Wünsche und Nöte an der Seidenstrasse
Patrick Rohr lässt in seinem Buch «Die neue Seidenstrasse» Menschen zu Wort kommen, die Chinas Expansion von Ost nach West hautnah miterleben.
Inhalt
saldo 14/2021
14.09.2021
Remo Leupin
Am Anfang stand die Lektüre eines Zeitungsbeitrags über Chinas «Belt and Road»-Initiative: ein gigantisches Infrastrukturprojekt, das die Wirtschaftsräume Asien, Europa und Afrika verkehrstechnisch verbinden soll. «Das Thema liess mich nicht mehr los», schreibt der Journalist Patrick Rohr im Vorwort seines Buchs. Er entschied sich, die Länder zu besuchen, die das Reich der Mitte in sein Transport- und Handelsnetz einbinden will.
Am Anfang stand die Lektüre eines Zeitungsbeitrags über Chinas «Belt and Road»-Initiative: ein gigantisches Infrastrukturprojekt, das die Wirtschaftsräume Asien, Europa und Afrika verkehrstechnisch verbinden soll. «Das Thema liess mich nicht mehr los», schreibt der Journalist Patrick Rohr im Vorwort seines Buchs. Er entschied sich, die Länder zu besuchen, die das Reich der Mitte in sein Transport- und Handelsnetz einbinden will.
In einfühlsamen Porträts schildert der Autor die Wünsche und Nöte der Menschen, die er auf seiner Fahrt entlang der geplanten Handelsroute traf. Zu Wort kommen etwa ein kirgisischer Pensionär, dessen Dorf einem Stausee für die Energieindustrie weichen musste. Ein anatolischer Marktfahrer, der wegen der Schliessung der türkisch-iranischen Grenze kaum mehr Kunden hat. Und eine rumänische Roma-Familie, die mit spärlichsten Mitteln über die Runden kommen muss.
In seinem 246-seitigen Reisebericht legt der Autor den Finger auch auf die wunden Punkte der «neuen Seidenstrasse», mit der die chinesische Regierung nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Machtpolitik betreibt. China investiert in über 100 Ländern Asiens und Afrikas Hunderte Milliarden Franken in Strassen, Eisenbahnlinien und Häfen und bringt die Schuldnerstaaten so auch politisch in seine Abhängigkeit.
China macht auch vor Europa nicht Halt: Seit 2016 ist der griechische Hafen Piräus in den Händen der Grossmacht. Die Balkanstaaten Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina werden von der chinesischen Regierung in Sicherheitsfragen beraten. Auch die Schweiz will sich am Grossprojekt Seidenstrasse beteiligen: 2019 unterschrieb der Bundesrat eine entsprechende Absichtserklärung. Ein lesenswertes Buch, illustriert mit eindrücklichen Fotografien.
Patrick Rohr, «Die neue Seidenstrasse. Chinas Weg zur Weltmacht», Orell Füssli, Zürich 2020, ca. 45 Franken