Mit einem Fernsehabo konnte man sich bisher Sendungen auch zeitversetzt ansehen und die Werbeblöcke überspringen. Diese Funktion war – mit Ausnahme von Swisscom TV – bei den meisten Telekomfirmen ohne Zuschlag im Abopreis inbegriffen. Damit ist nun Schluss: Manche Fernsehanbieter verlangen von ihren Kunden für Replay-TV seit einigen Wochen mehr Geld. Andere verkürzen die Dauer: Die Sendungen sind dann zum Beispiel nur noch zwei statt sieben Tage zeitversetzt verfügbar. Salt wiederum geht einen Mittelweg (siehe Kasten). Swisscom, Sunrise UPC oder Quickline erklären, dass Preiserhöhungen für Replay-TV geplant sind.
Millionenbeträge für entgangene Werbeeinnahmen
Der Grund für die Preiserhöhung: Die Fernsehsender klagen über sinkende Werbeeinnahmen, weil die meisten Zuschauer die Werbung überspringen. Als Ausgleich fordern sie von den Anbietern des TV-Zugangs nun eine weitere Gebühr.
Recherchen von saldo zeigen: Fernsehzuschauer bezahlten schon bisher eine Entschädigung für entgangene Werbeeinnahmen. Sie war bisher im Abopreis der Telekomfirmen enthalten. Im Jahr 2020 betrugen diese Gebühren 41,3 Millionen Franken. Davon landeten aber nur 5 Millionen Franken bei Schweizer Fernsehsendern. Die SRG erhielt 2020 für entgangene Werbeeinnahmen 4 Millionen Franken und der CH-Media-Verlag 1 Million für seine zwölf Sender wie etwa 3+. Über 8 Millionen Franken gingen an ausländische TV-Sender. Die restlichen 28 Millionen landeten bei Verwertungsgesellschaften wie Suissimage oder Swissperform. Diese vertreten die Inhaber der Urheberrechte an Filmen.
Von den 28 Millionen Franken verbuchten die Verwertungsgesellschaften 11 Millionen als «administrative Kosten», der Rest floss an die Rechteinhaber weiter. «Replay TV ermöglicht das Speichern von Sendungen. Dafür steht den Künstlern, Darstellern und Sendeunternehmen eine Vergütung zu», sagt Suissimage-Geschäftsführer Valentin Blank.
Fernsehsender kassieren jetzt mehr als drei Mal so viel
Im vergangenen Jahr füllten die Fernsehzuschauer den Gebührentopf für Replay-TV mit 52 Millionen Franken – 10 Millionen mehr als im Vorjahr. Doch auch das reiche nicht, um die Werbeausfälle zu kompensieren, klagen die Fernsehsender. Sie fordern darum noch mehr Geld. Mit Erfolg: Jetzt steigen die Gebühren für Replay-TV ohne Zwangswerbung von 24 Franken auf 84 Franken pro Kunde und Jahr. Das geht aus einem Bericht der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten hervor. Diese Erhöhung wird nun ab diesem Jahr auf die Abopreise der Konsumenten überwälzt, wie es Init7 und Salt bereits umsetzen.
Die Schiedskommission hat die neue Vereinbarung der Fernsehbranche genehmigt. Sie prüfte nicht, ob die neue Gebühr überhaupt gerechtfertigt ist. Zu den Verhandlungen eingeladen war auch das Schweizerische Konsumentenforum. Dieses winkte die Gebühr durch, gemäss Protokoll, «um das Replay-TV zu retten». Die Stiftung für Konsumentenschutz blieb den Verhandlungen fern: «Aus Ressourcengründen», wie aus Protokollen hervorgeht.
So können Sie eine Preiserhöhung vermeiden
Bei Init7 haben die Kunden seit Anfang Jahr die Wahl, ob sie für einen Aufpreis Replay-TV während 7 Tagen nutzen wollen oder nicht. Wer 11 Franken pro Monat zahlt, kann somit die Werbeblöcke wie bisher überspringen.
Bei Salt ist Replay-TV weiterhin im Abo inbegriffen – allerdings nicht mehr während 7 Tagen wie bisher, sondern nur noch während 30 Stunden. Wer das zeitversetzte Fernsehen weiterhin während 7 Tagen nutzen will, zahlt seit Anfang März Fr. 3.95 pro Monat. Alle anderen Telekomfirmen haben bislang noch nicht über Änderungen beim Replay-TV informiert.
Wer sich ohne Abo und Aufpreis zeitversetzt Sendungen ansehen will, kann dies im Internet tun. Viele Sendungen und Filme sind in den Mediatheken oder Apps der TV-Sender kostenlos verfügbar. Auf «SRF Play» und in der Arte-Mediathek kann man sich fast das ganze Programm zu jeder gewünschten Zeit und ohne Werbung ansehen. Und in der ARD-Mediathek können zum Beispiel auch Schweizer Zuschauer viele frühere Folgen der Krimiserie «Tatort» nachschauen.