern können Ärzte erkennen, ob Patienten zwischen den Zähnen oder unter einer Füllung Karies haben. Eine Umfrage von saldo unter Zahnärzten zeigt: Sechs von zwölf empfehlen, alle zwei Jahre Röntgenbilder zu machen – unabhängig davon, ob man Zahnweh hat oder nicht. Zahnarzt Peter Zuber aus Winterthur ZH sagt: «In vielen Praxen machen der Zahnarzt oder die Dentalhygienikerin sogar jedes Jahr Röntgenbilder.»
Solche Bilder sind eine gute Einnahmequelle: Eine Aufnahme kostet 20 bis 30 Franken. Bei zehn Patienten pro Tag mit je zwei Bildern nimmt der Zahnarzt bis zu 600 Franken ein.
Röntgenstrahlen sind nicht harmlos. Sie können die Erbsubstanz in den Zellen schädigen. Dadurch steigt das Risiko für Tumore. Die Strahlendosis ist zwar klein. Doch der Basler Krebsarzt Claudio Knüsli sagt: «Auch schon kleine Strahlendosen können schaden.»
Risiko für Hirntumor wird vergrössert
Das bestätigte eine US-amerikanische Studie von 2011. Die Forscher untersuchten rund 1400 Patienten. Das Resultat: Wer jedes Jahr die Zähne röntgen lässt, hat ein grösseres Risiko für Hirntumore. Schon früher wiesen Studien auf solche Schäden hin. Die deutsche Fachzeitschrift «Strahlentelex» berichtete bereits vor zehn Jahren, dass Frauen, deren Zähne man während der Schwangerschaft geröntgt hatte, eher ein untergewichtiges Kind zur Welt brachten. Die Studie untersuchte 5500 Frauen, sie erschien in der Zeitschrift der American Medical Association.
Kommt hinzu: Aus medizinischen Gründen ist es gar nicht sinnvoll, die Zähne routinemässig zu röntgen. Vor allem nicht «in den gleichen zeitlichen Abständen», sagt Zahnärztin Dorothea Dagassan von der Universität Basel. Dagassan ist auch Strahlenschutzbeauftragte bei der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft. Eine Studie der Universität Zürich kam bereits im Jahr 2011 zum Schluss: Bei Kindern ohne Karies ist das Kariesrisiko so klein, dass es sich nicht lohnt, sie alle ein bis zwei Jahre den Röntgenstrahlen auszusetzen. Alle acht Jahre reicht. Die Forscher hatten 600 Schulkinder untersucht.
Auch für Michael Bornstein von der Schweizerischen Gesellschaft für zahnärztliche Radiologie ist klar: Bei Patienten, die schon länger keine Karies mehr hatten und ihre Zähne sehr gut putzen, könne man auch «mehr als ein oder zwei Jahre» zuwarten. Das gelte selbst für Patienten mit Prothese, Wurzelbehandlung oder Implantaten. «Zahnärzte sollten nur dann röntgen, wenn es einen klaren Grund dafür gibt, zum Beispiel wenn der Patient Beschwerden hat.»