Die Parteien kennen sich seit Jahren. Sie sind an vielen Eigentümerversammlungen aneinandergeraten. Diesmal treffen sie sich vor der Einzelrichterin am Regionalgericht in Bern. Eingeklagt ist die Stockwerkeigentümergemeinschaft. Sie ist vertreten durch ihren Verwalter – jenen Mann, den das Gericht absetzen soll. Er hat ein Mitglied der Stockwerkeigentümergemeinschaft zur Seite und eine Anwältin aus einer Wirtschaftskanzlei.
Die Klage eingereicht hat ein Ehepaar im Rentenalter. Die beiden kauften vor zwölf Jahren eine Wohnung in einer neuen Überbauung in einem Berner Vorort. Sie bereiten sich jeweils gewissenhaft auf die jährlichen Versammlungen vor. So brachte der 73-jährige Mann schon manche Idee ein. Er holte auch mal eine Vergleichsofferte von Handwerkern ein mit dem Ziel, der Gemeinschaft Kosten zu ersparen. Er kritisierte auch den Verwalter, wenn er es für angebracht hielt.
Damit scheint er sich nicht beliebt gemacht zu haben. Der Anwalt des Ehepaars spricht von einer Retourkutsche des Verwalters. Dieser habe durch «schikanöses Verhalten» den Rentner «offensichtlich systematisch ausgegrenzt». Eine Episode aus dem Jahr 2019 lässt erahnen, wie tief das Zerwürfnis ist. Damals teilte der Verwalter dem Mann per E-Mail mit, er werde ihm bei Versammlungen nicht mehr die Hand reichen. Ein Handschlag sei nur angebracht «bei Personen, die einander Respekt entgegenbringen». Und er warf dem Rentner einen «persönlichen Feldzug» vor.
Der Anwalt des Paars sagt, das Vertrauen sei «zerstört». Seinen Mandanten bleibe nichts anderes übrig, als beim Gericht die Abberufung des Verwalters zu beantragen. Dieser habe nämlich einen Abberufungsantrag an einer Versammlung der Stockwerkeigentümer unter den Tisch fallen lassen, Fristen nicht eingehalten und eine Diskussion verunmöglicht. Zudem habe der Verwalter die Stockwerkeigentümerversammlung 2020 elektronisch durchgeführt und damit das Ehepaar ausgeschlossen. Denn er habe gewusst, dass der Rentner keinen videokonferenztauglichen Computer besitze.
Das alles will die Anwältin der Stockwerkeigentümer nicht gelten lassen. Das Rentnerpaar werde nicht benachteiligt, sagt sie. Es geniesse eher eine Vorzugsbehandlung, weil es oft Anliegen einbringe, deren Bearbeitung viel Zeit beanspruche. Der Verwalter gebe stets höflich Antwort. «Manchmal ist allerdings gar nicht klar, worum es genau geht.»
Fehler des Verwalters ohne Auswirkung auf das Gebäude
Die Richterin gibt dem Rentnerpaar in einigen Punkten recht. Der Verwalter habe «bei der Einberufung, Durchführung und Protokollierung der Stockwerkeigentümerversammlungen Fehler gemacht». Zweimal habe er die förmliche Einladung zu spät verschickt und zweimal das Stimmenverhältnis bei Beschlüssen falsch protokolliert. Ebenso habe er den Antrag auf Abberufung nicht zur Abstimmung gebracht. Dabei handle es sich aber um «geringfügige Fehler» ohne nennenswerte Auswirkungen auf Beschlüsse, das Gebäude oder das gemeinschaftliche Eigentum.
Die Verweigerung des Handschlags hält die Richterin für «unnötig», von schikanöser Behandlung könne aber keine Rede sein. Die übrigen 19 Stockwerkeigentümer seien mit dem Verwalter zufrieden, das Ehepaar stehe mit seiner Haltung «allein auf weiter Flur». Deshalb lehnt die Richterin die Klage ab. Das Paar muss die Gerichtskosten von 3000 Franken und der Eigentümergemeinschaft 6800 Franken für Anwaltskosten zahlen.
Der 73-jährige Kläger sagt, das Urteil zeige, dass sich das Gericht mit der Sache nicht gründlich befasst habe. Schon auf den ersten zwei Seiten habe er zwei Fehler gefunden. Tatsächlich irrte sich das Gericht bei seiner Adresse in der Hausnummer und lag beim Kaufdatum der Wohnung zehn Jahre daneben.
Keine Absetzung der Verwaltung ohne wichtige Gründe
Stockwerkeigentümer, die mit dem Verwalter nicht zufrieden sind, können bei der Eigentümerversammlung seine Absetzung beantragen. Hält die Gemeinschaft am Verwalter fest, obwohl wichtige Gründe vorliegen, kann jeder Eigentümer eine gerichtliche Abberufung verlangen. Voraussetzung ist, dass er für die Absetzung gestimmt hat. Was aber sind «wichtige Gründe»? Das Bundesgericht nennt als Beispiel einen Verwalter, der sich eigenmächtig über Beschlüsse der Versammlung hinwegsetzt, die Eigentümer beschimpft oder schikaniert oder unsorgfältig mit den ihm anvertrauten Geldern umgeht.