Wegwerfgeschirr: Karton weist die beste Ökobilanz aus
Hersteller bewerben ihr Wegwerfgeschirr mit Prädikaten wie «biologisch abbaubar» und «kompostierbar». Doch Geschirr aus Palmblättern und Zuckerrohrfasern ist nicht umweltschonender als Plastik.
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saldo 14/2011
10.09.2011
Letzte Aktualisierung:
13.09.2011
Thaïs In der Smitten
Mit dem Gewissen der Konsumenten lässt sich Kasse machen. Darum setzen Anbieter beim Einweg-Partygeschirr auf neue, angeblich umweltfreundlichere Materialien wie Zuckerrohr- und Bambusfasern oder Palmblatt – «aus nachwachsenden Rohstoffen», das «vollständig biologisch abbaubar» oder «kompostierbar» ist. Damit werde, so die Werbung der Herstellerfirma Pacovis, ein «nachhaltiger Beitrag zur Schonung der Umwelt» und «Schonung ...
Mit dem Gewissen der Konsumenten lässt sich Kasse machen. Darum setzen Anbieter beim Einweg-Partygeschirr auf neue, angeblich umweltfreundlichere Materialien wie Zuckerrohr- und Bambusfasern oder Palmblatt – «aus nachwachsenden Rohstoffen», das «vollständig biologisch abbaubar» oder «kompostierbar» ist. Damit werde, so die Werbung der Herstellerfirma Pacovis, ein «nachhaltiger Beitrag zur Schonung der Umwelt» und «Schonung fossiler Ressourcen» geleistet.
Nachhaltigkeit wissenschaftlich nicht erwiesen
Solche Werbebotschaften sind wissenschaftlich nicht belegt. Ökobilanzen der Basler Carbotech AG für Umweltberatung und -analytik zeigen, dass Einweggeschirr aus Zuckerrohr- und Bambusfasern oder Palmblatt nicht umweltschonender ist als das aus Plastik. Die beste Ökobilanz hat laut Carbotech Kartongeschirr. Das Unternehmen erstellte die Analysen im Auftrag von Veranstaltern von Grossanlässen.
Herstellung braucht mehr Energie als die Entsorgung
Eine fundierte Ökobilanz berücksichtigt den gesamten Lebensweg eines Produktes: Von den Ressourcen über die Herstellung, den Gebrauch und die Verwertung bis zur Entsorgung. Fredy Dinkel, Umweltberater und -analytiker der Carbotech, erklärt: «Die wesentlichen Belastungen entstehen bei der Herstellung der Rohstoffe und nicht bei der Entsorgung.» Da die Entsorgung im Hinblick auf den gesamten Lebensweg ökologisch nicht sehr relevant ist, sei die Schlussfolgerung «kompostierbar gleich ökologisch» unzulässig.
- latz eins in der Rangliste der Einweggeschirre mit der geringsten Umweltbelastung belegt gemäss Fredy Dinkel Partygeschirr aus Karton. Karton ist wie Papier ein Produkt aus Bäumen. Da Kartongeschirr erstens sehr leicht ist, benötigt es weniger Rohstoffmaterial und Energie für die Herstellung im Vergleich zu anderem Wegwerfgeschirr. Zweitens entstehen geringere Emissionen bei der Verbrennung.
- Platz zwei belegt Einweggeschirr aus PET, ebenfalls ein leichtes Produkt. Es verbraucht damit bei der Herstellung weniger Energie. Hinzu kommt, dass sich PET-Becher rezyklieren lassen, was die Ökobilanz ebenfalls verbessert.
- Geschirr aus Zuckerrohr und Palmblättern landet auf Platz drei, da es ziemlich schwer ist und damit verhältnismässig viel Energie in der Herstellung braucht.
Kartongeschirr auch preislich weitaus am günstigsten
Betrachtet man lediglich die CO₂-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus hinweg, kommt Karton immer noch auf Platz eins, Teller aus Palmblatt schneiden allerdings etwas besser ab als Plastikteller.
Beim Preis landet Partygeschirr aus Karton ebenfalls mit Abstand auf Platz eins: Zehn Teller aus Karton kosten rund Fr. –.98, aus Plastik kosten sie Fr. 1.90. Für Zuckerrohrfasern bezahlt man Fr. 4.50 und für Teller aus Palmblättern sogar Fr. 5.70.
Umweltbelastung: Danone-Joghurtbecher aus Bio-Plastik: Nicht besser als normale Kunststoffbecher
Danone verkauft seit kurzem Activia-Joghurt in einem Becher aus Bio-Kunststoff oder Bio-Plastik. Es handelt sich dabei um Polylactidacid oder Polymilchsäure, kurz PLA. Im Gegensatz zu Kunststoff aus fossilen Rohstoffen wird Bio-Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Weizen oder Kartoffeln hergestellt. Manche Bio-Kunststoffe sind biologisch abbaubar.
Danone wirbt damit, dass der Becher die fossilen Ressourcen schone und weniger CO2 erzeuge, weil er nicht aus Erdöl hergestellt ist. Betrachtet man allerdings den gesamten Lebenszyklus – vom Anbau der Rohstoffe über die Herstellung bis zur Entsorgung –, zeigt sich, dass Bio-Plastik keineswegs umweltfreundlicher ist als normaler Plastik: Der industrielle Maisanbau ist energieintensiv, unter anderem wegen der Pestizide und des Mineraldüngers. Zudem beansprucht die Produktion mehr Ackerland, das der Nahrungsproduktion fehlt.
Die Herstellung von Bio-Plastik braucht auch Zusatzstoffe aus Erdöl wie Gleitmittel, Stabilisatoren und Antistatika. Das deutsche Umweltbundesamt bemängelt: «Die Hersteller legen nicht offen, wie hoch der Anteil dieser fossilen Zusatzstoffe ist, deren Anteil bis zu 50 Prozent betragen kann.» Um Bio-Plastik zu rezyklieren, müsste man das Material in der Schweiz zudem getrennt sammeln. Dafür ist der Anteil an Bio-Plastik mit 1 Prozent Marktanteil zu bescheiden.
De facto landen Danone-Joghurtbecher im Kehricht. Unter dem Strich sind die Umweltbelastungen von Bio-Plastik gleich hoch wie jene von PET, wie Studien des deutschen Umweltbundesamtes und der Schweizer Firma Carbotech zeigen.