Der Kläger erscheint im Anzug vor Gericht und wird von seinem Anwalt begleitet. Für die beklagte Werbeagentur kommt der Firmenchef mit Anwalt. Die Stimmung vor dem Einzelrichter ist frostig.
Der Anwalt des Ex-Angestellten legt den Sachverhalt aus seiner Sicht dar. Sein Mandant habe vom 1. Oktober 2013 bis zum März 2014 sechs Monate als «designierter Geschäftsführer» gearbeitet. Dafür schulde ihm die Werbeagentur sechs Monatslöhne. Sie habe aber nur drei bezahlt.
Der Anwalt gibt zu, dass für die letzten drei Monate des Jahres 2013 kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliege. Doch das sei unerheblich. Der angehende Geschäftsführer habe auch während diesen drei Monaten zu 100 Prozent gearbeitet. Das könnten zwei Zeugen bestätigen.
Sein Mandant habe davon ausgehen können, einen angemessenen Lohn zu erhalten. Dieser fordere 30 000 Franken für die drei Monate. Das entspreche dem Monatslohn ab Januar 2014. 5000 Franken hätte die Agentur nach dem Schlichtungsverfahren schon bezahlt. Somit lautete die Klage auf 25 000 Franken. Im Übrigen habe der Firmenchef mündlich versprochen, den vollen Lohn ab Oktober rückwirkend im Januar zu bezahlen.
«Kreuzfalsch – der Angestellte hat nur reingeschnuppert»
Diese Darstellung sei «kreuzfalsch», enerviert sich der Agenturchef: «Die ganze Konstruktion ist frei erfunden!» Die Zeit zwischen Oktober und Dezember 2013 sei «zum Reinschnuppern» gewesen, präzisiert sein Anwalt. Der designierte Geschäftsführer sei in dieser Zeit nicht verpflichtet gewesen, im Betrieb zu erscheinen. Er sei denn auch nur sporadisch im Büro anwesend gewesen und habe bloss an wenigen Projekten mitgewirkt. Dafür gebe es ebenfalls zwei Zeugen.
«Es ging darum, dass der Mann die Firma kennenlernt, und zwar in seinem Interesse», fährt der Anwalt der Agentur fort. Dafür habe man aus Goodwill 5000 Franken gezahlt. «Hätte ich ihm von Oktober bis Dezember 2013 Lohn bezahlen wollen, hätten wir einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen», ergänzt der Firmenchef.
Zeugenbefragungen bringen keine Klarheit in den Fall
Die Zeugenbefragung erweist sich als unergiebig. Zwei Zeugen bestätigen die Version des Klägers. Zwei sagen, die ersten drei Monate seien nur zum Schnuppern gewesen, mit einem Pensum «von zirka 40 bis 50 Prozent». Die Parteien scheinen unversöhnlich. Deshalb verzichtet der Richter auf einen Vergleichsvorschlag.
Sein Urteil: Ab Oktober habe ein ganz normaler Arbeitsvertrag bestanden. Alles andere hätte abgemacht werden müssen. Der Arbeitnehmer habe in der fraglichen Zeit voll gearbeitet. Für die drei Monate von Oktober bis Dezember 2013 muss die Werbefirma dem ehemaligen Angestellten deshalb die verlangten 25 000 Franken zahlen. Die Werbeagentur muss auch die Gerichtskosten von 500 Franken übernehmen und dem Ex-Angestellten eine Entschädigung von knapp 6000 Franken für den Aufwand seines Anwalts leisten.
Schriftliche Abmachungen verhindern Konflikte
Ein Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn jemand für einen andern Arbeit leistet, die nur gegen Lohn zu erwarten ist. Das gilt auch für Praktika oder Phasen der Einarbeitung. Als Grundsatz gilt: Auch ein mündlicher Vertrag ist eine rechtsverbindliche Übereinkunft. Ein Vertrag kann sogar stillschweigend abgeschlossen werden. In der Praxis ist es jedoch unbedingt zu empfehlen, einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschliessen – und zwar ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses. Dies schafft Klarheit und beugt Konflikten vor.
In den Arbeitsvertrag gehört mindestens Folgendes: Arbeitszeit, Höhe des Lohns, 13. Monatslohn, allfällige Bonusregelungen, Lohnfortzahlung bei Krankheit und Unfall, Teuerungsausgleich, Ferienanspruch und Kündigungsfrist.
Tipp: Konkurrenzverbotsklausel vermeiden.