Die Stimmung vor dem Verhandlungsraum am Kreisgericht See-Gaster in Uznach SG ist angespannt. Der Arbeitgeber sucht das Gespräch mit seinem ehemaligen Angestellten, doch dieser geht nicht darauf ein. Er starrt auf sein Handy. Nachdem der Einzelrichter die Parteien in den Gerichtssaal gebeten hat, kommt der Anwalt der Klägerfirma sofort zur Sache: «Der Beklagte hat gegen das vertraglich abgemachte Konkurrenzverbot verstossen. Deshalb steht meinem Klienten ein Betrag in der Höhe von 38'261 Franken zu.»
Der Betrag entspreche sechs Bruttomonatslöhnen des Ex-Angestellten. Im Arbeitsvertrag sei abgemacht worden, dass dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Jahr lang keine konkurrenzierende Tätigkeit ausüben dürfe und dass bei einem Verstoss eine Konventionalstrafe von sechs Monatslöhnen anfallen werde.
Voller Zugriff auf Kundenstamm, Kundentarife und Löhne
Die Aufgabe des Angestellten sei es gewesen, Firmen zu betreuen, die Personal suchen. Zusätzlich musste er temporäre Arbeitskräfte kontaktieren und vermitteln. «Als Personalvermittler hatte er vom ersten Tag an Einblick in die komplette Datenbank des Betriebs.» Er habe also vollen Zugriff auf den Kundenstamm, Kundentarife, Lohnstrukturen, Kalkulationen und Weiteres gehabt. Damit seien die Voraussetzungen erfüllt, die das Gesetz an ein gültiges Konkurrenzverbot stellt.
Das Schädigungspotenzial sei hoch gewesen, so der Anwalt weiter. Der Beklagte habe nach seiner Kündigung Firmen sowie Mitarbeiter abgeworben, die bei seinem früheren Arbeitgeber unter Vertrag standen.
Belastendes E-Mail versehentlich an Ex-Chef geschickt
Der Anwalt des Personalvermittlers reicht ein E-Mail mit einem Anhang ein. Die Nachricht vom 31. Januar 2022 habe der Ex-Angestellte versehentlich dem ehemaligen Arbeitgeber gesandt. Und zwar vom Account seines neuen Arbeitgebers aus. Aus dem Anhang gehe hervor, dass ein bestimmter Temporärarbeiter beim alten und beim neuen Arbeitgeber unter Vertrag stand. Damit sei der Beweis erbracht, dass der Beklagte gegen das Konkurrenzverbot verstossen habe. «Und das schon kurz nach seinem Ausscheiden aus dem alten Betrieb.»
Der ehemalige Angestellte ist ohne Anwalt vor Gericht erschienen. Er verlangt eine Abweisung der Klage. «Das erwähnte E-Mail mit dem Arbeitsrapport ist kein taugliches Beweismittel», sagt er. Nach seinem Ausscheiden beim Kläger habe er sich im Modebereich selbständig gemacht. Für die vom Kläger erwähnte Firma habe er nur ein einziges Mal gearbeitet und ein Werbevideo gedreht. «Damit konkurrenzierte ich den früheren Betrieb nicht.» Die Marketingdienstleistung sei branchenfremd gewesen. Er habe auch nicht auf Kenntnisse zurückgreifen müssen, die er bei seinem alten Arbeitgeber erworben habe.
Der ehemalige Angestellte muss fast 44'000 Franken zahlen
Nach einer Pause teilt der Richter den Parteien seine Sicht der Dinge mit. «Ich gehe wegen des eingereichten E-Mails davon aus, dass der Beklagte gegen das Konkurrenzverbot verstiess», sagt er. «Fraglich ist aber, ob die Höhe der vereinbarten Konventionalstrafe angemessen ist.» Daraufhin schlägt der ehemalige Arbeitgeber dem ehemaligen Angestellten vor, 25'000 statt 38'000 Franken zu bezahlen.
Der Beklagte lehnt dies ab. Deshalb fällt der Richter ein Urteil: Er heisst die Klage der Firma gut und verpflichtet den Beklagten, 34'126 Franken zu entrichten. Auch muss er neun Zehntel der Gerichtskosten von insgesamt 3900 Franken übernehmen und dem Kläger darüber hinaus eine Prozessentschädigung von 6250 Franken zahlen.
Konkurrenzverbot: Diese Punkte gelten
Ein Konkurrenzverbot gilt, wenn im Arbeitsvertrag vereinbart wird, dass ein Angestellter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine bestimmte Zeit lang keine Tätigkeit ausüben darf, welche die frühere Firma konkurrenziert. Er darf also nicht das gleiche Angebot an die gleiche Kundschaft richten.
Das Konkurrenzverbot muss schriftlich abgeschlossen werden. Es ist nur rechtswirksam, wenn ein Angestellter Einsicht in die Kundenlisten des Arbeitgebers hatte sowie Geschäftsgeheimnisse des Betriebs kennt.
Das Konkurrenzverbot darf sich gemäss Gesetz maximal über einen Zeitraum von drei Jahren und geografisch nur auf den Aktionsraum des Arbeitgebers erstrecken. Und es muss sich auf die Branche beziehen, in der die Firma aktiv ist.
Bei Missachtung des Konkurrenzverbots haben Arbeitgeber Anspruch auf Schadenersatz. Sie können eine weitere konkurrenzierende Tätigkeit des Ex-Angestellten per sofort verbieten lassen.