Corona wird erst im letzten Kapitel thematisiert. Das heisst nicht, dass Dirk Bockmühl die aktuelle Pandemie auf die leichte Schulter nimmt. Für den deutschen Hochschulprofessor für Hygiene und Mikrobiologie ist Covid-19 allerdings nur eine Episode in der jahrtausendealten Seuchengeschichte der Menschheit.
In seinem neuen Buch beschreibt er, wie Viren und Bakterien Weltreiche erschütterten und Gesellschaften veränderten. Sein historischer Streifzug beginnt vor 12 000 Jahren in der Jungsteinzeit, als die ersten Menschen sesshaft wurden. Wegen des engen Kontakts mit Nutztieren sprang der Tuberkuloseerreger erstmals auf den Menschen über. Auch der ägyptische Pharao Tutanchamun war Opfer einer Infektion. In seiner Mumie fanden Forscher DNA-Spuren der Anopheles-Mücke, die den Malaria-Erreger überträgt. Andere Gefahren gingen vom Essen aus. So machte etwa Garum, eine aus fermentiertem Fisch gewonnene Würze, die Bewohner des antiken Roms krank. Verantwortlich dafür war ein Parasit, der sich im Darm einnistet. Riskant war auch der Verzehr von Blutwurst. Im Jahr 930 verbot Leo VI. von Byzanz die Delikatesse, weil sie das Bakterium Clostridium botulinum enthielt. Sein Gift, heute als Botox bekannt, kann zu tödlichen Muskelkontraktionen führen. Das Buch zeigt auch auf, wie es dank pharmazeutischen Erfolgen wie etwa der Entdeckung des Penicillins gelang, Infektionskrankheiten zu bekämpfen.
An manchen Stellen liest sich das Buch wie ein Thriller. Etwa dort, wo der Autor über die Rivalität zwischen dem Franzosen Louis Pasteur und dem Deutschen Robert Koch erzählt. Die Erkenntnisse der verfeindeten Forscher nahmen Krankheiten wie Tuberkulose, Tollwut oder Cholera den Schrecken.
Dirk Bockmühl, «Unsichtbarer Tod. Der Kampf der Menschheit gegen Viren und Bakterien», dtv 2021, 381 Seiten, ca. 37 Franken
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